Interview mit Bukimi Miki – Mangaka von „SHY“
Passend zur Veröffentlichung des fünften Bandes von SHY, auch in seiner Ausgabe als Schuber, durften wir in Zusammenarbeit mit KAZÉ Manga ein Interview mit der Mangaka des Werkes, Bukimi Miki, führen.
Wir möchten uns zunächst herzlich bei KAZÉ Manga für die Gelegenheit sowie bei dem japanischen Verlag Akita Shoten, der das Interview genehmigt hat, bedanken. Unser großer Dank gilt auch der Mangaka Bukimi Miki selbst, die sich für unsere Fragen Zeit genommen hat. Nachfolgend werden wir Miki-sensei mit Miki und uns selbst mit MP abkürzen.
MP: Hallo Miki-sensei und vielen Dank, dass Sie sich die Zeit für das Interview mit uns nehmen.
Miki: Vielen Dank für die Gelegenheit! Ich freue mich, mit Ihnen zu arbeiten!
MP: Was genau war Ihre Inspiration für „SHY“?
Miki: Meine Inspiration für SHY ergab sich aus dem Gedanken, dass es schön wäre, einen Helden zu haben, der Herzen rettet. Meistens sind die Helden diejenigen, die gegen die Bösen kämpfen und gewinnen. Natürlich liebe ich diese auch, aber ich wollte einen Helden erschaffen, der das Herz eines einzigen Menschen retten kann, indem er an das Fenster klopft und zuhört, wenn sich jemand einsam fühlt und weint. Das war der Ursprung.
MP: Wie genau entwerfen Sie eine neue Figur – denken Sie zuerst über deren Kraft oder über deren Charaktereigenschaften nach? Und wie entscheiden Sie sich für einen Namen?
Miki: Ich habe das Gefühl, dass zwar bei jedem Charakter etwas anders ist, aber ich neige dazu, mir zuerst die Schwäche auszudenken, beispielsweise Schüchternheit, Trunkenheit, Unnahbarkeit oder Ärger über Kleinigkeiten. Die besonderen Fähigkeiten beruhen auf meiner Vorstellung davon, welche Dinge aus dieser Persönlichkeit und diesem Geist hervorgehen können. Was die Namen angeht, so glaube ich nicht, dass ich selbst viel Gespür für Namen habe, daher übernehme ich meistens Namen von echten Wörtern oder historischen Personen. Ich suche aber auch bewusst die Namen aus, die einen guten Klang vorweisen.
MP: Haben Sie ein bestimmtes Ritual vor der Arbeit und wie sieht ein Arbeitstag bei Ihnen aus?
Miki: Wenn ich an einem Storyboard arbeite, gehe ich in Cafés, Coworking Spaces, bleibe in der Badewanne, verstecke mich in Oshiire-Closets oder sitze auf dem Balkon, bis mir eine gute Idee einfällt. Bis jetzt habe ich aber noch nicht den richtigen Ort gefunden.
Normalerweise wiederholt sich mein Tag von 7 Uhr morgens bis 18 Uhr, dabei arbeite ich an den Seiten und mache nach je einer Seite eine Pause von 10 Minuten. Eine Seite nimmt ca. zwei Stunden in Anspruch. Von 20 Uhr bis 24 Uhr arbeite ich ein wenig weiter.
Ich weiß zwar nicht, ob man das als Routine bezeichnen kann, aber wenn ich morgens aufwache, trinke ich Wasser, gehe auf die Toilette und wasche mir das Gesicht. Ansonsten esse ich eine Banane, trinke Kaffee und mache jeden Morgen Croquis.
MP: An „SHY“ arbeiten Sie sowohl analog als auch digital, welcher Prozess macht Ihnen dabei am meisten Spaß?
Miki: Ich denke, analog macht es wahrscheinlich mehr Spaß. Allerdings habe ich nicht viel Erfahrung und mache leicht Fehler. Deswegen arbeite ich hauptsächlich mit digitalen Mitteln, was bequemer ist.
Da ich die Mangaka sehr respektiere, die bei Autogrammstunden fließend zeichnen können, möchte ich mich auch im Analogen verbessern.
MP: Sie haben bereits in einem anderen Interview gesagt, dass in jedem Ihrer Charaktere ein Stück Bukimi Miki steckt, aber welcher Charakter hat am meisten Parallelen zu Ihnen selbst?
Miki: Ich denke, am ähnlichsten ist mir Teru Momijiyama. Ich bin selbst sehr zurückhalten und ängstlich. Der Unterschied zwischen mir und Teru besteht darin, dass ich nicht die Kraft habe, trotz der Schüchternheit mit der Leidenschaft voranzuschreiten. Ich würde gern von ihr lernen und ein leidenschaftliches Herz besitzen.
MP: Im Vergleich zu klassischen DC-Superhelden hat Teru noch einen weiten Weg vor sich. In welchem Punkt würden Sie sagen, unterscheidet sich „SHY“ von einem westlichen Superhelden-Comic besonders?
Miki: Ich denke, der Unterschied ist die Tatsache, dass sie nicht „Super“ ist. Ich habe sie mit dem Gedanken geschrieben, dass sie eine Heldin sein soll, die uns Menschen am nächsten kommt. Ich wünsche mir, dass sie nicht nur Menschenleben rettet, sondern auch die Menschen mit den kleinen Leiden in der Welt erreicht.
MP: Welche Botschaft möchten Sie den Lesern mit Ihrer Reihe vermitteln?
Miki: „Schüchtern, schrecklich, weglaufen! Aber trotzdem vorwärts!“
Das ist, was ich mir und meinen Lesern vermitteln möchte. Lasst uns gemeinsam voranschreiten!
MP: Sie erhalten bestimmt viel Feedback zu Ihrer Reihe. Gibt es dabei eine Reaktion, die Ihnen besonders in Erinnerung geblieben ist?
Miki: Manchmal bekomme ich Feedback. Was mir in Erinnerung blieb, war der Kommentar von jemandem, der selbst wieder Motivation fand, nachdem er die Bemühungen von Teru gesehen hat. Ich schreite auch mit dem Zögern voran; deswegen fühlte ich mich so beruhigt, als würde mich jemand begleiten. Ich habe also zu danken.
MP: Haben Sie sich bereits Gedanken darüber gemacht, wie viele Helden es insgesamt gibt und können Sie uns vielleicht bereits verraten, ob man im Verlauf der Story auch noch mehr darüber erfahren wird, wie man eigentlich zum Helden wird?
Miki: Ehrlich gesagt weiß ich nicht, wie viele Helden es geben wird. Auf der Welt gibt es 200 Länder … Wie man zum Helden wird, weiß man vielleicht mit der Zeit.
MP: Haben Sie zum Abschluss ein paar Worte an Ihre deutschen Fans und die Leser von „SHY“?
Miki: Vielen Dank für Euer Interesse an der kleinen Story SHY aus einem fernen Land! Ich werde weiter daran arbeiten, amüsantere und bewegendere Geschichten und Bilder zu liefern. Eure Unterstützung würde mich sehr freuen!
MP: Vielen Dank für das Interview Miki-sensei.
Miki: Dankeschön!