Für zwischendurch: „I Love You, Coward“ – Ersteindruck
Mit dem Boys-Love-Einzelband I Love You, Coward gab Mangaka Rico Sakura im Januar unter TOKYOPOP Deutschland hierzulande ihr Debüt. Der in Japan unter dem Originaltitel Okubyoumono ni I Love You erschienene Manga stellt auch in Fernost ihre erste komplett eigene Publikation dar – entsprechend gespannt waren wir auf das, was uns erwartete. Unseren Ersteindruck präsentieren wir im Folgenden.
Der Band ist ein wenig dicker, 208 Seiten gibt der Hamburger Herausgeber als Umfang an – 192 Seiten des Mangas sowie Werbung für andere Boys-Love-Publikationen sind zu dem Preis von 7,50 Euro (D) geboten. Auch wenn keine Farbseite enthalten ist, erscheint das Preis-Leistungs-Verhältnis – unabhängig des Inhalts – gerecht. Eine digitale Fassung ist gegenwärtig nicht verfügbar.
Handlung
Der blondierte Shogo kommt vom Land zum Studieren nach Tokyo. Obwohl er damit gerechnet hatte, nicht unmittelbaren Anschluss im Stadtleben zu finden, ist alles schlimmer als gedacht. Denn aufgrund seines finsteren Gesichtsausdrucks möchte niemand etwas mit ihm zu tun haben. Bereits das Fragen nach dem Weg gestaltet sich schwierig. Diese Situation betrübt den eigentlich netten jungen Mann.
Umso erfreuter ist er, als er in einem Café auf den Barista Hinata trifft, welcher ihm ohne jegliche Vorurteile begegnet. Endlich hat Shogo einen Ort gefunden, an dem er sich wohlfühlt und den er seinen Lieblingsplatz nennt. Zwischen all den Hochhäusern der Millionenmetropole und dem turbulenten Alltag freut er sich immer mehr auf den beinah täglichen Besuch in seinem neuen Lieblingscafé.
Doch plötzlich scheint es aus mit der erst kürzlich gefundenen Wonne – der freundliche Mitarbeiter des Heißgetränke-Anbieters ist mehrere Tage nirgends zu sehen. Als sich Shogo schließlich wagt, sich nach dem Verbleib Hinatas zu erkundigen, wird ihm erklärt, dass dieser gekündigt habe. Der junge Protagonist ist sich sicher, dass sein Leben nun wieder bergab geht.
Schon kurz darauf kommt es allerdings zu einem Widersehen. Dieses ermöglicht Shogo, weiteren Kontakt mit dem attraktiven Studenten zu knüpfen – im Folgenden entwickelt sich eine Beziehung, deren Grenzen für den aus der Provinz Stammenden womöglich nicht mit einem Gefühl von Freundschaft enden. Jedoch leidet sein Boyfriend in spe an einem seltsamen Krankheitsbild. Wann immer ihm gegenüber besondere Zuneigung entgegengebracht wird, meldet sich seine sogenannte Liebesallergie mit einigen unangenehmen Symptomen, die dem Nesselfieber ähneln. Die Erklärung hinter diesem Phänomen und die Auswirkungen auf die sich festigende Vertrauensbeziehung der beiden Hauptfiguren zueinander sind darüber hinaus zentrale Punkte der Geschichte.
Zeichenstil
Das Highlight dieses Mangas ist wohl die Visualisierung der beschriebenen Geschehnisse. Wenngleich selbstverständlich keine revolutionäre Kunst der Bebilderung zu erwarten ist, wirken die Illustrationen Rico Sakuras sehr sauber ausgearbeitet. Die einzelnen Seitenaufteilungen machen einen geplanten wie organisierten Eindruck und unterstützen den Lesefluss somit effektiv.
Die Charakterdesigns mögen keine Besonderheiten aufweisen, sind aber in jedem Fall sehr ansehnlich gestaltet. Insbesondere die Darstellung von Hinata im Kindesalter hat einen besonderen – niedlichen, nicht etwa anrüchigen – Charme, den es an dieser Stelle lobend hervorzuheben gilt. Die Kontrastierungen wie auch die Hintergrundgestaltung sind sehr dezent, tragen wenig auf. Selbiges gilt für die verwendeten Rasterfolien.
TOKYOPOP empfiehlt den Titel ab 16 Jahren – entsprechend verhalten ist die Darstellung der enthaltenen Erotik. Die primären Geschlechtsmerkmale beider Protagonisten verbleiben für die Leserschaft dauerhaft unsichtbar. Entsprechend ist gegebenenfalls eigene Fantasie vonnöten. Die kostenfreie Leseprobe offeriert über unsere Erläuterungen hinaus einen Einblick in den unschuldigen Zeichenstil der Nachwuchszeichnerin. Die Bildqualität des gedruckten Exemplars ist – im Gegensatz zur Preview mit dem vermuteten Kopierschutz – hochauflösend.
Storytelling
Die Geschichte wird überwiegend aus der Perspektive von Protagonist Shogo wiedergegeben, dessen Gefühle werden im Rahmen der limitierten Platzverhältnisse glaubhaft dargestellt. Um den Ursprung der zuvor angesprochenen Liebesallergie Hinatas für die Leserschaft zu erklären, wird außerdem in seine Kindheit zurückgeblickt.
Obwohl die Entwicklung der Geschehnisse bekannten Mustern folgt, ist sich mit der Erzählweise im Wesentlichen zufrieden zu zeigen. Außerdem gelingt es Rico Sakura, Sympathie für ihre Charaktere zu wecken. Auch Randfiguren wie Hinatas Sandkastenfreunde sind stimmig in das Gesamtkonzept eingebettet, diese erscheinen nicht obsolet.
Die durchaus liebliche Gefühlsbekundung gegen Ende des Mangas wird durch die deutschsprachige Bearbeitung der Erzählung leider eklatant – negativ – im Lesefluss beeinflusst. So scheinen die Namen der beiden Hauptfiguren an einer entscheidenden Stelle im fünften Kapitel vertauscht. Die dadurch erzeugte Konfusion ist nur geringfügig wiedergutzumachen.
Fazit
Vornehmlich richtet sich der Einzelband I Love You, Coward an jene, die nach einem kurzweiligen Boys-Love-Manga für zwischendurch suchen. Der Charme der Erzählung ist hierbei entscheidend, nicht aber die inhaltliche Tiefe, die maßgeblich durch die limitierten Platzverhältnisse schlichtweg nicht zu gewähren ist. Auf die Andeutung erotischer Inhalte hätte verzichtet werden können. Auch optisch gefällt das Debütwerk Rico Sakuras durchaus.
Dagegen ist die scheinbar fehlerhafte Bearbeitung ein wahres Ärgernis, insbesondere da die beschriebene Szene den Höhepunkt der Kurzgeschichte bildet. Inwiefern dies für einen etwaigen Nachdruck überprüft wird, bleibt abzuwarten. Wenn darüber hinweggesehen werden kann, ist der Manga grundsätzlich allerdings zu empfehlen, wenngleich die Liebesallergie Hinatas als Ausgangssituation zugegebenermaßen seltsam erscheint.
Abschließend bedanken wir uns bei TOKYOPOP Deutschland für das unverbindliche Zusenden eines Belegexemplars, das diese Besprechung für unsere Leserschaft ermöglicht.