Manga-Wunsch #7: 3-gatsu no Lion
Ich habe schon häufiger versucht, etwas über 3-gatsu no Lion zu schreiben, bin aber immer an der Flut meiner Gedanken zum Titel gescheitert. Die Struktur dieser Kolumne ermöglicht es mir dann doch endlich mal, mich in adäquate Worte zu fassen.
Was ist eigentlich 3-gatsu no Lion?
3-gatsu no Lion wird seit Juli 2007 im Young-Animal-Magazin publiziert. Neben 3-gatsu no Lion laufen oder liefen dort in Deutschland bekannte Titel wie u. a. Berserk, Nana & Kaoru, Holyland oder Manga Love Story (jap.: Futari Ecchi). Die Mangaka, bekannt unter dem Pseudonym Chica Umino, hat sich ebenfalls schon hier in Deutschland einen Namen gemacht: Ihr Debütmanga Honey and Clover wurde von TOKYOPOP verlegt. Genau wie Honey and Clover hat auch 3-gatsu no Lion bereits eine Animeadaption erhalten, welche in diversen Onlineforen für Animefans Topränge belegt. Selbiges gilt für den Manga. Was steckt hinter dem Titel, welcher eine Anspielung auf ein englisches Sprichwort darstellt, dass er so viele Lobpreisungen erhält?
Rei Kiriyama ist 17 Jahre alt und professioneller Shougi-Spieler. Er gehört zu einer erlesenen Gruppe von Spielern, die bereits während ihrer Mittelschulzeit Profi geworden sind. Von seinem Verdienst kann er sich sogar eine eigene Wohnung in Tokio leisten, in der er, fernab von seinem Elternhaus, alleine wohnt. Trotzdem ist Rei nicht glücklich – im Gegenteil: er ist schwer depressiv und ein sozialer Außenseiter. Einer seiner wenigen Kontakte ist der zur Familie Kawamoto. Akari, die Älteste von drei Schwestern, hat es sich zur Aufgabe gemacht, Rei wieder auf die richtige Bahn zu bringen und spannt ihn liebevoll mit ein wenig Nachdruck in den Familienalltag der Kawamotos ein. Wir verfolgen Reis Werdegang, die Beziehung zu seiner Umwelt und die Kämpfe, sowohl mit seinen eigenen Dämonen, als auch seinen Gegnern beim Aufstieg in der Welt des Shougi.
3-GATSU NO LION ©️ 2009 by Chica Umino 2009 / HAKUSENSHA Inc.
Warum möchte ich 3-gatsu no Lion?
Um das alles hier etwas verständlicher zu machen und was es mit dem Intro auf sich hat, hier eine kleine Geschichte: Ich habe letztes Jahr irgendwann um den 25. April angefangen, die Animeadaption von 3-gatsu no Lion zu schauen. Dieses Unterfangen endete am 10. April dieses Jahres. Das Ganze dauerte nicht etwa so lange, weil ich den Anime nicht mochte. Nein, gerade weil er mich so berührt hat, musste ich zwischen den Episoden teils sehr lange Pausen machen. Ich habe in 45 Episoden verteilt über zwei Staffeln im Schnitt mehr als einmal pro Episode weinen müssen und das teilweise sehr stark und lange. Klar, es geht hier um den Manga und Studio Shaft hat einen großen Beitrag zur Qualität des Animes geleistet, aber solche Emotionen entstehen – zumindest bei mir – nicht, bloß weil die Produktion gut ist. Dahinter steckt eine talentierte Autorin, die ein Produkt geliefert hat, welches dieses Meisterwerk erst ermöglicht hat und in meinen Augen auch selbst ein Meisterwerk ist.
Mit der Person des Rei konnte ich mich sofort identifizieren, denn Chica Umino schafft es durch unglaubliche Bildsymbolik und treffende Erzählungen plastische Charaktere zu erschaffen, deren Tiefe mich immer wieder beeindruckt. Der Handlungsstrang rund um die Welt des Shougi ist selbst ohne Vorwissen gleichermaßen verständlich und interessant. Man wird das Spielgeschehen als Laie kaum verstehen, aber das ist tatsächlich nicht notwendig, denn der Verlauf des Spiels wird praktisch immer verbalisiert und taktische Aspekte stehen im Hintergrund.
Ehrlich gesagt sollte ich mal zum Punkt kommen. Was macht 3-gatsu no Lion so besonders, dass ein Verlag sich diesen Titel aufbürden sollte und damit vermutlich Verlust machen würde? 3-gatsu no Lion ist ein außergewöhnlicher Manga, der fantastische Charaktere und Zeichnungen zur Transportation zahlreicher Werte und Emotionen nutzt, die zutiefst berührend sind. Auch die nervenaufreibenden psychologischen Schlachten am Shougi-Brett gibt es in der Art, wie sie im Manga vorkommen, in Deutschland nicht.