Nostalgie im Hardcover: „Kamikaze Kaito Jeanne“ – Luxury Edition 01
Erstmals erschien Arina Tanemuras Kamikaze Kaito Jeanne Anfang der 2000er-Jahre in sieben einzelnen Bänden auf Deutsch. Der Magical-Girl-Hit wurde bereits vor mehr als zehn Jahren als limitierte Perfect Edition in sechs zusammengefassten Büchern erneut aufgelegt. Diese Ausgabe ist seit Längerem verlagsvergriffen. Nun ist der Geschichte, die sicherlich viele Kindheiten und Jugendzeiten prägte, durch Verlag Egmont Manga eine weitere Neuausgabe gewidmet worden. Wir haben den Auftakt dieser für euch gelesen und ziehen Fazit.
Die seit Dezember erhältliche Luxury Edition von Kamikaze Kaito Jeanne erstreckt sich auf zwei großformatige Harcover-Bücher mit je über 600 Seiten. Acht der enthaltenen Seiten sind auf ausgesuchtes Hochglanz-Papier gedruckt, die Hälfte von diesen zeigt die ersten vier Cover-Illustrationen der ersten Einzelband-Ausgabe in Farbe. Die vier jeweiligen Titelseiten dieser Bände sind darüber hinaus in schwarz-weiß enthalten.
Der Einband ist sowohl mit Metallic-Folie als auch mit Spotlack veredelt. In der Erstauflage liegt zudem ein hochwertiger Print mit der Größe von rund 20 cm x 14 cm bei. Dieser ist beidseitig bedruckt – auf der Vorderseite ein farbiges Motiv mit weißem Rahmen, das Protagonistin Marron zeigt; auf der Rückseite eine gedruckte Signatur der eingangs benannten Autorin und Zeichnerin der Reihe. Preislich sind je 30 Euro (D) für beide Bände angesetzt. Dies entspricht der bekannten Preisgestaltung von Ausgaben dieser Art.
Negativ fällt dagegen der Sticker auf, der auf den enthaltenen Print hinweist. Dieser ist direkt auf dem Buch angebracht, obwohl dieses zusätzlich eingeschweißt wurde. Vermutlich ist dieser jedoch mit ein wenig Geduld abzulösen – ob der Lack dabei unbeschadet bleibt, wagten wir nicht zu versuchen. Hier wäre sich gegebenenfalls bei dem benannten Herausgeber zu erkundigen.
Inhaltsbeschreibung:
Die sechzehnjährige Marron führt ein anstrengendes Doppelleben. Während sie am Tag ihrem Dasein als Oberschülerin nachgeht, verwandelt sie sich nachts in die stadtbekannte Kunstdiebin Kaito Jeanne. Als Reinkarnation der Heiligen Jeanne d'Arc benutzt sie dir ihr innewohnenden Kräfte, um gefährliche Dämonen niederzustrecken, die sich in Gemälden verbergen und von den Besitzern der Kunstwerke Besitz annehmen. Bei ihrer Austreibung der niederträchtigen Erscheinungen agiert sie im direkten Auftrag von Gott.
An ihrer Seite steht der Grundengel Fynn, ein himmlisches Geschöpf, das Marron bei ihrer Arbeit durch das stetige Aufspüren neuer Dämonen unterstützt. Dabei steht dieses Gespann in direkter Konkurrenz zu dem Teufel, dem Widersacher in dieser Geschichte. Auch dieser hat einen jungen Kämpfer rekrutiert, der in seinem Sinne agiert: Sindbad. Beide in Rivalität zueinander stehenden Vertreter sind daran interessiert, möglichst viele Dämonen zu versiegeln, um den Zielen des eigenen Lagers so schrittweise näherzukommen.
Weitere Herausforderungen ergeben sich für die junge Protagonistin aus ihrem familiären und freundschaftlichen Umfeld heraus. Bereits vor sechs Jahren sind Marrons Eltern ins Ausland gezogen – Kontakt zu ihrer gemeinsamen Tochter haben sie seitdem keinen aufgenommen. Dies belastet die Oberschülerin zunehmend, die noch immer täglich voller Erwartungen in den Briefkasten ihres kleinen Apartments blickt.
Die Familie ihrer besten Freundin, Miyako, hat dabei ein wachsames Auge auf die alleinlebende Teenagerin. Doch besonders vor dieser muss sich Marron eigentlich hüten, denn diese ist als engagierte Tochter eines Polizisten immer wieder an den Tatorten vertreten und hat es sich zur Aufgabe gemacht, die nächtlich agierende Kunstdiebin zu fassen.
Wenn sie nicht gerade die polizeiliche Arbeit zu unterstützen versucht, macht sie dem attraktiven Chiyaki gegenüber Avancen. Dieser ist erst vor Kurzem auf die staatliche Oberschule gewechselt, die auch Marron besucht, und hat mit seinem makellosen Aussehen direkt alle Mädchenherzen für sich gewonnen. Allerdings scheint das Bild von dem umschwärmten Jungen verdächtig perfekt …
Zeichenstil:
Arina Tanemuras Illustrationen sind in ihrer Güte weitgehend bekannt. Als eine der tragenden Persönlichkeiten des japanischen Shoujo-Manga-Segments hat sie den bekannten Stil großer Augen und betonter Frisuren maßgeblich in den Westen getragen. Da das vorliegende Werk traditioneller Zeichenkunst zum Ende der Neunziger Jahre entstanden ist, ist exakt auf diese beiden Gestaltungselemente gesetzt.
Darüber hinaus erscheint die Anordnung für heutige Verhältnisse möglicherweise unstrukturiert. Groß- und kleinflächige Panels reihen sich so häufig nahtlos an- und ineinander. Der Lesefluss ist im Allgemeinen jedoch nicht als unterbrochen zu vernehmen, insbesondere dann, wenn man einen solchen Seitenaufbau bereits gewohnt ist. Retro-Fans werden es lieben. Ein besonderes Gefühl von Nostalgie wird durch die Visualisierung auf die mit der Geschichte vertrauten Leserschaft übertragen. Doch auch Neueinsteiger finden sicherlich in diese Anordnung.
Video: Egmont stellt Luxury Edition von „Kamikaze Kaito Jeanne“ vor
In Bezug auf die Darstellung offenbaren sich außerdem die Vorzüge eines großformatigen Mangas. Neben der Möglichkeit, die Kommentare der Autorin in vergrößerter Schrift lesen zu können sind vor allem jene kleinteiligen Bilder gut zu erkennen, die zur Zeit der Einzelbände noch besondere gute Augen verlangten. Einzelne Details der Zeichnungen – aber auch der merkliche Gebrauch von Rasterfolie bei der Hintergrundgestaltung – werden somit effektiv hervorgehoben. Japanische Soundwords – samt deutscher Übersetzung in kleiner Schrift daneben – sind in der Luxury Edition ebenso zu bemerken.
Üblicherweise erscheinen die älteren Werke Tanemuras, und dazu zählt das vorliegende Kamikaze Kaito Jeanne ohne Zweifel, in ihrer Gestaltung gestaut – es sind schlichtweg zu viele Komponenten auf einem zu knapp bemessenen Raum eines gewöhnlichen Taschenbuchs. Das japanische Magazin-Release wird dahingehend keine Schwächen gezeigt haben. Durch das gewählte Format wird dem beengten Eindruck nun ebenfalls entgegengewirkt. Wenngleich es sich dabei im Grunde um eine optische Täuschung handelt, ist nicht von der sprichwörtlichen Hand zu weisen, dass in diesem Fall die Größenverhältnisse von 21,6 cm (Höhe) x 15,3 cm (Breite) der Publikation und ihrer Qualität vielseitig dienen.
Erzählweise:
Hinsichtlich des Storytellings ist die damals adressierte Zielgruppe noch heute an der Geschichte klar abzulesen: Kinder und junge Jugendliche. Ähnlich wie in anderen Titeln dieser Art, Sailor Moon beispielsweise, ist die Handlung für ein älteres Publikum über die gegebenen Inhalte heraus zu erahnen. Besondere Überraschungen hinsichtlich der Erzählung sind somit nicht zu erwarten.
Die nostalgischen Gefühle bleiben in jedem Fall erhalten, auch wenn die Logik der dargelegten Ereignisse zum Erhalt des allgemeinen Lesevergnügens nicht hinterfragt werden sollte. Perspektivisch werden die Geschehnisse zumeist aus der Perspektive von Protagonistin Marron wiedergegeben. Ein Interlude-Kapitel schildert auf ungefähr 15 Seiten zudem die Sichtweise ihrer besten Freundin Miyako. Diese kurze Episode klärt prägnant wie nachvollziehbar auf, weswegen die Oberschülerin der Kunstdiebin nachjagt.
Der Manga offeriert durch die Genre-Kombination von Comedy, Drama, Fantasy und Romance ein breites Spektrum verschiedener Eindrücke, von welchen im Wesentlichen keiner dominiert. Insgesamt ist somit eine bunte Zusammenstellung verschiedener Elemente geboten, die ein vielseitiges – aber tendenziell weibliches – Publikum anzusprechen vermögen.
Fazit:
Die vorliegende Luxury Edition richtet sich, wie zuvor dargelegt, vor allem an die – Nostalgie empfindenden – Fans der Autorin und Zeichnerin sowie ihres Franchises um die junge Kamikaze-Diebin Jeanne. Dass der klassische Magical-Girl-Titel aus dem letzten Jahrhundert stammt, ist visuell selbstverständlich ersichtlich. Diese traditionelle Darstellung hat einen besonderen Charme und dürfte insbesondere jene wie uns verzücken, die den klassischen Shoujo-Stil der Neunzigerjahre wertschätzen wie vermissen.
In der gebotenen Aufmachung überzeugt die preiswerte Ausgabe. Der Umfang von über 600 Seiten, die im großformatigen Hardcover mit zwei Arten der Veredelung auf der Außenseite präsentiert werden, ist beachtlich. Das verwendete Papier ist weiß und – pro Seite betrachtet – leicht, aber insgesamt nicht zu dünn. Beim Umblättern wird dieses nicht reißen. Noch dickeres Papier wäre aufgrund der hohen Seitenzahl unvernünftig – das bestehende Gewicht von einem Kilogramm ist bereits herausfordernd genug. Der beigelegte Print gefällt.
Hinsichtlich der abgedruckten Kommentare der Künstlerin ist allerdings entschieden nachzuarbeiten. Das Ribon-Magazin wird entgegen der offiziellen Schreibweise wiederholt mit doppeltem Konsonant in der Mitte geschrieben. Außerdem fehlt eine angezeigte Annotation, die für das Verständnis der anderen Kolumnen besonders relevant erscheint. Hinzukommt mindestens ein Leerzeichenfehler. Der inhaltliche Text des Mangas wurde glücklicherweise sorgfältiger gegengelesen – dahingehend stach kein Mangel hervor.
Wir bedanken uns herzlich bei der Redaktion von Egmont Manga für die Gelegenheit, diese Veröffentlichung näher vorstellen zu können. Es ist schön, dass Arina Tanemura und ihre Werke auch rund zwanzig Jahre nach erstmaliger Veröffentlichung noch verlegt werden. Die mittlerweile 42-jährige Japanerin ist eine Ikone, die nicht in Vergessenheit geraten sollte – zu bewegend ist ihre Biografie, zu bedeutend ihre zahlreichen Arbeiten. Danke, dass es diese Ausgabe gibt!