XXL-Review zu Niyamas „My Pretty Policeman“
Vor rund einem halben Jahr haben wir euch im Rahmen einer XXL-Review bereits die gesamte Akamatsu & Seven-Reihe genauer vorgestellt. Inzwischen hat Herausgeber KAZÉ Manga mit My Pretty Policeman einen weiteren Boys-Love-Dreiteiler veröffentlicht. Nachdem davon im März der Abschlussband auf Deutsch erschienen ist, berichten wir jetzt von unseren Eindrücken zu dem Werk.
Der Berliner Publisher hat die insgesamt drei Bände zwischen November 2021 und März 2021 im Abstand von je zwei Monaten herausgegeben. Für die Softcover-Taschenbücher im Standardformat, die jeweils mit einem Umfang von rund 180 Seiten aufwarten, ist ein Preis von je 7,00 € angesetzt. Eine E-Book-Ausgabe ist bislang weder erhältlich noch angekündigt.
Inhaltsbeschreibung
Als Schüler war Shin ein Herumtreiber, er hat sich regelmäßig geprügelt und geraucht. Dabei wurde er immer wieder von Ortspolizist Seiji erwischt, der sich dem Jugendlichen aus schwierigen Familienverhältnissen schließlich mit besonderer Fürsorge und Verständnis angenommen hat. Damit hat er geholfen, Shin auf die „richtige Bahn“ zu bringen. Seitdem sind mehr als zehn Jahre vergangen.
Nachdem seine Mutter erkrankt ist, hat Seiji kurzerhand den Dienst quittiert und den Kaufmannsladen der Familie übernommen. Auch nach dem Tod seiner Mutter arbeitet der ehemalige Polizist noch in dem kleinen Geschäft. Er und seine Katze Chiko führen dort ein beschauliches Leben – doch schon bald kehrt frischer Wind in den Single-Haushalt ein.
Weil Shin gehofft hatte, in Zukunft mit seinem Retter von damals arbeiten zu können, hat er nach dem Oberschulabschluss ebenfalls eine Beamtenlaufbahn eingeschlagen. Aus dem Plan, gemeinsam zu arbeiten, ist jetzt zwar nichts geworden, allerdings ist er als Polizist dem Bezirk von Seijis Laden zugeteilt worden. Fast täglich sehen sich die beiden also auf Shins Streife.
An einem eigentlich ganz normalen Tag kommt es schließlich zu dem entscheidenden Ereignis: Seiji, der mit großen Schritten auf seinen 40. Geburtstag zugeht, denkt scherzhaft laut nach, ob er nicht „lieber auf Männer umsatteln sollte“. Der etwas naive Shin kann diesem Witz nicht folgen, stattdessen küsst er Seiji und gesteht, dass er schon lange in ihn verliebt sei …
Visualisierung
Mangaka Niyama feiert mit dem Werk ihr Deutschland-Debüt. Die Konturen sind mit dünnen Linien gezogen, damit ist den Figuren feingenau Ausdruck verliehen. Verschiedene Rasterfolien dienen darüber hinaus der weiteren Ausgestaltung. Der Zeichenstil wirkt insgesamt angenehm gewöhnlich-natürlich, das passt gut zu der unaufgeregten Gesamtatmosphäre.
Das beschauliche Leben der beiden Männer verleiht der Geschichte einen Hauch von Slice of Life, doch auch Erotik ist ein zentrales Handlungselement – und diese ist entsprechend bebildert. Die deutschsprachige Ausgabe ist unzensiert, der Blick auf alle Intimitäten liegt komplett frei. Trotz der zahlreichen Szenen dieser Art ist durch verschiedene Stellungen und andere Umstände eine gewisse Abwechslung geboten. Die beziehungsinterne Top-Bottom-Verteilung wechselt jedoch nicht.
Aufgrund der Altersempfehlung ist der Manga eingeschweißt. Es ist damit nicht möglich, im Handel des Vertrauens vorsichtig reinzublättern. KAZÉ Manga stellt für alle Interessierten allerdings eine kostenlose Online-Leseprobe bereit, bei den rund 30 Seiten handelt es sich um das gesamte erste Kapitel der Reihe.
Fazit
In My Pretty Policeman werden verschiedene Boys-Love-Tropes abgedeckt, der Alters- und Größenunterschied sowie die Uniform sind geschickt in die Geschichte eingebunden. Insbesondere die Altersdifferenz von fast zehn Jahren wird glaubhaft thematisiert. Mangaka Niyama verrät dabei im Nachwort, dass sie in dem Titel verschiedene persönliche Vorlieben kombiniert habe – und das merkt man auch. Hier wurde sich offenkundig mit ganzem Herzen dem Werk gewidmet.
Die große Stärke des Mangas sind aber vor allem die unglaublich charmant ausgearbeiteten Figuren, die die gesamte Erzählung über die drei Bände hinweg tragen. Seijis ungezwungener Charakter harmoniert gut mit der etwas einfältigen, aber überaus loyalen Art von Shin. Der übrige Cast ist ebenfalls gut in das gemütliche Setting integriert.
Unser einziger Kritikpunkt ist der Umgang mit der Sexualität. Während Shins langjährige Zuneigung durchaus glaubhaft inszeniert ist, erwächst Seijis Interesse im Grunde aus einem Scherz heraus. Eine Begründung für seine Gefühle bleibt weitestgehend aus. Er möchte, so sagt er, einfach denjenigen zu lieben versuchen, der ihn liebt. Aus realistischer Sicht ist diese Wendung kritisch zu betrachten, unserer Meinung nach hätte es hier zumindest noch etwas mehr Ausarbeitung bedurft.
Dieser leider etwas negative Ersteindruck hat sich im weiteren Verlauf glücklicherweise nahezu vollständig verwaschen. Trotz anfänglicher Ungereimtheiten ist My Pretty Policeman, gesamtheitlich gesehen, als sehr romantisch zu bezeichnen, nach und nach entwickelt sich die Beziehung der beiden weiter – zwischenmenschlich und körperlich.
Außerdem besticht die Kurzreihe mit einem hohen Comedyfaktor, der das Werk entscheidend prägt und wohl am längsten im Kopf bleiben wird. Katze Chiko ist in diesem Zusammenhang „der heimliche Star“ der Geschichte, sie ist auf der Inhalts- und Bildebene stets präsent und überraschend aktiv in das Geschehen integriert. Für Boys-Love- und Katzen-Fans sicherlich eine Traumkombination.
Abschließend bedanken wir uns bei KAZÉ Manga für die Bereitstellung der entsprechenden Belegexemplare.