Interview mit Rikachi – Mangaka von „Nina – Die Sterne sind dein Schicksal“
Passend zur Veröffentlichung des elften Bandes der deutschsprachigen Ausgabe von Nina – Die Sterne sind dein Schicksal sowie der im Herbst startenden Anime-Adaption durften wir ein Interview mit Mangaka Rikachi führen. Thema waren unter anderem die Inspirationen für die Geschichte, das Setting und die Figuren sowie der Arbeitsalltag der Sensei.
Wir möchten uns bei dem japanischen Verlag Kodansha für die Gelegenheit und Genehmigung des Interviews herzlich bedanken. Unser großer Dank für die Beantwortung der Fragen und die damit verbundene Zeit gilt zudem Mangaka Rikachi selbst. Nachfolgend werden wir uns selbst mit MP abkürzen.
MP: Hallo Rikachi-sensei und vielen Dank, dass Sie sich Zeit für das Interview mit uns nehmen.
Rikachi-sensei: Vielen Dank auch.
MP: Würden Sie uns zu Beginn etwas über Ihre Anfänge verraten? Wie kamen Sie dazu, als Mangaka zu arbeiten?
Rikachi-sensei: Das war so etwas wie ein Scouting, aber ich weiß nicht so recht, wie ich es erklären soll. Ich habe einfach alles an Jobs angenommen, was mir angeboten wurde, und ehe ich mich versah, war ich Mangaka. Eigentlich wollte ich Light Novels schreiben.
MP: Was hat Sie dazu bewegt, Nina – Die Sterne sind dein Schicksal zu zeichnen? Wie entstand die Geschichte rund um Nina, Azur und Seto?
Rikachi-sensei: Die damalige Chefredakteurin gab mir das Thema „vorbestimmtes Schicksal“ vor. Ich dachte, dass es schwierig wäre, in einem modernen Umfeld über das „vorbestimmte Schicksal“ zu schreiben. So entschied ich mich für eine Fantasy-Geschichte … Außerdem beschloss ich, dass es eine Geschichte sein sollte, in welcher den Figuren eine große Bedeutung beigemessen wird. So kam mir die Idee, dass die Charaktere mit einem vorbestimmten Schicksal geboren werden, sozusagen mit einem Karma, das sie seit ihrer Geburt in sich tragen.
MP: Nina ist eine sehr starke Protagonistin, die ihr Schicksal selbst in die Hand nimmt und dadurch im Laufe der Handlung oft in Gefahr gerät. Wie entstand die Figur der Nina und was zeichnet sie Ihrer Meinung nach besonders aus?
Rikachi-sensei: Beim Ausarbeiten der Handlung des ersten Kapitels dachte ich, sie würde eine düstere Protagonistin mit geringem Selbstwertgefühl werden. Aber als ich sie zeichnete, war sie so fröhlich und stark. Also gab ich ihr einige Prüfungen und sie wurde zu einem Charakter, der sie überwand, indem sie mit den Fäusten herumfuchtelte. Ich denke, das Besondere an Nina ist, dass sie zwar die Heldin, aber gleichzeitig auch der Held der Geschichte ist. Sie hat ein heldenhaftes Wesen, das andere nicht für ihre Entscheidungen verantwortlich macht, aber andersherum betrachtet, liegt das vielleicht daran, dass ihr Selbstwertgefühl ein wenig niedrig ist.
MP: Nina – Die Sterne sind dein Schicksal spielt in einer Welt, in der es Königreiche wie Fortuna oder Galgada gibt. Wie haben Sie die Welt erschaffen und gab es bestimmte Inspirationen für Schauplätze (für gewisse Orte oder Szenen)?
Rikachi-sensei: Ich bekam Vorschläge wie „ein kleines Land, das von großen Ländern umgeben ist“ oder „die Mongolei“. Ich habe mir diese Ideen angesehen und sozusagen die Rosinen herausgepickt. Da mir für das Königreich Galgada ein raues Land mit kaltem Klima vorschwebte, entstand es aus einer Mischung von verschiedenen kalten Ländern der Welt. Ich versuche jedoch so weit wie möglich zu vermeiden, nur ein existierendes Land als Vorbild zu verwenden. Sonst könnte es sein, dass jemand sagt: „Wenn dieses Land das Vorbild sein soll, dann sind dieses Klima, diese Gebäude und diese Kultur unmöglich!“
MP: Die Sterne und der Mond scheinen uns wichtige Elemente in dem Manga zu sein, auch wenn es rund um den Sternengott und die Sternenpriesterin lange etwas mysteriös bleibt. Wie kam es zu diesem Element? Sind Sie selbst an den Himmelskörpern interessiert?
Rikachi-sensei: „Sich etwas von einem Stern wünschen“ und „unter einem solchen Stern geboren sein“. Weil es viele Ausdrücke gibt, die mit Sternen sowohl positive als auch negative Bedeutungen assoziieren, habe ich sie als eines der Themen gewählt. Der Mond inspiriert mich ebenfalls durch die Vorstellung, dass Prinzessin Kaguya eine Sünderin war*. Ich liebe Himmelskörper. Fantasiewelten spielen sozusagen auf einem erdähnlichen Planeten irgendwo im Universum.
*Anm. d. Red.: Die Geschichte der Prinzessin Kaguya ist ein altes Märchen, in dem die schöne und reine Mondprinzessin Kaguya als Baby auf der Erde von Menschen großgezogen wird. Es gibt allerdings auch Abwandlungen der Erzählung, in denen Kaguya aufgrund eines Verbrechens auf die Erde verbannt wurde.
MP: Sie beschreiben zwischen den Kapiteln beziehungsweise in den Nachworten gerne humoristisch, dass Ihre Assistentinnen und Redakteurinnen in zwei Lager, Azur auf der einen und Seto auf der anderen Seite, aufgesplittet sind. Wie stehen Sie persönlich zu den beiden Prinzen?
Rikachi-sensei: Eigentlich wünsche ich mir beim Zeichnen, dass die Leute nicht zu einem der beiden Lager gehören, sondern zu beiden. Ich denke, beide haben ihre eigenen Vorzüge, also ist es nur natürlich und vollkommen in Ordnung, wenn man einen von beiden mehr mag. Gleichzeitig möchte ich, dass man den jeweils anderen ebenfalls ein bisschen mag. (lacht) Denn in dieser Geschichte sind beide wichtige Figuren, und es ist nicht so, dass nur einer von ihnen Nina retten kann. Aber letztendlich ist es natürlich den Leser:innen überlassen, wen sie mögen! Den älteren Mitschüler, den man bewundert, und der Klassenkamerad, mit dem man sich manchmal streitet – Liebe und Zuneigung werden am Ende zu einem Gefühl.
MP: Auf der ersten Seite wird Nina als Verbrecherin und Sünderin abgeführt und mit dem Hinweis auf ihren „zweiten“ Tod scheint den Leser:innen bereits ein kleiner Ausblick auf die weitere Handlung der Geschichte gegeben zu werden. Haben Sie den kompletten Verlauf von Nina – Die Sterne sind dein Schicksal bereits im Vorfeld ausgearbeitet und dabei das Ende festgelegt? Und werden wir womöglich Azurs wahren Namen erfahren?
Rikachi-sensei: Die Geschichte einer längeren Reihe ist eine Ansammlung von Episoden. Selbst wenn die Gesamthandlung feststeht, kann ich weitere Episoden hinzufügen, die nicht im ursprünglichen Plan vorgesehen waren oder Episoden streichen. (Ich wollte die Anfangsszene im mittleren Teil der Geschichte bringen, falls es eine längere Reihe werden sollte.) Ich habe also ein Ende vorbereitet, aber es hängt von den Figuren in der Geschichte ab, ob sie wirklich dort enden oder nicht. So wie im Leben eines Menschen kann es auch hier sein, dass sich im Laufe der Zeit etwas Besseres ergibt und ich von meinen Plänen abweiche. Azurs wahrer Name wird früher oder später enthüllt werden!
MP: Kürzlich wurde eine Anime-Adaption zu Nina – Die Sterne sind dein Schicksal angekündigt. Herzlichen Glückwunsch, wir freuen uns schon sehr auf die Ausstrahlung. Gibt es eine Szene, bei der Sie sich besonders freuen, diese in animierter Form zu sehen?
Rikachi-sensei: Vielen Dank. Eigentlich gibt es keine bestimmte Szene, ich freue mich auf alle. Der Manga ist schwarz-weiß, ohne Stimmen und ohne Bewegung, also freue ich mich umso mehr darauf, ihn vertont, mit Musik unterlegt, in Farbe und animiert zu sehen. Ein Anime, an dem viele Menschen mitgewirkt haben, ist eine Welt mit einer ganz anderen Tiefe als ein Manga.
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MP: Wie sieht ein typischer Arbeitstag bei Ihnen aus? Gibt es ein spezielles Ritual, dem Sie nachgehen?
Rikachi-sensei: In den letzten Jahren fahre ich an drei oder vier Tagen zu Kodansha und fertige das Storyboard in etwa einer Woche an. Sobald ich mit dem Zeichnen anfange, zeichne ich fast ununterbrochen von 9:30 Uhr morgens bis 1:30 Uhr nachts, Essenspause ausgenommen. Früher brauchte ich nur fünf bis sieben Tage, aber in den letzten Jahren hat sich diese Zeit mit inzwischen 10 bis 14 Tagen fast verdoppelt.
MP: Rikachi-sensei, Ihr Zeichenstil ist wunderschön und fängt die fantasievolle Welt von Nina – Die Sterne sind dein Schicksal wunderbar ein. Können Sie uns verraten, wie Sie beim Zeichnen vorgehen und worauf Sie besonderen Wert legen? Haben Sie Vorbilder?
Rikachi-sensei: Eigentlich mag ich meine eigenen Bilder nicht so gerne. Deshalb möchte ich mich ständig weiterentwickeln. Anstatt immer dem gleichen Stil zu folgen, möchte ich mich lieber verändern und verbessern. Meine Vorbilder in den letzten Jahren waren Bücher über künstlerische Anatomie. Ich denke, die Grundlagen sind wichtig.
MP: Möchten Sie zum Abschluss noch ein paar Worte an Ihre deutschsprachigen Fans richten?
Rikachi-sensei: Diese Geschichte hat nur in der deutschen Ausgabe einen Titel, der den Inhalt der Geschichte widerspiegelt, und das gefällt mir sehr gut. Einzig in der deutschen Ausgabe weicht der Titel vom Original ab, und ich hoffe, dass er auch den deutschen Fans gefällt. Übrigens konnte ich mich nicht für einen Titel für diese Geschichte entscheiden. Hoshi Furu Oukoku no Nina* stand erst kurz vor Schluss fest – etwa fünf Minuten vor der Deadline! Das war eine ziemlich hektische Entscheidung.
*Anm. d. Red.: Der Originaltitel bedeutet übersetzt in etwa „Nina aus dem Königreich der fallenden Sterne“.
MP: Vielen Dank für das Interview, Rikachi-sensei.