Besprechung: Einzelband „Passion Drawing“ von Hitsuji Sakura
Nachdem wir bereits die Boys Love-Neuheiten von Egmont Manga des Monats August kürzlich besprachen, möchten wir unseren Blick nun ein wenig in die junge Vergangenheit des Segments lenken. Dort stießen wir bei unseren Recherchen auf den Titel Passion Drawing von Hitsuji Sakura.
Der erwähnte Einzelband erschien Anfang Juli auf Deutsch. Dieser umfasst 194 Seiten, davon eine doppelseitig bedruckte Farbseite. Auf dieser präsentieren sich auf der Vorderseite die beiden Protagonisten der Geschichte, auf der Rückseite ist das Inhaltsverzeichnis vorzufinden. Dieses informiert darüber, dass Passion Drawing aus insgesamt fünf Kapiteln sowie zwei kurzen Bonus-Erzählungen besteht. Zusätzlich ist ein Nachwort der Autorin am Ende des Bandes enthalten. Das Buch umfasst keinerlei Werbung für andere Titel des Verlags.
Das Cover ist im Übrigen nicht das, im Webshop des Verlags angezeigte Design mit dem weißen Hintergrund, sondern mit einer gelb-grünen Fläche hinterlegt. Die pinken Farbspritzer auf der Illustration sind sehr knallig – insgesamt eine sehr farbenfrohe, sehr auffällige Gestaltung. Das Buch selbst – beziehungsweise dessen Außenseite – ist nicht veredelt. Der Band ist eingeschweißt aufgrund der Altersempfehlung.
Handlung
Der aufgeweckte Daiki ist leidenschaftlicher Zeichner und Design-Student an einer Universität. Er hat eine ganz besondere Vorliebe, attraktive Männerkörper zu skizzieren. Als er im Park den gut gebauten Yusuke entdeckt, fühlt er sich umgehend von dessen Statur gefesselt und beginnt, diesen zu zeichnen. Allerdings verhält er sich dabei so auffällig, dass dieser beschließt, den jungen Studenten auf sein Verhalten anzusprechen.
Es stellt sich heraus, dass Yusuke der Besitzer eines nahegelegenen Schreibwarengeschäftes ist, dass Daiki bereits mehrfach zum Erwerb benötigter Materialien aufsuchte. Die beiden sind entsprechend keine Unbekannte. Somit lässt sich dieser dazu verleiten, eine besondere Bitte an den älteren Yusuke heranzutragen: er soll bitte für seine Zeichnungen Modell stehen. Überrumpelt von der Situation, stimmt Yusuke zu.
Allerdings hat er nicht damit gerechnet, dass Daiki sein künstlerisches Handwerk so haptisch am Objekt praktiziert. So besteht er darauf, den athletischen Körper von Yusuke genauestens mit seinen Händen auszuforschen. Er möchte somit mehr die menschlichen Proportionen besser erkennen. Die Brust, die Schultern und auch der Lendenbereich wird durch den extrovertierten Daiki mit geschickten Bewegungen erfasst.
Eine intime Situation zwischen den beiden Männern stellt sich ein. Nach einiger Zeit, benötigt Yusuke eine Pause. Aufgrund dessen werden die Zeichenstudien vorerst unterbrochen. Eigentlich intendiert der reife Geschäftsinhaber, nicht noch einmal Modell zu stehen, doch kreisen seine Gedanken immer wieder um den jungen Studenten mit dem attraktiv-naiven Gesichtsausdruck, dem er einfach nicht zu widerstehen weiß.
Schon bald begegnen sich die beiden durchaus ansehnlichen Protagonisten erneut...
Bekannte Prämissen werden relativ solide erzählt. Thematisch wird in den folgenden Kapiteln vor allem der Altersunterschied beider Protagonisten thematisiert. So wirft Daiki dem älteren Yusuke vor, diesen nicht als gleichwertig zu behandeln – durchaus aus gerechtfertigten Gründen. Zusätzlich stützt sich der Titel auf die körperliche Lust, die beide Figuren füreinander empfinden.
Zeichenstil
Abgesehen von den sehr stechenden Farben der Cover-Illustration, ist der Zeichenstil im Allgemeinen wenig zu kritisieren. Die Leserschaft bekommt einen Manga der gehobenen Mittelklasse hinsichtlich der Visualisierung angereicht. Dieser besticht neben maskulinen Charakterdesign durch eine saubere Strichführung. Entsprechend machen die Zeichnungen einen sortierten Eindruck.
Dieser Eindruckt deckt sich zudem mit der strukturierten Seitengestaltung von Hitsuji Sakura. Die einzelnen Panels und deren Platzierung erscheinen durchdacht. Somit ist der Lesefluss nicht gehemmt. Zur Dynamik trägt weiterhin der relativ hohe Anteil an Erotik in diesem Werk bei, welcher die ansonsten recht textintensiv wirkenden Dialoge ausgleicht.
Entsprechende Szenen sind zwar oft in dem Einzelband anzufinden, zumeist jedoch nur wenig explizit. Sind primäre Geschlechtsorgane ersichtlich, sind diese allerdings relativ gut zu erkennen. Lediglich schmale weiße Balken zensieren diese. Aufgrund jener Darstellungen ist die Altersempfehlung durch den deutschen Verlag von 18 Jahren als gerechtfertigt zu betrachten.
Wohl ausgearbeitete Hintergründe offeriert das Werk bei erneuter Durchsicht nicht. Dies fiel beim Lesen allerdings nicht auf. So liegt der Fokus zumeist auf der Mimik der handelnden Figuren. Grade da der lüsterne oder ernste Gesichtsausdruck bestimmte Gefühle, die der Manga thematisiert, bei dem jeweiligen Gegenüber auslöst, ist es wichtig, die Darstellung dieser, in den Blickpunkt zu stellen.
Es fällt auf, dass die Künstlerin die dahin gerichteten Erwartungen zu erfüllen weiß. Die Mimik der Charaktere ist nicht steif, sondern handlungsbezogen. Besonders schön ist das Lächeln anzusehen, dass Daikis Gesicht gelegentlich umspielt. Allerdings erscheint Yusukes Gesicht relativ jugendlich, weswegen die Thematik des Altersunterschieds visuell weniger präsent ist als es möglich gewesen wäre.
Trotz angesprochener Schwächen erweist sich die visuelle Adaption der Geschichte überwiegend als mehr als ausreichend. Ein eigenes Bild der Illustrationen von Mangaka Hitsuji Sakura kannst du dir zudem mittels der offiziellen deutschen Leseprobe von Egmont Manga machen.
Storytelling
Trotz angesprochener Quantität der nicht jugendfreien Inhalte, schafft der Manga durch Thematisierung der Age-Gap-Thematik ein angenehmes Gleichgewicht zu diesen. Das ist auch wichtig, um von einem inhaltlichen Mehrwert der Geschichte sprechen zu können. Zwar ist diese Problematik keinesfalls neu, doch wird diese durch Passion Drawing angemessen behandelt.
Die Erzählung nährt sich dabei von einer beidseitigen Perspektive. So werden einerseits die Gedanken und darin enthaltenen Emotionen von Daiki, andererseits jene von Yusuke für das Publikum transparent erläutert. Die Betrachtungsweise ist somit deutlich offener als so manch andere Werke aus dem BL-Segment, deren Figuren wenig nachvollziehbar handeln.
Es gefällt besonders, dass der Manga von vergleichsweise wenig Drama-Elementen geprägt ist. Dies ermöglicht eine unkomplizierte Zuwendung gegenüber den romantischen Aspekten der Geschichte. Zudem sind diverse Comedy-Einflüsse wahrzunehmen, die glücklicherweise nicht deplatziert wirken. Unbedingt benötigt hätte es sie nicht, aber es trägt wohl zu einer lockeren Atmosphäre des Gesamtwerkes bei und sind entsprechend zu betrachten. Schmunzeln kann man über diese ebenso.
Passion Drawing besteht somit unsere Überprüfung hinsichtlich des Storytellings.
Fazit
Zusammenfassend ist der Manga also sicherlich für Fans der einfachen Boys-Love-Unterhaltung geeignet, sofern Erotik nicht ein absolutes Ausschlusskriterium bei der Auswahl des Titels ist. Diese weißt Passion Drawing nämlich in seitenstarker Art und Weise auf. Allerdings reicht der Manga zugleich eine ernste Thematik, besprochene Age-Gap-Handlung, an die fordernde Leserschaft heran.
Diese mag das sprichwörtliche Rad nicht neu erfinden, ist in ihrer Umsetzung allerdings sauber ausgearbeitet. Die Zeichnungen von Hitsuji Sakura gefallen darüber hinaus. Besonders der äußerst maskuline Körper von Yusuke entspricht nicht unbedingt den häufig generischen, beinahe androgynen, Designs des Segments und sorgt somit möglicherweise für erfreuliche Abwechselung.
Lediglich die allgemeine Darstellung von diesem, deckt sich nicht vollständig mit dem aufgeworfenen Sujet des erklärten Altersunterschieds. Trotz vergleichsweise wenig Berufserfahrungen, stellt die Künstlerin einen soliden Einzelband vor. Dieser mag nicht den höchsten Wiederlesenswert besitzen, doch dürfte das Werk diversen Fans des BL-Segments durchaus zum mindestens einmaligen Lesen zusagen.
Final ist zusätzlich ein Dankeschön an die Redaktion von Egmont Manga für die Bereitstellung einer Kopie des Exemplars zu richten.