Interview mit TOKYOPOP: Corona, Nachdrucke und I LOVE SHOJO
Wir haben im Zuge unserer Verlagsgespräche auch mit dem Hamburger Verlag TOKYOPOP gesprochen. Dabei hat sich Danny, der bei TOKYOPOP das Marketing leitet, all unseren Fragen gestellt. Im Gespräch ging es um die Corona-Folgen, Nachdrucke und weitere spannende Verlagsthemen.
MP: Hallo Danny und vielen Dank, dass du dir Zeit nimmst für das kleine Interview mit uns!
MP: Wie ist TOKYOPOP mit der Situation von Corona umgegangen und inwieweit sind die Folgen noch jetzt spürbar?
Danny: Es lässt sich nicht leugnen, dass Corona bei uns Spuren hinterlassen hat. Gott sei Dank bei keinem der Mitarbeiter, aber die wirtschaftlichen Folgen sind spürbar. Als kleiner Inhabergeführter Verlag sorgt ein Wirtschaftslockdown in dem Umfang für Unruhe. Doch wir haben früh genug entsprechende Maßnahmen ergriffen und freuen uns, dass jetzt wieder eine Art von Normalität eingekehrt ist.
MP: Ihr hattet vor kurzem auf Facebook eine Umfrage zum Thema Nachdrucke. Was kam bei dieser heraus? Dürfen Fans darauf hoffen, dass es bald einfacher ist, an vergriffene Bände von Reihen wie z.B. Yotsuba und Dein Verlangen gehört mir zu kommen?
Danny: Nachdrucke sind für uns ein wichtiges und elementares Thema. Für uns besteht ebenfalls ein hohes Interesse daran, eine Serie am Leben zu erhalten und Lücken zu füllen. Dennoch müssen wir bei jedem Titel aufs Neue prüfen, ob es sich für uns wirtschaftlich lohnt, diesen Titel oder die Reihe nachzudrucken. Wir haben im Rahmen des Website-Relaunchs eine Funktion eingerichtet, über die Leser sich für Nachdrucke eintragen können. Die Anzahl spielt für die Entscheidung eine wichtige Rolle – je mehr Interessenten, desto höher die Wahrscheinlichkeit eines Nachdrucks. Grundsätzlich befassen wir uns aber schon mit individuellen Drucklösungen für die Zukunft, zum Beispiel Print on Demand.
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MP: Die erste Leine der I LOVE SHOJO, My Shojo Moments-Aktion ist nun mit zehn Polaroids befüllt – führt ihr das Projekt fort und wie darf man sich diese Zukunft vorstellen? Plant ihr auch für eure Boyslove- oder Girlslove-Titel ähnliche Konzepte oder Aktionen?
Danny: Die „My Shojo Moments Fotokarten“ sind fester Bestandteil von I LOVE SHOJO, wie auch die „ShoCo Cards“. Wir arbeiten derzeit an der Weiterführung der Reihe, was auch eine neue Leine, bzw. Alternativlösung bedeutet. Wir hoffen, bis Ende des Jahres etwas Neues vorstellen zu können. Aktuell gibt es im Girlslove- und Boyslove-Segment keine Pläne dieser Art.
MP: Wonach legt ihr fest, welcher Titel eine ShoCo-Card erhält? Plant ihr dazu vielleicht auch, in Zukunft mal ein passendes Sammelalbum oder Ähnliches herauszubringen?
Danny: Bei der Auswahl der Top-Shojo-Titel – jene mit einer ShoCo Card – spielt die Themenvielfalt eine große Rolle. Der Themenmix der verschiedenen Shojo-Titel ist uns innerhalb eines Programms besonders wichtig. Von lustig über magisch bis hin zu romantisch sollte immer etwas für jeden Leser dabei sein. Ein weiterer Faktor ist die Autorin. Oft legen wir bei neuen, unbekannten Autoren eine ShoCo Card bei, um ihre Bekanntheit und die Aufmerksamkeit des Titels zu steigern. Nur in Ausnahmefällen bekommen etablierte Künstler eine ShoCo Card. Kayoru ist zum Beispiel solch eine Ausnahme.
MP: In letzter Zeit sind eure Titel wesentlich schneller vergriffen als noch vor einigen Monaten, könnt ihr Gründe hierfür nennen? (z.B. Die Kirschblütenprinzessin, Küss mich richtig, my Lady)
Danny: Die Auflagenplanung ist komplexer als mancher vermuten würde. Oftmals werden die Titel schneller nachgefragt als wir vermuten, da wir bei der Auflagenplanung neuer Autoren etwas zurückhaltender sind, als bei beliebten und bekannten Mangaka. Es gibt aber auch den Fall, dass wir von einem Hit ausgehen und der Titel länger auf Lager liegen bleibt, als wir es uns wünschen. In den vergangenen Monaten war die Auflagenplanung aufgrund der Corona-Pandemie für uns doppelt schwierig, da die Nachfrage nicht wie gewohnt an bestehenden Faktoren festgemacht werden konnte.
MP: Mit dem ersten Band von Citrus+ habt ihr gemeinsam mit einigen anderen Ländern einen Titel erstmals simultan zu Japan publiziert. Ist Ähnliches für den zweiten Band, der am 24. November 2020 erscheint, zu erwarten bzw. auch für andere Franchises angedacht?
Danny: Zurzeit liegen uns zur Veröffentlichung von Citrus+ Volume zwei noch keine genauen Informationen vor. Eine Vorgehensweise wie beim ersten Band wäre allerdings denkbar.
MP: BLEACH EXTREME und auch die Re-Edition von Shaman King sind regelmäßig in euren Chart-Aufstellungen vertreten. Sind weitere EXTREME-Editionen geplant?
Danny: Extreme ist bei uns nur BLEACH, Shaman King nennen wir eine Re-Edition. ?
Dennoch lässt sich der Trend der Sammelbände von älteren Bestseller-Serien nicht von der Hand weisen. Selbstverständlich behalten wir die Entwicklung im Auge, wollen aber den Markt auch nicht überschwemmen. Mit BLEACH EXTREME und Shaman King haben wir aktuell zwei tolle Serien, die eine Neuauflage verdient haben und draußen toll angenommen werden.
MP: Wie zufrieden wart ihr mit dem Anfang des Jahres und welche Pläne habt ihr für das restliche Jahr?
Danny: Das Jahr hat für uns gut begonnen. Wir haben tolle, spannende neue Lizenzen im Programm. Doch aufgrund der Corona-Pandemie und deren Auswirkungen, wie zum Beispiel die Absage aller Messen und Conventions dieses Jahr, haben sich unsere Pläne geändert. Wir werden den Rest des Jahres etwas konservativer vorgehen, um gestärkt in 2021 zu starten.
MP: Fans werfen euch gerne mal vor, dass Josei-Segment zu gering zu bedienen. Wie steht ihr dazu?
Danny: Grundsätzlich bieten wir eine Vielzahl an Josei- und Seinen-Titeln an – angefangen bei ReLife, über Dog End, Savage Season und jetzt ganz neu Komi can´t communicate. Doch leider spiegelt der Leserwunsch nach „reiferen“ Titeln und Themen sich meist nicht in den Verkaufszahlen wider. Das macht es für uns schwierig, die begrenzten Programmplätze mit Josei oder Seinen Titeln zu belegen.
MP: Ihr habt in einer Abstimmung um eine ILS MSM-Karte abstimmen lassen: Kuss um Mitternacht vs. Verliebt in Prinz und Teufel? – müssen Fans von Letzterem nun gänzlich die Hoffnung auf ein Extra einstellen?
Danny: Eine Abstimmung lebt davon, dass es Gewinner und Verlierer gibt. (lacht)
Aktuell ist keine „My Shojo Moments Fotokarte“ für Verliebt in Prinz und Teufel? geplant, aber die Reihe wird uns noch eine Weile begleiten und wir wollen nicht ausschließen, dass noch was kommt. ?
Grundsätzlich liegt es uns am Herzen, die Fans in die Gestaltung der Extras einzubeziehen. Das bedeutet, wir werden zukünftig immer mal wieder Umfragen veranstalten, um die Fans abstimmen zu lassen. Schließlich produzieren wir die Extras für die Leser draußen und nicht für uns – auch wenn es intern einige Extra-Fans gibt. ?
MP: Ihr habt bereits einige Light Novels im Sortiment (z.B. Sword Art Online). Plant ihr, diesen Bereich auch in Zukunft auszubauen und vielleicht die eine oder andere Novel zu einem eurer Titel herauszubringen?
Danny: Der Bereich rund um Novels ist für uns ein spannendes Feld, das wir gerne weiter ausbauen wollen. Die vergangenen Monate haben wir den Ausbau auch gut abbilden können mit den Light Novels zu Die Braut des Magiers oder Chocolate Vampire. Light Novels bieten den Lesern unzählige Zusatzinfos und häufig sind sie der Ursprung eines Mangas. Wir wollen auf jeden Fall weiterhin an Light Novels festhalten und haben noch spannende Veröffentlichungen für die nahe Zukunft geplant.
MP: Vielen Dank für das Interview!
Abschließend noch ein kleines Entweder Oder:
MP: Shojo oder Shonen?
Danny: Shojo ist unser Aushängeschild und bietet so vielfältige Themen. Ich finde das immer wieder überraschend. Aber mich persönlich sprechen eher Action und Abenteuer an – also Shonen.
MP: Film oder Serie?
Danny: Ganz schwierig: Da ein Film kurzweiliger ist, aber intensiver unterhält. Eine Serie ist in der Regel weniger imposant, aber sie begleitet den Zuschauer länger, zieht ihn tiefer in die Story und verleiht Charakteren mehr Tiefgang. Obwohl ich ein sehr großer Filmfan bin, schätze ich im Alltag eher Serien.
MP: Anime oder Real?
Danny: Da gibt’s für mich leider kein oder: beides! Ich kann bei beiden Formaten abschalten und mich total darauf einlassen.
MP: Ramen oder Sushi?
Danny: Sushi! Ramen ist lecker, aber ich kann es einfach nicht essen, ohne ein völliges Schlachtfeld zu hinterlassen. (lacht)
MP: Shaman King oder Bleach?
Danny: Beide Serien sind spitze, doch in dem Fall fällt mir die Entscheidung nicht so schwer, wie man vielleicht vermuten würde. Die Geschichte um den Schamanen Yo hat für mich einen sehr hohen Nostalgiewert. Allein die Tatsache, dass sich Mangaka Hiroyuki Takei nochmal drangesetzt hat, um Shaman King das Ende zu verpassen, das die Serie verdient hat, war für mich ein Grund wieder einzusteigen. Große Klasse!