Manga-Wunsch #9: Chihayafuru
Warum der nach Verkäufen zweitgrößte Josei Japans noch nicht in Deutschland angekommen ist, beantwortet sich eigentlich beinahe von selbst, wenn man die Umstände kennt, die den Manga umgeben. Ich gebe mit Manga-Wunsch trotzdem mein Bestes, dabei zu helfen, ihn für die deutschen Verlage schmackhaft zu machen.
Was ist eigentlich Chihayafuru?
Der Erfolg von Chihayafuru ist durchaus überraschend, denn Autorin Yuki Suetsugu wurde gut zwei Jahre vor Beginn der Veröffentlichung im Be-Love-Magazin des Plagiats in ihrem vorherigen Manga Eden no Hana: The Flower of Eden (jap. Eden no Hana) überführt. Der Titel wurde daraufhin in Japan und auch Deutschland aus dem Handel genommen bzw. in Deutschland nie vollständig veröffentlicht. Autorin sowie Verlag entschuldigten sich öffentlich für das Kopieren einiger Seiten aus den Werken REAL und Slam Dunk von Takehiko Inoue. Beim Plagiieren erwischt zu werden kann einen Künstler schnell die gesamte Karriere kosten und auch Suetsugu hat zwei Jahre und einen Magazinwechsel gebraucht, um ihre Karriere neuzustarten. Mit Chihayafuru ist sie dann aber auf eine Goldgrube gestoßen. Der Manga hat scheinbar in der japanischen Leserschaft einen Nerv getroffen. Die zugrunde liegende Geschichte wird dafür sicherlich ihren Beitrag geleistet haben:
Der einzige Traum der Sechstklässlerin Chihaya ist es ihrer großen Schwester dabei zu helfen Model zu werden. Zumindest bis sie auf Arata trifft. Der kürzlich aus der Präfektur Fukui zugezogene Junge spielt Karuta, ein kompetitives Kartenspiel basierend auf Reaktionsschnelligkeit, Hörvermögen und Merkfähigkeit. Von seinen Fähigkeiten fasziniert, entbrennt in Chihaya ein Feuer für den Sport. Sie möchte unbedingt den höchsten Titel des Sports erreichen: Queen. Taichi, ein Klassenkamerad der beiden, findet ebenfalls den Weg in die Welt des Karuta, wenngleich auf unkonventionelle Art und Weise. Die Drei werden gute Freunde und melden sich sogar im örtlichen Karutaverein an. Obwohl sie nach Ende der Grundschulzeit alle andere Schulen besuchen, hört doch keiner von ihnen auf Karuta zu spielen und weiter in die Tiefen des Sports einzutauchen.
Warum möchte ich Chihayafuru?
Suetsugu bietet mit ihrem Werk einen schönen Einblick in einen Aspekt der japanischen Kultur, der selbst in Japan eher eine Nische darstellt. Tatsächlich hat der Erfolg von Chihayafuru im Herkunftsland kompetitives Karuta wieder auf die Landkarte gesetzt. Entgegen der üblichen Verdächtigen im Bereich Sportmanga, verbindet der Titel damit die atemberaubende Spannung der Wettkämpfe mit Bildung über die japanische Kultur. Man erhält einen Einblick in die kleine Welt des kompetitiven Karuta und gerade weil diese Welt so klein ist, trifft man selbst die „schlechten“ Spieler regelmäßig wieder, was sonst eher selten ist. Das sorgt für viele Wohlfühlmomente durch Throwbacks und erweckt das Gefühl, als seien Karutaspieler eine sehr große Familie. Besonders Leser, die eine Randsportart praktizieren, dürften sich hier an ihr eigenes Hobby erinnert fühlen. Yuki Suetsugus Chihayafuru ist in einigen Aspekten vergleichbar mit Haikyu!!, vor allem im Hinblick auf die Fähigkeit den Leser emotional an die Charaktere zu binden und trotzdem noch für die Gegner der Protagonisten Empathie hervorzurufen. Doch nicht nur durch eine weibliche Protagonistin unterscheidet sich Chihayafuru von Haikyu!!. Oft ist Chihayafuru ruhiger und mehr auf eine Art „Eleganz“ bedacht, z. T. auch bedingt durch Karuta selbst. Gleichwohl ist das Spiel um die Gedichte unglaublich fesselnd und mitreißend. Chihayas langer und steiniger Pfad an die Spitze und die Interaktionen der Charaktere in und um die Welt des kompetitiven Karuta sind toll inszeniert und an Dramatik kaum zu überbieten.