Eine emotional-dramatische Light Novel: „Ame & Yuki: Die Wolfskinder – Ein unzertrennliches Band“
Nachdem TOKYOPOP bereits seit 2013 die Manga-Adaption von Mamoru Hosodas Animationsfilm Ame & Yuki - Die Wolfskinder in zwei Versionen auf Deutsch veröffentlichte, reichte man in diesem Monat auch die Light Novel des Franchises nach. Diese bildet dabei allerdings nicht die Vorlage des Films, sondern stellt eine weitere Adaption von diesem dar – in Fließtext.
Bereits Anfang Oktober erschien der als Einzelband gefasste Roman hierzulande. Das Softcover-Buch ist im Standard-Format von TOKYOPOP und passt im Regal somit ideal zu der bereits erhältlichen Manga-Fassung des Titels. Bei einem Gesamtumfang von etwa 210 Seiten Inhalt sowie einer ausklappbaren Farbseite auf mattem Papier ist ein Preis von 14,99 Euro (D) seitens des Verlags für die Light Novel ausgestellt.
Inhaltsbeschreibung
Hana stammt aus einem wenig gut situierten Haushalt, ihre Eltern verstarben bereits früh und für ihren Lebensunterhalt arbeitet sie hart – finanzielle Unterstützung von entfernteren Verwandten lehnt sie strikt ab. Mit ihrem hohen Engagement ist sie auf einem guten Weg, ihre universitäre Ausbildung erfolgreich abzuschließen. Doch lernt sie noch während ihres Studienverlaufs einen jungen Mann kennen.
Zunächst beobachtet sie diesen mysteriösen jungen Mann in einer Vorlesung nur – später kommen sich die beiden näher. Sie gehen miteinander aus und verlieben sich ineinander. Soweit klingt dies, wie ein Märchen, dessen Happy End nur eine Frage der Zeit ist.
Allerdings hat der Mann ein Geheimnis, welches er bisher nicht wagte, an Hana heranzutragen: Er ist kein Mensch, sondern entstammt einem altjapanischen Wolfsgeschlecht, das in seiner Gestalt zwischen Tier und Mensch wechseln kann. Hana ist überrascht, zeigt sich aber verständnisvoll. Sie ist mit dem jungen Mann bereits vollkommen vertraut und möchte ihn nicht missen. Im Gegenteil: Hana möchte ihm näher sein.
So kommt es schließlich, dass die Studentin und der als Umzugshelfer arbeitende Freund zusammenziehen – in Hanas kleines Apartment. Es mag nicht groß und hell sein, aber es wird als gemütlich beschrieben – das genügt den beiden Bescheidenen vollkommen. Schon bald kündigt sich eine Erweiterung der Beziehung an. Hana ist schwanger. Glückseligkeit erfüllt die Herzen der jungen Liebenden.
Jedoch nicht von Dauer. Denn durch einen tragischen Unfall kommt Hanas Gefährte um, er stirbt als Wolf – ein Grab wird ihm nicht gewidmet. Ihr Studium nicht fortsetzen könnend ist sie nun auf sich alleine gestellt, lebend von den Ersparnissen des Kindesvaters. Neben einer Tochter, gebärt sie ein zweites Kind, einen Sohn – dieser stellt das letzte Vermächtnis ihres Vertrauten dar.
© Mamoru HOSODA 2012 © 2012 "WOLF CHILDREN" FILM PARTNERS by KADOKAWA CORPORATION, Tokyo.
Trotz anfänglicher Überforderung gelingt es Hana stets, die verbleibende Familie zusammenzuhalten und zu schützen. Das Leid der Mutter nimmt dabei allerdings nicht ab – sie ist isoliert. Aufgrund ihrer besonderen Umstände, kann sich Hana an niemanden vertrauensvoll wenden, da sie fürchtet, dass ihre Kinder nicht sicher seien. In diesen fließt zumindest zur Hälfte das Blut eines Wolfes; auch diese sind der Transformation mächtig. Während Hana fortlaufend grübelt, inwiefern sie ihre Kinder, das Mädchen Yuki und dessen jüngerer Bruder Ame, als Mensch beziehungsweise Wolf erziehen könnte, spitzt sich die finanzielle Situation weiter zu.
Dies ist ein Grund, weswegen die Familie im Folgenden in eine ländliche Gegend zieht – in ein Haus, welches bereits seit längerer Zeit heruntergekommen ist. Dieser renovierungsbedürftige Zustand stört Hana nicht. Sie erklärt das Grundstück samt Haus und Acker zu dem neuen Zuhause von sich und ihren Kindern. Obwohl sie sich nun nicht mehr vor den neugierigen Nachbarn fürchten muss, ergeben sich neue Schwierigkeiten. Voran das wasserdurchlässige Dach sowie die zur Neige gehende Möglichkeit der lebensmitteltechnischen Versorgung.
Ausgehend von diesen Umständen begleitet die Leserschaft die junge Frau in der vorliegenden Light Novel – Ame & Yuki: Die Wolfskinder – Ein unzertrennliches Band – über einen Zeitraum von dreizehn Jahren, in welchen sie zahlreiche Schicksalsschläge hinnehmen muss, aber immer wieder die Stärke einer Mutter findet und beweist, dass sie für ihre Kinder mit all ihren Kräften einstehen zu weiß.
Storytelling und Illustration
Der Roman ist in vier etwa gleichlange Kapitel untergliedert. Jedes behandelt einen bestimmten Abschnitt des Lebens von Hana und ihren beiden Wolfskindern Ame und Yuki, die zugleich titelgebend sind. Die Erzählperspektive ist hierbei am treffendsten als auktorial zu kategorisieren. Außerdem gliedern sich einzelne Passagen des Dialogs in die beschreibende Weise der Narration ein.
Lobend ist dabei anzumerken, dass die Anteile zwischen Fließtext und Dialog wohl verteilt sind. Insgesamt sind die einzelnen Seiten allerdings reich mit Text gefüllt – Lesemuffel seien an dieser Stelle gewarnt. Die Leichtigkeit der Geschichte sowie die stetige Frage des Publikums nach dem weiteren Verlauf lassen das Geschehen zügig voranschreiten. Zu keinem Zeitpunkt erscheint der Inhalt schleppend. Trotz der verhältnismäßig ruhigen Thematik weiß Mamoru Hosoda die Leserschaft zu binden – emotional.
Auch wenn sich die erklärte Prämisse sicherlich als sehr tragisch verstehen lässt, überspitzt der Autor das Setting dankenswerterweise nicht. Selbiges gilt für die Supernatural-Inhalte, welche sich natürlich in die Handlung eingliedern. Lediglich das relativ abrupte Ende des Einzelbandes wäre verbesserungswürdig. Zwar deutet sich der tatsächliche Abschluss bereits früh im Verlauf des Buches an, doch könnte das recht plötzliche Ende auf partiellen Missmut stoßen. Ein Epilog zu den Figuren hätte möglicherweise nicht geschadet.
Basierend auf den Charakterdesigns von Yoshiyuki Sasamoto war Ame Karasuba illustrativ für das Werk zuständig. Jene simpel gehaltenen Zeichnungen machen dabei nur einen marginalen Teil der gesamten Light Novel aus. Neben der eingangs erwähnten Farbseiten enthält der Band zehn Zeichnungen, die sich jeweils über eine ganze Seite in schwarz-weiß erstrecken.
Über Mamoru Hosoda
Mamoru Hosoda, geboren am 19. September 1967 in Toyama, Japan, ist ein bekannter Regisseur von Animationsfilmen. 1991 begann er seine Tätigkeit bei Toei Doga (heute Toei Animation) als Trickfilmzeichner, bevor er seinen thematischen Schwerpunkt änderte und sich fortan als Regisseur verwirklichte.
So führte er unter anderem 2003 bei Superflat Monogram Regie, ein Werbefilm für eine Kollektion von Louis Vuitton. Anschließend arbeitete er freiberuflich und veröffentlichte 2006 den Animationsfilm Das Mädchen, das durch die Zeit sprang. Obwohl der Film in wenigen Kinos ausgestrahlt wurde, entwickelte er sich durch die starke Unterstützung der Fan-Gemeinde zu einem anhaltenden Erfolg an den Kinokassen. Neben weiteren Auszeichnungen, gewann die Produktion bei den Japanese Academy Awards den Preis in der Kategorie »Bester Animationsfilm«.
2009 setzte Hosoda seine Erfolgssträhne mit Summer Wars fort. Eine Veröffentlichung, die auf einer von ihm selbst geschriebenen Geschichte basiert, und mit 1,26 Millionen Zuschauern zu einem absoluten Kassenschlager wurde. Wie bereits sein vorheriger Film, brachte auch dieser Hosoda mehrere Animationspreise in Japan und eine Einladung zur deutschen Premiere auf der Berlinale 2010 ein. Außerdem wurde Hosoda für den Annie Award 2011 nominiert, was ihn in die Elite der japanischen Animationsregisseure aufsteigen ließ.
Im Jahr 2011 gründete er zusammen mit dem Produzenten Yuichiro Saito das Animationsstudio Studio CHIZU. Der Film Ame und Yuki – Die Wolfskinder, bei dem er Regie führte, Drehbuch und Geschichte schrieb, wurde ein Megahit, der 3,44 Millionen Zuschauer begeisterte. (© TOKYOPOP)
Fazit
Inhaltlich überzeugt die Light-Novel-Variante Ame & Yuki: Die Wolfskinder – Ein unzertrennliches Band aus der Feder des Original-Regisseurs Mamoru Hosoda in allumfassendem Masse. Wir sind sicher, dass das bereits überzeugte Publikum des Franchises wie auch Neueinsteiger die Geschichte zu schätzen wissen. Für diese Erfahrung ist eine emotionale Öffnung gegenüber den Geschehnissen unbedingt erforderlich. Wer bereit ist, sich auf die Lebensgeschichte von Hana und ihren beiden Kindern einzulassen, wird es nicht bereuen.
Lediglich das abrupte Ende der letzten Seiten könnte einzelnen Leser*innen missfallen. Der Abschluss ist dennoch zufriedenstellend – lediglich verbesserungswürdig. Die deutschsprachige Version weißt einige wenige Fehler in der Orthographie auf. Diese unterbrechen den allgemeinen Lesefluss zwar nur geringfügig, seien an dieser Stelle aber nicht unerwähnt gelassen.
Bisher ist keine Leseprobe zu der Light Novel verfügbar. Im regulären Handel kannst du auf unkomplizierte Art und Weise in das Buch hineinschauen, da dieses nicht eingeschweißt ist. Der Preis von fast 15 Euro (D) mag hoch erscheinen, aber ist für die Güte der Erzählung nicht als überzogen zu beurteilen. Hinzukommt der stark erhöhte Aufwand des Verlags sowie das Nischen-Dasein, welches dieses Medium noch immer in Deutschland fristet. Entsprechend sollte der monetär zu entrichtende Wert kein Ausschlusskriterium zum Lesen darstellen.
Besonderer Dank gilt abschließend der Redaktion von TOKYOPOP Deutschland – sowohl die Publikation dieser fantastischen Light Novel als auch für die Bereitstellung eines Rezensionsexemplars, das diese umfassende Besprechung für dich ermöglicht.