Interview mit „The Eminence in Shadow“-Autor Daisuke Aizawa und Mangaka Anri Sakano
Im Rahmen ihres Deutschlandbesuchs zur AnimagiC 2024 hatten wir die Ehre, mit Autor Daisuke Aizawa und Mangaka Anri Sakano über The Eminence in Shadow (jap.: Kage no Jitsuryokusha ni Naritakute!) zu sprechen. In dem Interview ging es unter anderem um ihren Arbeitsalltag sowie ihre Inspirationen und ihre Lieblingsfiguren.
Vorangestellt möchten wir uns sowohl beim Team von TOKYOPOP, das das Interview für uns organisiert hat, als auch beim japanischen Verlag KADOKAWA, der das Interview genehmigt hat, bedanken. Unser großer Dank für die Beantwortung der Fragen und die aufgebrachte Zeit gilt zudem den beiden Ehrengästen selbst. Nachfolgend werden wir Daisuke Aizawa mit Aizawa-sensei, Anri Sakano mit Sakano-sensei und uns selbst mit MP abkürzen.
MP: Hallo Daisuke Aizawa und Anri Sakano und vielen Dank, dass Sie sich heute Zeit für das Interview mit uns nehmen.
MP: Aizawa-sensei, Sakano-sense, können Sie uns zu Beginn vielleicht erklären, wie es dazu kam, dass Sie als Autor beziehungsweise Mangaka zu arbeiten angefangen haben? War dies schon immer Ihr Traum?
Aizawa-sensei: Ich habe mit dem Schreiben von Webnovels angefangen. Am Anfang habe ich meine Werke als Amateur auf Shousetsuka ni Narou* veröffentlicht. Als KADOKAWA an mich herangetreten ist und fragte, ob ich meine Geschichte nicht in Buchform herausbringen wolle, habe ich das gern angenommen.
Ob es mein Traum war …? Es war nicht wirklich ein konkreter Traum von mir, Autor zu werden. Das Ganze war mehr wie die kindliche Vorstellung, eines Tages eventuell Profisportler zu werden. Zwar habe ich mir vorgestellt, wie schön es wäre, Autor zu werden und vielleicht sogar einen eigenen Anime oder Manga zu bekommen, doch es war kein konkreter Traum, von dem ich wirklich geglaubt habe, dass er in Erfüllung gehen würde.
Anm. d. Red.: Shousetsuka ni Narou ist eine japanische Plattform für Webnovels, auf der viele große Reihen ihren Anfang genommen haben.
MP: Freut uns, dass es geklappt hat!
Sakano-sensei: Als Kind liebte ich Serien wie Sailor Moon und One Piece, und ich malte immer Bilder. Natürlich gibt es viele unterschiedliche Berufe. Wenn man Bilder zeichnen möchte, kann man zum Beispiel in die Anime-Industrie einsteigen oder Mangaka werden. Aber da ich nicht nur gern Bilder zeichne, sondern auch Geschichten entwerfe beziehungsweise Geschichten fortlaufen lasse, habe ich mich dazu entschieden, Manga-Zeichnerin zu werden.
MP: Aizawa-sensei, wie ist dann die Geschichte zu The Eminence in Shadow entstanden?
Aizawa-sensei: Als Erstes fiel mir der Charakter Cid ein, der sehr eigenwillig ist und eben in seiner ganz eigenen Welt lebt. Davon ausgehend habe ich dann die Geschichte entwickelt. Eigentlich war alles, wie es danach gekommen ist, purer Zufall.
Besonders reizvoll fand ich die Idee einer Geschichte, in der es zu zahlreichen Missverständnissen kommt, die für viele Comedy-Momente sorgen.
MP: Das ist Ihnen definitiv gelungen!
MP: Sakano-sensei: Und wie kam es zu Ihrer Arbeit an The Eminence in Shadow?
Sakano-sensei: Der Redakteur, mit dem ich damals zusammengearbeitet habe, ist an mich herangetreten und meinte, er hat hier diese „tolle Geschichte, die super beliebt ist“, eben The Eminence in Shadow. Er hat mich gefragt, ob ich nicht die Manga-Umsetzung dazu machen möchte.
Damals kannte ich die Geschichte zwar noch nicht, aber als sie gelesen habe, fand ich sie sehr spannend. Entsprechend habe ich die Anfrage gern angenommen.
MP: Aizawa-sensei, Sakano-sensei, wie sieht ein Arbeitsalltag bei Ihnen aus?
Aizawa-sensei: Aktuell ist es so, dass ich immer vor 11 Uhr aufstehe. Dann esse ich irgendwann zu Mittag und mache einen Spaziergang. Natürlich denke ich nebenbei die gesamte Zeit darüber nach, wie die Geschichte weitergehen soll.
Nach dem Spazieren komme ich zurück und lege mich hin. Während ich mich hin und her rolle, denke ich weiter darüber nach, wie die Geschichte weitergehen soll. Irgendwann esse ich zu Abend und gehe anschließend noch baden.
MP: Also denken Sie den ganzen Tag über die Story nach? Wann genau schreiben Sie denn?
Aizawa-sensei: Aktuell befinde ich mich in einer Schreibphase. Tatsächlich schreibe ich dann abends. Häufig haben wir abends auch noch eine Besprechung.
Sakano-sensei: Ich stehe auf und mache mir Frühstück. In letzter Zeit mache ich mir auch öfters ein warmes Wasser. Danach arbeite ich acht Stunden und wiederhole das indirekt so weiter. Wenn die Abgabetermine näherrücken, arbeite ich manchmal auch eine Nacht durch.
MP: Tut Ihre Hand dann nicht weh?
Sakano-sensei: Daran bin ich gewöhnt.
MP: Aizawa-sensei, woher nehmen Sie die Inspiration für die Geschichte und neue Bände?
Aizawa-sensei: Ich schaue sehr viele Filme, Anime, lese Manga und schaue Videos im Internet. Wenn ich dabei etwas fühle, überlege ich mir, warum diese Gefühle aufkommen und versuche, dies als Inspiration zu nutzen und daraus Geschichte zu entwickeln. Es geht mir dabei nicht um eine konkrete Inspiration, die ich versuche nachzuahmen, sondern dass ich das Gefühl aus mir selbst heraus wiedergebe.
MP: Bedeutet das so gesehen, dass The Eminence in Shadow kein klares Ziel verfolgt, sondern vielmehr ein fortlaufendes Wechselbad Ihrer Gefühle ist?
Aizawa-sensei: Ich habe aktuell kein konkretes Ende in Aussicht. Ich weiß bisher auch nicht genau, wie es enden soll. Ich bin mir aber sicher, dass die Geschichte nicht auf alle Ewigkeit fortgesetzt wird.
MP: Sehr interessant, vielen Dank für diesen Einblick.
MP: Aizawa-sensei: Protagonist Cid erlebt in Ihrem Buch alle möglichen, verrückten Situationen. Welche Szenen haben Ihnen beim Schreiben besonders Spaß gemacht?
Aizawa-sensei: Am meisten Freude hatte ich beim dritten Band, als es um viel Geld und John Smith ging.
Die Reaktionen der Fans darauf waren teilweise recht seltsam, aber gerade an dieser Stelle hat mir das Schreiben besonders viel Spaß gemacht.
MP: Wie sieht es bei Ihnen aus, Sakano-sensei, welche Szene haben Sie bislang am meisten genossen, zeichnen zu dürfen?
Sakano-sensei: Innerhalb der ersten beiden Bände hat mir die Szene, in der Shadow zum ersten Mal „I. am. Atomic.“ benutzt, am meisten Spaß gemacht. Besonders die zeichnerische Umsetzung dieser Szene hat mir große Freude bereitet.
MP: Aizawa-sensei, Sakano-sensei: Erinnern Sie sich vielleicht auch noch an Szenen, die Sie als besonders anstrengend empfanden oder die besonders viel oder komplizierte Recherche erfordert haben?
Aizawa-sensei: Es gab jetzt keine Szene, für die ich eine besondere oder ausgiebige Recherche betreiben musste. Aber der Umstieg von der Webnovel zur Light Novel gestaltete sich recht schwierig, besonders weil es ab dem vierten Band nicht mehr die Webnovel als Vorlage gab. Und das war alles noch einmal deutlich komplizierter.
Sakano-sensei: Es gab keine Szene, bei der ich groß recherchieren musste. Für mich war es am schwierigsten, die ersten drei Kapitel zu zeichnen, weil ich da noch intensiv überlegt habe, wie ich die Balance zwischen ernsten und lustigen Momenten hinbekomme. Erst danach hat sich das alles etwas verfestigt.
MP: Das ist Ihnen sehr gut gelungen!
Sakano-sensei: Vielen Dank!
MP: Aizawa-sensei: Hatten Sie für die Charaktere irgendwelche Vorbilder? Vom Aussehen bis hin zu ihren Eigenschaften sind diese ja mitunter komplett verschieden.
Aizawa-sensei: Für die Charaktere gab es keine speziellen Vorbilder, die ich mir bewusst ausgesucht hätte. Wahrscheinlich habe ich mich eher unterbewusst von Filmen oder Serien inspirieren lassen. Sie entsprechen aber dem, was einfach aus mir herausgeflossen ist.
MP: Aizawa-sensei, Sakano-sensei: Bleiben wir kurz beim Thema Charaktere, haben Sie eine Lieblingsfigur und wenn ja, wen und warum?
Aizawa-sensei: Mein Lieblingscharakter ist Cid.
Ich mag ihn besonders, weil er seinen eigenen Träumen treu bleibt. Das finde ich sehr bewundernswert und etwas, das man auch selbst anstreben kann.
Sakano-sensei: Meine Favoritin ist Sherry, die ab dem zweiten Band auftaucht.
Von Shadow Garden mag ich Epsilon am liebsten.
Sherry mag ich sehr, weil sie so niedlich ist.
MP: Da haben Sie recht!
MP: Aizawa-sensei, Sakano-sensei: Haben Sie Vorbilder aus der Industrie, die Sie inspirieren?
Aizawa-sensei: Ich habe keine richtigen Vorbilder oder dergleichen.
Als Jugendlicher habe ich aber sehr gern Orphen gelesen.
Ich bewundere außerdem den Autor von Overlord, weil dieser innerhalb unseres Genres eine der größten Größen ist.
Und den Autor von Mushoku Tensei, weil dieser eine der Größen von Shousetsuka ni Narou ist.
Sakano-sensei: Tatsächlich hat unter anderem Fullmetal Alchemist in mir ausgelöst, Mangaka werden zu wollen.
Es ist weniger eine Bewunderung, aber mir haben die Designs von Code Geass und Persona 5 etwas beim Charakterdesign geholfen.
MP: Aizawa-sensei, Sakano-sensei: Haben Sie zum Abschluss noch ein paar Worte an Ihre deutschen Fans?
Aizawa-sensei: Ich muss mich herzlich bei all meinen Fans bedanken. Nur dank meiner deutschen Fans konnte ich nach Deutschland kommen und hier eine wunderschöne Zeit verbringen.
Sakano-sensei: Dass ich hier nach Deutschland kommen und sehen konnte, wie viele Menschen Spaß an der Reihe haben, hat mich sehr glücklich gemacht. Ich würde mich freuen, wenn ihr auch weiterhin viel Spaß an The Eminence in Shadow hättet!
MP: Vielen Dank für das Interview.