Review zu „Das Geschenk eines Regentages“ – ein Roman von Makoto Shinkai und Naruki Nagakawa
Anfang des Jahres berichteten wir darüber, dass mit Das Geschenk eines Regentages ein neuer Roman von your name.-Schöpfer Makoto Shinkai auf Deutsch erscheinen wird. Seit Ende April ist das Buch offiziell im Handel erhältlich, wir haben das Werk für euch gelesen und fassen unsere Eindrücke im Nachfolgenden prägnant zusammen.
Wie erwähnt, ist die deutschsprachige Ausgabe des Romans seit rund vier Wochen im Handel. Der Titel wird vom S. FISCHER Verlag im Hardcover mit Coverumschlag herausgegeben – sowohl gedruckt für 22,00 € als auch digital für 18,99 €. Das Buch zählt einen Gesamtumfang von 256 Seiten, die in einem Format von 13.3 x 20.9 cm gefasst sind.
Die Übersetzung stammt aus dem Japanischen und wurde von Heike Patzschke angefertigt, die bereits seit 1994 als freiberufliche Dolmetscherin und Übersetzerin arbeitet und schon für den Nobelpreisträger Kenzaburo Oe sowie für Haruki Murakami und Saiichi Maruya dolmetschte. Außerdem war sie in der Vergangenheit mit der Übersetzung verschiedener anderer Romane namhafter Autoren betraut.
Inhaltsbeschreibung und Aufbau
An einem regnerischen Tag wird ein zunächst namloser Kater am Straßenrand ausgesetzt – in einem Karton wartet er auf den ihn bald ereilenden Tod. Er meint schon zu spüren, wie er dem Himmel näherkommt. Der Kater registriert Bewegung, nimmt die lauter werdende Bahn wahr. Als er seine Augenlider aufschlägt, muss er feststellen, dass er von einer jungen Frau in dem Karton getragen wird.
Sie nimmt ihn bei sich auf, versorgt ihn liebevoll. Der Kater wird von der Frau namens Miyu auf den Namen Chobi getauft, das erste Mal nimmt dieser Menschen als warmherzig war. Fortan ist Miyu sein Frauchen, er bezeichnet sie als seine Freundin. Nachdem Chobi sich in seiner heimischen Umgebung sicher fühlt, beginnt er auszuschwärmen.
Bei seinen täglichen Spaziergängen begegnen ihm andere Tiere aus der Nachbarschaft, neben verschiedenen Katzen kommt er auch mit einem angejahrten Hund in Kontakt, der das Wissen der Welt in sich zu vereinen scheint. Bei ihm suchen sie alle Rat. Allmählich findet er sich in der Gegend zurecht, die – wie er erfährt – bereits seine Mutter durchstreifte. Parallel entwickeln sich die Geschehnisse in Miyus Leben weiter. Sie führt eine komplizierte Beziehung zu dem ein Jahr jüngeren Nobu, welche innerhalb des ersten Kapitels thematisiert wird.
Der Roman setzt sich aus vier übergeordneten Kapiteln sowie einem abschließenden Epilog zusammen. Im Mittelpunkt der miteinander verwebten Inhalte steht jeweils eine andere Mensch-Tier-Beziehung. Sowohl die Lebensumstände der Besitzer als auch die Situation der Katzen wird wiedergegeben. Beide Parteien sind mit Problemen in ihrer jeweiligen Welt konfrontiert, spenden einander aber gewissen Trost.
Jeder Abschnitt der zusammenhängenden Geschichte ist dabei von einer gewissen Tragik geprägt. Diese kommt zwar nicht unversehens, berührt aber trotz dessen tief. Besonders empathische wie tierliebende Menschen seien daher vor dem enthaltenen Drama gewarnt. Obwohl die Verbindung zwischen Mensch und Tier in dem Werk schön zu verfolgen ist, handelt es sich bei Das Geschenk eines Regentages mitnichten um eine durchgängige Feel-Good-Story. Insbesondere die Seite der vierbeinigen Akteure hält einige emotionale Schicksalsschläge bereit.
Schreibstil und Bearbeitung
Die Geschichte ist in einfache Worte gefasst, auch sprachlich weniger versierte Leser:innen können dem Inhalt wohl problemlos folgen. Dadurch stellt sich ein unkomplizierter Lesefluss ein, der nur selten durch eine ungeschickte Satzstellung oder einen Rechtschreibfehler behindert wird.
Aufgrund der stetig wechselnden Sichtweisen ist darüber hinaus eine gewisse Erzähldynamik gegeben. Zugleich ist dadurch aber auch eine vielseitige Betrachtung auf die verschiedenen Geschehnisse ermöglicht. Sowohl die verschiedenen Besitzer als auch Tiere treten als personale Erzähler auf. Somit wird das zuvor erklärte Handlungsgeflecht effektiv vertieft.
Begriffe, die spezifisch der japanischen Kultur zuzuordnen sind, wurden im Textverlauf entweder durch ein Synonym lokalisiert oder durch einen Satzeinschub erklärt. Dies gilt beispielsweise für Onigiri, die hier als Reisbällchen bezeichnet werden. Dagegen werden der Kotatsu-Heiztisch und die japanische Goldene Woche für die breite Leserschaft des Verlags „lediglich“ erläutert.
Fazit
In der Vergangenheit erschien unter der Bezeichnung She and Her Cat die Manga-Adaption der Geschichte auf Deutsch. Diese ist zwar überaus ansprechend bebildert, aber in ihrem Umfang bescheiden. Selbiges gilt im Wesentlichen für den dem Titel zugrundeliegende Kurz-Anime von 1999 sowie dessen 2016 veröffentlichte Neuauflage.
Der vorliegende Roman ist, unserer Meinung nach, der – bislang – beste Ableger aus dem Franchise um Miyu und Chobi. Denn durch den Umfang von mehr als 250 Seiten ist reichlich Raum für die Entwicklung der Hauptgeschichte und dem Aufbau der entsprechenden Nebenhandlungen geboten. Entsprechend gelang es den beiden Autoren, Makoto Shinkai und Naruki Nagakawa, die Emotionen aller Handelnden stärker herauszuarbeiten.
Mit dem einfachen Schreibstil wird sicherlich auch ein jüngeres Publikum adressiert. Aufgrund der personalen Erzählweise ist es für die Leserschaft geradezu einfach, sich in die verschiedenen Figuren hineinzuversetzen. Zahlreiche Dialoge lockern den Fließtext zusätzlich auf. Das Geschenk eines Regentages beinhaltet allerdings keinerlei Illustrationen – entsprechend sollten diese nicht erwartet werden.
Inwiefern das Preis-Leistungs-Verhältnis stimmt, sollte am besten individuell beurteilt werden. Für das Hardcover-Buch ist von dem deutschsprachigen Herausgeber ein Preis von 18,99 beziehungsweise 22,00 € angesetzt, der Solo Leveling-Roman wird bei altraverse minimal teurer, für 24,00 €, angeboten – zählt aber 100 Seiten mehr. Jedoch handelt es sich bei dem vorgestellten Titel nur um einziges Buch, also um eine einmalige Investition. Fans von Makoto Shinkai sollten sich den ersten Roman des Autoren in jedem Falle nicht entgegen lassen.
Abschließend bedanken wir uns herzlich bei dem S. FISCHER Verlag für das unverbindlich zur Verfügung gestellte Belegexemplar.