Review zu Kevin Tobidases „Amaenbo Honey“
Das Omegaverse gewinnt auch hierzulande weiter an Popularität. Mit Amaenbo Honey veröffentlichte Hayabusa vor Kurzem einen entsprechenden Titel aus dem zumeist erotisch ausgelegten Subgenre. Wir haben uns den Einzelband, der zugleich das Deutschland-Debüt von Mangaka Kevin Tobidase darstellt, etwas genauer angeschaut und berichten hier von unseren Eindrücken.
Der Manga ist offiziell seit Ende September im Handel zu finden, mittlerweile ist die Erstauflage verlagsseitig schon ausverkauft. Andere Anbieter listen den Einzelband zurzeit allerdings noch als verfügbar. Im ersten Druck, der an einem entsprechenden Sticker auf der Vorderseite sowie anhand des Strichcodes zu erkennen ist, liegt dem Titel eine limitierte SNS-Card bei.
Während die gedruckte Fassung 8,00 € kostet, wird das E-Book für 6,99 € angeboten. Beide Ausgaben zählen fast 190 Seiten an Inhalt, in dem Gesamtumfang sind außerdem acht Hochglanz-Farbseiten enthalten. Designtechnisch sind diese aber eher unspektakulär. Mit Ausnahme der ersten Seite führen diese vorwiegend in das dem Manga zugrundeliegende Setting ein.
Inhaltsbeschreibung
Aufgrund evolutionstechnischer Umstände hat sich die Menschheit schlagartig weiterentwickelt. Die Unterteilung in Männer und Frauen ist mittlerweile überholt, stattdessen werden Menschen als Alphas, Betas oder Omegas kategorisiert. Aufgrund ihrer (Zeugungs-)Fähigkeiten hat sich innerhalb der Gesellschaft dabei längst eine Hierarchie etabliert, bei der die Alphas an der Spitze stehen.
Die Omega machen mit rund 10 % der Gesamtbevölkerung den geringsten Anteil aus, sie werden aufgrund ihrer wenig ausgeprägten Fortpflanzungsfähigkeiten noch immer diskriminiert. Häufig, so wird es zu Beginn erklärt, wird innerhalb der eigenen Gruppe geheiratet – eine Ehe zwischen Alpha und Omega kommt zwar vor, wird aber im Allgemeinen als ungewöhnlich betrachtet.
Auch Miyama und Tsubame sind Alpha und Omega, doch schon seit ihrer Kindheit sind die beiden Nachbarn eng miteinander befreundet. Jeden Tag fordern sich die zwei Oberschüler gegenseitig zu kleinen Duellen heraus, ihre Beziehung zueinander ist gut. Erst als Tsubame die rechtzeitige Einnahme seiner Pheromonhemmer versäumt, ändert sich alles. Bei ihm setzt die sogenannte Hitze ein, eine Art Läufigkeit.
Da durch die nicht eingenommenen Medikamente die Omega-Sexualhormone nicht gehemmt werden, reagiert Miyama auf seinen besten Freund – er überfällt ihn geradezu. Obwohl sich der Alpha in letzter Sekunde zu beherrschen weiß, verändert dieser Tag alles zwischen den beiden. Um den kräftetechnisch unterlegenen Tsubame nicht noch einmal derart zu gefährden, beschließt Miyama, ihm fortan aus dem Weg zu gehen.
Damit ist dem Omega aber nicht geholfen – ganz im Gegenteil. Der langhaarige Tsubame ist in den attraktiven Alpha verliebt und dadurch auch an mehr als bloßer Freundschaft interessiert. Allerdings ist ihm wichtig, dass der „Kontakt“ und die daraus womöglich resultierende Paarbindung, ein besonderes Band zwischen Alpha und Omega, das nicht gelöst werden kann, zwischen ihnen etwas besonderes ist. Aufgrund dessen hat er Miyama bei dem erklärten Vorfall im Affekt auch lautstark zurückgewiesen, aber dieser hat das völlig falsch verstanden …
Der Einzelband baut auf dieser Prämisse des Missverständnisses auf, entwirrt die Situation aber sehr schnell. Nachdem die beiden Jugendlichen schließlich – wie zu erwarten – zusammengefunden haben, gilt es, die Familie und das darüber hinaus liegende Umfeld von der Beziehung zu überzeugen. Dass Alpha-Omega-Beziehungen kritisch betrachtet werden, ist hierbei nur oberflächlich Thema.
Allgemein verhält es sich mit den erwarteten Drama-Elementen angenehm ruhig, der Manga ist viel eher auf ein kurzweiliges Lesevergnügen ausgelegt. Die Figuren werden sympathisch präsentiert und sind in ihrem Verhalten nicht stereotypisch angelegt. Miyama ist nicht der kaltherzige oder dominante Alpha, sondern empathisch und bedacht im Auftreten. Tsubame ist dagegen unerwartet stark in seiner Art – er weiß, was er möchte.
An dieser Stelle bricht Amaenbo Honey also glücklicherweise mit einigen bekannten Omegaverse- und Boys-Love-Klischees. Die deutschsprachige Übersetzung und Lokalisierung von Martin Bachernegg ist dahingehend besonders gelungen, die etwas raue Sprechweise wurde hervorragend eingefangen und weiß zu amüsieren.
Visualisierung
Der Zeichenstil entspricht qualitativ dem gewohnten Standard vergleichbarer Veröffentlichungen. Die Charakterdesigns sind attraktiv, die Gesichter sind an den Kanten leicht spitz. Selbiges gilt für die herausstechenden Nasen, die durchaus markant sind. Um einzelne Comedy-Szenen visuell zu unterstützen, sind diese vereinfacht dargestellt – das passt im Wesentlichen gut.
Hayabusa empfiehlt den Titel ab 18 Jahren. Dies geht auf die enthaltene Erotik zurück, die das Coverdesign bereits richtig andeutet. Miyama und Tsubame kommen sich in ihrer Beziehung nicht nur gefühlstechnisch näher, die sexuellen Aspekte sind auch in der Bebilderung ein wiederkehrendes Element der Handlung. Die primären Geschlechtsorgane sind – wie in der japanischen Originalausgabe – durch weiße Flächen vollständig überdeckt. Die groben Umrisse sind allerdings noch erkennbar.
Um selbst einmal in den Manga hineinzulesen, wurde seitens des Hamburger Herausgebers eine kostenlose Leseprobe veröffentlicht. Diese beinhaltet das erste Kapitel sowie alle in das Omegaverse einführenden Hochglanz-Farbseiten. Aufgrund der zuvor erwähnten Altersempfehlung ist es in der Regel nicht möglich, im Handel vor Ort ungehindert in das Taschenbuch reinzublättern.
Fazit
Mit Amaenbo Honey veröffentlicht Hayabusa einen durchaus empfehlenswerten Omegaverse-Titel. Entgegen der einleitenden Erklärungsseiten, die ein sehr komplexes Setting andeuten, ist die oben erklärte Handlung vergleichsweise einfach gestrickt. Wer die Grundzüge des Subgenres kennt, wird sich problemlos in die Geschichte reinfinden. Neueinsteiger in Bezug auf das Omegaverse sollten mit dem Einzelband und dem zugrundeliegenden Fantasy-Konstrukt aber ebenfalls nicht überfordert sein.
Inhaltstechnisch gibt es im Wesentlichen keine Überraschungen, der Manga verläuft nach den aus dem Boys-Love-Segment bestens bekannten Mustern. Das Werk ist dabei weniger auf gesellschaftskritische Dramatik als auf kurzfristige Unterhaltung ausgelegt. Die enthaltene Erotik verleiht der Liebesgeschichte zudem einen gewissen Kitzel, die entsprechenden Szenen wirken in ihrer Platzierung innerhalb des regulären Handlungsverlaufs allerdings etwas spontan. Das visuelle Arrangement durch Mangaka Kevin Tobidase ist im Gegenzug sehr gelungen.
Wessen Interesse nun geweckt ist, sollte sich im Handel zeitnah nach einer Erstauflage umschauen. Denn nur diese beinhaltet, wie eingangs erklärt, die limitierte SNS-Card. Wer ohnehin lieber digital liest, kann selbstverständlich auch einfach zu der papierlosen E-Book-Fassung greifen, die für 6,99 € bei allen gängigen Stores angeboten wird und etwas günstiger ist.
Abschließend bedanken wir uns bei dem Team um Hayabusa für die unverbindliche Bereitstellung eines Belegexemplars.