Ersteindruck zu Kou Yonedas „Twittering Birds Never Fly“ – wird es dem Hype gerecht?
Während die Boys-Love-Reihe Twittering Birds Never Fly von Kou Yoneda in Japan ihrem Abschluss entgegenstrebt, publiziert Manga Cult den Titel seit Anfang September auf Deutsch. Die Erstauflage galt bereits vor dem offiziellen Erscheinungstermin als verlagsvergriffen. Entsprechend groß ist der Hype um das neue Werk der No touching at all-Schöpferin einzuschätzen. Unsere Redaktion hat sich den Auftakt der Yakuza-Geschichte genauer angeschaut und zieht Fazit, ob der Manga der Masseneuphorie aus unserer Sicht gerecht wird.
Seit Beginn des aktuellen Monats ist der erste von bisher sechs in Japan erschienen Bänden auch auf Deutsch erhältlich. Verlag Manga Cult liefert die Reihe dabei im Großformat von vierzehn auf einundzwanzig Zentimetern aus – die Standardgröße des Publishers mit Sitz in Ludwigsburg. Die Schrift und Zahlen auf der Außenseite des Covers sind mit Spotlack veredelt und somit ein wenig hervorgehoben.
Der Buchrücken ist schwarz gehalten. Hinsichtlich des Designs hat man sich bei der Herstellung keinen Fauxpas geleistet. Mit einem Gesamtumfang von 218 Seiten, davon vier in Farbe, und einem Preis von 10 Euro (D) ist dies ein lohnenswertes Angebot. Jedoch ist zu erwähnen, dass ab der nächsten Veröffentlichung höhere Kosten für die Leserschaft anfallen. Details berichteten wir bereits an dieser Stelle.
Handlung
Die Geschichte stellt einen Yakuza in gehobener Position in den Mittelpunkt, einen Mann namens Yashiro. Als Betreiber eines von der japanischen Mafia betriebenen Kreditinstituts trägt er maßgeblich zur Finanzierung der Organisation und deren zwielichtigen Aktivitäten bei. Während andere Kriminelle mit ihren Tätigkeiten nach Geld und Macht streben, gibt es nur eine Sache, die Yashiro begehrt: Kohabitation.
Obwohl der gepflegte Mann äußerlich einen toughen Eindruck vermittelt, ist dessen Inneres von einem unabdingbarem Drang zur Befriedigung seiner körperlichen Bedürfnisse beherrscht. Fortdauernd scheint sein physisches Interesse am eigenen Geschlecht zu bestehen. Noch dazu ist er ein Masochist – er mag es, dominiert zu werden. Gewalt ihm gegenüber lehnt er dabei nicht ab, er wünscht sie sich sogar.
SAEZURUTORI WA HABATAKANAI vol. 1 ©2013 KOU YONEDA by TAIYOH TOSHO Co., Ltd., Tokyo. © Manga Cult, Ludwigsburg 2020
Lediglich das Einbeziehen seiner Untergebenen in diese Praktiken liegt ihm fern. Genauer gesagt lag es ihm fern bis mit Doumeki ein neuer Bodyguard in seinen Dienst eintritt. Der erst kürzlich aus dem Gefängnis entlassene Mann von großer Statur entspricht dabei genau Yashiros Geschmack. Zwischenmenschlich ist sein neuer Mitarbeiter jedoch eher schwierig im Umgang. So ist dieser nicht nur äußerst schweigsam, sondern scheint auch das ein oder andere Geheimnis für sich behalten zu wollen. Der ältere Yakuza fühlt sich zunehmend von der Ausstrahlung seines jüngeren Leibwächters angezogen und überdenkt seine bisherigen Prinzipien … denn Ausnahmen bestätigen schließlich Regeln.
Weiterhin hält der erste Band zwei mit der beschriebenen Geschichte verflochtene Oneshots bereit. Zu Beginn steht die Kurzgeschichte Don't stay gold, die den Yakuza-Arzt Kageyama und einen Schuldner der Organisation namens Kuga behandelt. Jener Mediziner ist darüber hinaus bereits seit der Oberschulzeit mit Yashiro bekannt – von dieser Begegnung berichtet die abschließende Episode mit dem Titel Kein Sturm wird den Untergang bringen und kein Abschied Tränen.
Zeichenstil
In Bezug auf die Zeichnungen gestaltet sich der Manga ein wenig nüchtern. Zwar sind die einzelnen Panels sauber gearbeitet, jedoch ohne besondere Highlights, auf welche es hinzuweisen gelte. Mit jenen Illustrationen schafft Mangaka Kou Yoneda allerdings eine seriöse Atmosphäre, die dem tendenziell erwachsenen Tenor der Geschichte gerecht wird und die entsprechende Grundstimmung festigen.
Hintergrund-Gestaltungen sind im Wesentlichen nicht zu erwarten. So sind diese entweder einfarbig gehalten oder nur geringfügig ausgearbeitet. Zumeist fand ein heller Grauton Verwendung. Hinsichtlich der Charakterdesigns ist zwar kein besonderer Wiedererkennungswert der Figuren zu bescheinigen, doch gliedert sich auch dies relativ stimmig in das gefestigte Setting der Handlung ein.
Abschließend ist anzumerken, dass die enthaltenen Szenen sexueller Natur allesamt in einer Weise zensiert sind. Freizügigkeit ist hinsichtlich der illustrativen Präsentation nicht gegeben. Entweder verdeckt eine geschickte Positionierung der Protagonisten oder eine entsprechende Schraffur das Geschehen. Folglich ist der Titel mit einer zu bejahenden Altersempfehlung ab 16 Jahren durch den Verlag Manga Cult ausgezeichnet.
Storytelling
Obwohl Yashiro Protagonist der Geschichte Twittering Birds Never Fly ist, startet die Leserschaft mit erwähntem Oneshot um den Verbrecher-Arzt Kagayama in das Geschehen. Dieser ist nachfolgend eher eine Randfigur, weswegen die Erzählweise dahingehend abgeschnitten wirkt. Es benötigt die Aufmerksamkeit der Leserschaft, die angereichten Entwicklungen zu jedem Zeitpunkt mitzuverfolgen, sodass der Anschluss nicht verloren geht. Ist diese Hürde allerdings überwunden, erscheinen die Beziehungsverhältnisse der Figuren zueinander transparent.
Die Perspektive, aus welcher dem Publikum berichtet wird, gliedert sich dabei in verschiedene zeitliche Ebenen des jeweilig fokussierten Charakters. Yoshiro ist dabei am umfassendsten behandelt, da die Nachvollziehbarkeit seiner – tragischen – Vergangenheit eine tragende Säule seiner gegenwärtigen Persönlichkeit ist. Doch auch der Werdegang seines neuen Bodyguards Doumeki wird wiederholt thematisiert.
SAEZURUTORI WA HABATAKANAI vol. 1 © 2013 KOU YONEDA by TAIYOH TOSHO Co., Ltd., Tokyo. © Manga Cult, Ludwigsburg 2020 | Foto: Manga Cult
Mit Bezug auf die Boys-Love-Inhalte ist anzumerken, dass das Wortfragment Love treffender durch Lust auszutauschen wäre. So stellt der Manga bislang keinerlei Gefühle romantischer Art, sondern lediglich Triebe des libidinösen Verlangens dar. Jenes Werk ist daher, wie bereits in den vergangenen Abschnitten erläutert, ein verhältnismäßiges erwachsenes Werk, das sich durchaus positiv von anderen Genre-Vertretern abhebt.
Indessen sind eigentliche Yakuza-Aktivitäten weniger Kern der vorgestellten Handlung. Vielmehr ist der Auftaktband eine ausführliche Einführung in den Lebenslauf und die Psyche des Protagonisten Yashiro, jenen schlanken und rauchenden Anzugträger, der ein Kreditinstitut für einen Yakuza-Zweig leitet. Inwiefern die folgenden Bände die Materie um die japanische Mafia bereichern, bleibt abzuwarten.
Fazit
Ob der Hype um die neue Reihe von Kou Yoneda gerechtfertigt ist, erscheint nach dem Auftakt schwierig zu beantworten. Zwar hebt sich die zugrundeliegende Thematik wie auch die Erzählweise durchaus positiv von anderen stereotypischen Boys-Love-Manga ab, doch ist nicht davon auszugehen, dass das Werk jedem Fan der Geschichten um sich liebende Männer zusagt.
Der Titel adressiert definitiv ein reifes Publikum, das sowohl bedacht erzählte als auch mit inhaltlichem Tiefgang vermittelte Geschichten bevorzugt, die nicht einzig mit expliziter Erotik überzeugen möchten. Unter Verwendung der kostenlosen deutschen Vorschau kannst du hier in das Geschehen in From des einführenden Oneshots des ersten Bandes blicken. Bitte drücke den seitlich platzierten Button Leseprobe.
Diese Rezension entstand in Kooperation mit Manga Cult. Der Einfluss des Verlags bemisst sich dabei ausschließlich auf die freundliche Zurverfügungstellung eines Belegexemplars. Obiger Inhalt dieser Review repräsentiert einzig und allein die subjektive Meinung des angezeigten Autoren unseres Manga-Passion-Redaktionsteams.