XXL-Review zu „Akamatsu & Seven“
Hierzulande ist mit Akamatsu & Seven vor Kurzem eine neue Boys-Love-Reihe auf Deutsch erschienen. Der Manga wirkt nicht nur aufgrund seines seriellen Charakters, sondern auch aufgrund der zugrundeliegenden Thematik und dem Zeichenstil besonders. Wir sind insbesondere aufgrund von letzterem neugierig geworden und haben das Werk kurzerhand komplett gelesen. Unsere Eindrücke zu der Geschichte und ihrer Umsetzung teilen wir im folgenden Artikel mit euch.
KAZÉ Manga hat mittlerweile die gesamte Trilogie auf Deutsch veröffentlicht. Die drei Softcover-Bände zählen einen Gesamtumfang von zusammen rund 570 Seiten und kosten jeweils 7,00 € in ihrer Print-Fassung beziehungsweise je 5,99 € als E-Book. In der deutschsprachigen Ausgabe sind die Innenseiten der Frontcover allesamt mit einem Grußwort von Autorin SHOOWA und Zeichner Hiromasa Okujima bedruckt.
Inhaltsbeschreibung
Der siebzehnjährige Akamatsu ist homosexuell. Da das innerhalb zu seiner Familie, insbesondere mit seinem konservativen Vater, zu Reibereien geführt hat, ist er kurzerhand ausgezogen. Seitdem wohnt er in einem kleinen Apartment seines Onkels zur Miete. Um sich bestmöglich selbst zu versorgen, geht er neben der Schule noch mehrmals die Woche arbeiten. Die Annäherungsversuche seiner Mutter lassen ihn weitestgehend kalt.
Akamatsu frustet das Ganze einfach nur noch. Als er im örtlichen Park auf den scheinbar etwas älteren Seven trifft, möchte er unbedingt mit ihm kämpfen, um seinem angestauten Ärger Luft zu machen. Doch der dunkelhaarige Junge ist gut trainiert und beherrscht verschiedene Kampfsporttechniken – Akamatsu hat keine Chance und landet nach nur einem Wurf auf dem Rücken. Trotz der gerade erlittenen Niederlage denkt er aber gar nicht daran, aufzugeben, sondern beschließt kurzerhand, ab sofort jeden Tag vorbeizukommen, um Seven herauszufordern.
Durch seinen täglichen Besuch kommt Akamatsu schließlich auch nicht umhin, Zeuge von Sevens aktuellen Lebensumständen zu werden. Dieser macht nicht nur seine Wäsche auf einer öffentlichen Toilette und lässt diese im Park über eine Reckstange trocknen, sondern schläft darüber hinaus in im Park zwischengelagerten Betonrohren. Nachdem diese abtransportiert werden, verliert Seven seine bisherige Unterkunft.
Er packt seine Sachen zusammen und macht sich bereits auf, um eine andere Bleibe zu finden, als ihm Akamatsu spontan anbietet, in seiner Bude zu übernachten. Aus einer Nacht werden schließlich drei Monate, die die beiden jungen Männer miteinander leben möchten. Die Hausarbeit teilen sie sich fair auf. Doch das scheinbar perfekte WG- und das nach und nach aufkeimende Liebes-Leben wird schon bald von Sevens düsterer Vergangenheit eingeholt …
Während der erste Band die beiden Hauptfiguren zusammenführt und hier und da bereits das Kommende andeutet, enthüllt erst der zweite und dritte Band das Drama rund um Seven. Dessen Vergangenheit, die unter anderem den systematischen sexuellen Missbrauch an Kindern und die Ermordung von Menschen einschließt, ist wahrlich düster – die Aufarbeitung dahingehend ist aber nur sehr oberflächlich. Der moralische Zeigefinger, der diese Taten kritisiert, ist hierbei wenig ausgeprägt. Aus pädagogischer wie ethischer Sicht ist das sicherlich zu hinterfragen. Ob die zurückhaltende Behandlung jener Thematiken das Lesevergnügen schmälert, ist dagegen individuell zu beurteilen.
In gewisser Weise ist diese merklich distanzierte Erzählweise durchaus sinnhaft, da sich dadurch die im Kern harmonische Handlung nicht allzu sehr inmitten von (zu) nachdenklich stimmenden Strömungen verliert. Der düstere Aspekt wird darüber hinaus durch die verschiedenen Slapstick-Einlagen aufgelockert, die Chemie zwischen Akamatsu und Seven prägt den gesamten Unterhaltungswert des Mangas entscheidend. Von Sevens fragwürdigem Modegeschmack bis Akamatsus geradezu herzallerliebstem Hang zur Hitzköpfigkeit – die beiden sind schlichtweg sympathisch.
Visualisierung
Im Gegensatz zu vielen anderen zeitgenössigen Boys-Love-Publikationen ist der Stil von Mangaka Hiromasa Okujima rauer; man könnte sagen „maskuliner“, wenn man von einem klassische Schubladendenken ausgeht. Die Gesichter der verschiedenen Figuren sind kantig gehalten, der Ausdruck ist nicht übermäßig glattgeschliffen – vielmehr ist dieser überzogen. Darüber hinaus sind die Muskeln der zwei Hauptfiguren sichtlich definiert. Damit wird sich seitens des kreativen Duos bewusst von einem stereotypisch-weiblichen Erscheinungsbild abgewandt.
Der Seitenaufbau ist oftmals recht kleinteilig gehalten, der Detailreichtum ist dadurch aber nicht eingeschränkt. Trotz den vergleichsweise engen Platzverhältnissen wurde der Hintergrund überraschend oft ausgestaltet – und das mit sichtbarer Liebe zum Detail. Für den erotischen Aspekt der Handlung wurde aber auf eine optische Zensur zurückgegriffen, die die primären Geschlechtsmerkmale vollständig überdeckt.
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Die drei Coverdesigns vermitteln bereits eine erste Idee von der Art der Bebilderung. Um einen tiefergreifenden Einblick in die oben erklärte Geschichte und ihre Visualisierung zu erhalten, empfehlen wir – neben dem zuvor eingebundenen Manga-Trailer – die offizielle Leseprobe, die an dieser Stelle durch den Herausgeber bereitgestellt wird. Im Handel ist die Reihe aufgrund der enthaltenen Sexualität eingeschweißt, weswegen ein kurzes Durchblättern als Hilfe bei der zu fällenden Kaufentscheidung in der Regel leider nicht möglich ist.
Fazit
Die Akamatsu & Seven-Trilogie hinterlässt uns nach dem Lesen mit sehr gemischten Gefühlen. Einerseits begeistert die Reihe durch ihre – zumindest oberflächliche – Natürlichkeit, durch den Humor der Charaktere und der der Geschichte inneliegenden Spannung, andererseits ist eben Letzteres auch mit für den etwas unbehaglichen Eindruck verantwortlich. Nach Abschluss der Handlung verbleiben leider einige Fragen offen, Einzelnes wird – insbesondere Richtung Abschluss – schlichtweg zu schnell abgehandelt oder gar nicht erklärt.
Das Gesamtverständnis wird dadurch zwar nicht wesentlich beeinträchtigt, aber es stellt sich nach dem Lesen eben auch kein rundes Gefühl ein – und das ist verdammt schade, wenn man die auf jeden Fall zu erkennende Qualität der Reihe insgesamt bedenkt. Sowohl die Vergangenheit der beiden Protagonisten als auch die Sexualität von Seven und weiterführende Informationen rund um die verschiedenen Nebencharaktere sind leider kaum – oder überhaupt nicht – Thema der Geschehnisse. Einzelne Handlungsstränge führen damit bedauerlicherweise ein wenig ins Leere.
© 2019 SHOOWA / HIROMASA OKUJIMA (AKITASHOTEN)
Gleichzeitig, und das ist durchaus mit besonderen Lobesworten unsererseits hervorzuheben, ist die erzähltechnische Darstellung des Verkehrs angenehm realistisch in ihrer Umsetzung. Die benötigte Vorbereitung, der quasi unvermeidbare Schmerz beim ersten Mal und Verschiedenes rund um den Aspekt von Safer Sex sind Teil des Inhalts. Der Sex zwischen den beiden homosexuellen Jungen wird darüber hinaus nicht in übersteigertem Maße beschönigt.
Auch der Shounen-artige Zeichenstil von Mangaka Hiromasa Okujima hebt sich positiv von der Masse an Boys-Love-Publikationen ab, sodass wir insgesamt zu einer Leseempfehlung tendieren. Obwohl es inhaltliche Ungereimtheiten gibt, überwiegt bei gesamtheitlicher Betrachtung das durch den überwiegend sehr gelungenen Slapstick und die beiden durch und durch liebenswerten Hauptfiguren vermittelte Vergnügen.
Die von KAZÉ Manga beauftragte Lokalisierung ist im Übrigen sehr gelungen. Dem Übersetzer, Gandalf Bartholomäus, ist es wirklich hervorragend gelungen, die teils sehr direkte Sprechweise der Figuren unverblümt ins Deutsche zu übertragend. Durch die umgangssprachlichen Formulierungen wirken die beiden Protagonisten direkt lebensechter. Mitunter ist so, unserer Meinung nach, auch die hohe Sympathie gegenüber den zwei Hauptfiguren zu erklären, mit dem das Werk wahrlich zu brillieren weiß.
Abschließend bedanken wir uns bei KAZÉ Manga für die Bereitstellung der entsprechenden Belegexemplare.