Ersteindruck: „There Are Things I Can't Tell You“
Das Boys-Love-Segment erfreut sich weiterhin großer Popularität in Deutschland. Entsprechend erweitert sich das Angebot dahingehend stetig. Mit dem Einzelband There Are Things I Can't Tell You publizierte Verlag TOKYOPOP Anfang des Monats das Deutschland-Debüt der Autorin Edako Mofumofu. Manga Passion hat das Werk gelesen und berichtet nachfolgend.
Vorangestellt ist jedoch auf die äußerlichen Gegebenheiten hinzuweisen. Preislich erscheint das Buch zu einem Preis von 7,99 Euro (D) kostspielig. Allerdings ist dies mit dem stark erhöhten Gesamtumfang von rund 260 Seiten zu rechtfertigen. Die Veröffentlichung beinhaltet eine doppelseitig bedruckte Farbseite auf mattem Papier. Die Vorderseite von dieser zeigt beide Protagonisten nebeneinanderliegend, während die Rückseite das Inhaltsverzeichnis abbildet. Am Ende des Bandes ist zudem ein Autorenprofil vorzufinden.
Handlung
Kyosuke und Kasumi sind seit der fünften Klasse der Grundschule miteinander befreundet. Dabei lernten sich die beiden stückweise besser kennen, als sich der allseits beliebte Sonnenschein Kyosuke dem distanzierten Kasumi annahm und diesen in die Klassengemeinschaft eingliederte. Obwohl der extrovertierte Junge zunächst sorgenlos erscheint, prägt ihn sein familiärer Hintergrund nachhaltig.
Denn Kyosukes Vater ist ein erfolgreicher Artdirector, der hohe Erwartungen an seinen Spross stellt. Stets der erste Platz ist zu erreichen. Dieser Druck zur Perfektion wirkt sich auch noch Jahre später auf den mittlerweile berufstätigen Mann aus. Dieser arbeitet in einer Werbeagentur und wird aufgrund seines hohen Engagements mittlerweile als nächster Direktor gehandelt.
Auch sein Kindheitsfreund Kasumi ist inzwischen in das Arbeitsleben eingetreten. Dieser ist aktuell mit einer verheirateten Frau namens Yuriko liiert. Es ist kompliziert. Noch immer halten die beiden jungen Männer regelmäßig Kontakt. Aufgrund einer Begebenheit in der Vergangenheit hat sich die Beziehung zwischen ihnen allerdings verändert. Seitdem sind beide Parteien emotional in inneren Konflikten verfangen. Die Frage, ob es Kyosuke und Kasumi schaffen werden, sich gegenseitig zu verstehen, ist im Folgenden der Kern der Erzählung …
KIMINI IENAI KOTO GA ARU © 2019 Edako Mofumofu/FRANCE SHOIN
Der Einzelband thematisiert in sechs zusammenhängenden Kapiteln die dramatische Geschichte der benannten Hauptfiguren. Dabei klärt der vorliegende Inhalt sowohl über das Kennenlernen als auch die stufenweise Entwicklung der Gefühle zueinander auf. Parallel behandelt der Manga auch die individuelle Vergangenheit von Kyosuke und Kasumi.
Thematisch bietet There Are Things I Can't Tell You grundsätzlich zwar eine besonders gefühlsintensive Handlung an, diese zehrt aber maßgeblich von der Prämisse der gegenseitigen Missverständnisse. Jene Dramaturgie wird durch den ebenso bedrückenden familiären Hintergrund von Kyosuke weiter intensiviert. Ein Gute-Laune-Werk ist hierbei nicht zu erwarten.
Ansonsten erscheint uns der Einzelband inhaltlich relativ unspektakulär. Der angefügt Epilog berichtet in Kürze über die Ereignisse nach der beschriebenen Hauptgeschichte. Abschließend fügt die Mangaka ausführliche Profile der handelnden Charaktere an, die das Setting zusätzlich festigen möchten.
Zeichenstil
Bereits das Coverdesign zeigt an, dass in diesem Manga eher zarte Illustrationen zu vermuten sind. Dieser erste Eindruck unsererseits bestätigte sich beim Lesen. Die Figuren sowie das Geschehen um diese herum sind seicht dargestellt. Dunkle Kontraste finden eher selten Verwendung, vieles scheint in relativ einheitlichen Grautönen gehalten zu sein.
Eine besondere Hintergrundgestaltung ist nicht zu erkennen. Rasterfolie ist reichlich in Gebrauch – aber nicht in störenden Ausmaßen eingesetzt. Die Seitenaufteilung in Bezug auf die Panels unterstützt den Lesefluss, ist tendenziell kleinteilig gehalten und unterliegt keinen Experimenten. Insgesamt erscheint die Visualisierung somit sehr solide – jedoch ohne Highlights – aufgebaut.
Entsprechend der Altersempfehlung von 16 Jahren durch den Verlag sind die im Manga enthaltenen, expliziten Szenen nur in zensierter Art und Weise enthalten. Primäre Geschlechtsorgane sind für die Leserschaft entweder unsichtbar dargestellt oder durch kleine, weiße Striche ein wenig überdeckt. Die darunterliegende Szene bleibt allerdings deutbar.
Storytelling
Seine größte Stärke und zugleich gewichtigste Schwäche offenbart der Einzelband in seiner Erzählweise. Denn obwohl bekannte Boys-Love-Geschichten häufig an einer intensiven Auseinandersetzung auf Ebene der Gefühle beider Protagonisten zueinander scheitern, überspitzt There Are Things I Can't Tell You diesen Prozess. Fast der gesamte Manga erschöpft sich aus der Prämisse des gegenseitigen Falschverstehenes. Zuletzt erfolgt eine vorhersehbare, aber zu hastige Auflösung der vorangegangenen Geschehnisse.
Allerding gefällt die Geschichte durch mehrere Kniffe. Zunächst ist hierbei die Perspektivübernahme zu erwähnen. So erhält die Leserschaft in beide Protagonisten und deren Gefühlslage einen Einblick – gleichzeitig. Autorin Edako Mofumofu inszeniert zu diesem Zweck die Begegnung von Kyosuke und Kasumi direkt zweimal. Dabei nimmt das Publikum umfassende Eindrücke beider Figuren auf.
Außerdem ist der Wechsel zwischen verschiedenen Zeitebenen lobend zu erwähnen. Obschon sich das Setting dadurch temporär neu einstellt, fällt es leicht, den Ereignissen zu folgen. Selbiges gilt für die, im Abschnitt des Inhalts erwähnten, individuellen Hintergründe der handelnden Männer, welche sich auf die jeweilige Persönlichkeit in der Gegenwart der Geschichte auswirken.
Fazit
Der vorliegende Manga, There Are Things I Can't Tell You, ist in seiner Qualität abhängig von den eigenen Erwartungen und Wünschen an den Titel zu beurteilen. Wenn eine durchaus gefühlsintensive Geschichte begehrt wird, könnte der Einzelband gefallen. Der dramatische Verlauf wird von einigen wenigen pikanten Szenen begleitet.
Erst nach dem Lesen ergibt sich darüber hinaus die Bedeutung der Illustrationen auf der Außenseite des Bandes. Zwar ist ersichtlich, dass der Inhalt tendenziell als dramatisch zu verorten ist, doch klärt erst die Geschichte über die Gestik der beiden Protagonisten auf. Die verdeckten Münder symbolisieren dabei die fehllaufende Kommunikation von Kyosuke und Kasumi.
KIMINI IENAI KOTO GA ARU © 2019 Edako Mofumofu/FRANCE SHOIN
Bereits seit Anfang Oktober befindet sich das Buch im deutschsprachigen Handel. Die 7,99 Euro (D) sind in Bezug auf den gebotenen Umfang als gerechtfertigt zu betrachten. Neben mindestens einem Zeichenfehler ist zudem auf die etwas holprige Übersetzung beziehungsweise Bearbeitung dieser hinzuweisen. So erscheinen einige wenige gewählte Worte nicht dem Setting entsprechend.
Mittels der offiziellen Leseprobe ist es außerdem möglich, sich einen eigenen Eindruck zu dem Werk zu bilden. Diese umfasst das gesamte erste Kapitel. Es ist jedoch darauf hinzuweisen, dass diese verlinkte Preview durch den Verlag – vermutlich zwecks Kopierschutz – mit einem Filter überzogen wurde, der die einzelnen Seiten etwas unscharf und körnig erscheinen lässt. Der regulär erhältliche Einzelband ist in seinem bebilderten Inhalte natürlich hochauflösend gedruckt.
Final bedanken wir uns bei TOKYOPOP für die Übersendung eines Rezensionsexemplars, das diese ehrliche Besprechung ermöglicht!