Review zum „The Hellbound“-Webtoon
Im vergangenen November wurde bekannt, dass altraverse mit The Hellbound den Webtoon zur südkoreanischen Netflix-Serie lizenziert hat. Inzwischen liegt das Werk „komplett“ auf Deutsch vor – wir haben es gelesen und berichten euch im Folgenden von unseren Eindrücken.
Die rund 50 Webtoon-Kapitel wurden für den Printrelease in zwei Sammelbänden zusammengefasst, insgesamt rund 510 Seiten. Seit Ende Mai ist der Abschlussband offiziell erhältlich, die deutschsprachige Ausgabe ist als großformatige Klappenbroschur gefasst. Für den Druck wurde hochwertigeres Papier verwendet, die Seiten sind reinweiß und glatt. Band 02 beinhaltet mehrere Farbseiten, darüber hinaus ist die gesamte Reihe schwarz-weiß. Anna Herr hat die Geschichte aus dem Koreanischen übersetzt. Pro Band sind 15,00 € zu bezahlen, eine E-Book-Fassung ist aktuell weder erhältlich noch angekündigt.
Inhaltsbeschreibung
Aus dem Nichts taucht eine transzendente Erscheinung auf und verkündet einzelnen Menschen, wie lange sie noch zu leben haben. Wer dabei zunächst an ein Hirngespinst denkt, hat sich gewaltig geschnitten. Nach Ablauf der genannten Zeit erscheinen mehrere gigantische Monster und bringen das Opfer punktgenau zu der angekündigten Zeit auf brutalste Weise um. Nach wenigen Augenblicken bleiben von der Person nur noch ein paar verbrannte Knochen zurück.
Eine Art religiöse Gruppe, die sich selbst die Neue Wahrheit nennt, sieht in diesen Ereignissen eine deutliche Botschaft Gottes – die verdorbene Menschheit soll rechtschaffen werden. Diese Denkweise wird auch von der sogenannten Pfeilspitze, einer kleineren Vereinigung von radikalen Fanatikern, propagiert. In den Hinrichtungen durch die mysteriösen Monster wird eine Demonstration gesehen, welche der Abschreckung dienen soll.
[The Hellbound] vol. 1 © 2020 Sang-Ho Yeon, Gyu-Seok Choi. All rights reserved. / Munhakdongne Publishing Corp.
[The Hellbound] vol. 2 ©2021 Sang-Ho Yeon, Gyu-Seok Choi. All rights reserved. / Munhakdongne Publishing Corp.
Schon bald steht ganz Südkorea Kopf und die Neue Wahrheit gewinnt rasant an Einfluss. Die Angst treibt die Bevölkerung immer tiefer in das Netz der sektenähnlichen Struktur. Ein Polizeikommisar namens Kyunghun Jin, dessen Frau vor sechs Jahren brutal ermordet wurde, und die Anwältin Hyejin Min geraten in die Ermittlungen rund um die rätselhaften Todesfälle. Schon bald fallen ihnen Ungereimtheiten in Bezug auf die Sünder und die von der Neuen Wahrheit postulierten Lehren auf …
Die zwei Bände beinhalten alle Kapitel inklusive dem einleitenden Prolog. Internationale Fans können die gesamte Reihe kostenlos in der WEBTOON-App lesen, allerdings nur auf Englisch. Inhaltstechnisch sind die Online- und die Printfassung identisch, lediglich die Leserichtung unterscheidet sich entsprechend. Bei der digitalen Version wird nach unten gescrollt, das gedruckte Buch ist von links nach rechts zu blättern.
Visualisierung
Im Gegensatz zu den meisten hierzulande bekannten Webtoons, ist The Hellbound – mit Ausnahme von den eingangs erwähnten Farbseiten – komplett in schwarz-weiß. Das weitestgehend natürliche Charakterdesign und die beinah kinematographische Gestaltung tragen ebenfalls zu diesem Eindruck bei. Stilistisch ist das Werk somit überraschend nah am Manga. Selbst Webtoon-Neueinsteiger dürften leicht reinfinden.
Bei der Neuanordnung der einzelnen Bilder wurde gute Arbeit geleistet. Außerdem fällt uns der sortierte Seitenaufbau positiv auf. Es ist dank des dadurch aufgebauten Leseflusses ohne Probleme möglich, dem Geschehen zu folgen – auch wenn es wegen der stellenweise etwas komplex konzeptionierten Story natürlich trotzdem unabdingbar ist, aktiv mitzudenken.
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Die zwei Bände sind im Handel eingeschweißt, damit wird die empfindliche Klappe effektiv vor Beschädigungen geschützt. Daher ist es nicht möglich, vor dem Kauf in das Buchinnere reinzublättern. Wir empfehlen aus diesem Grund einen Blick in die Online-Leseprobe zum Printrelease, mit dieser kann zudem das neu arrangierte Paneling betrachtet werden.
Fazit
Uns lässt der The Hellbound-Webtoon mit gemischten Gefühlen zurück. Inhaltlich fesselt die Geschichte von den ersten Seiten an, die erzähltechnische Umsetzung ist soweit ebenfalls gelungen. Jedoch enttäuscht das sehr offene Ende, einige Charaktere und ihre individuellen Storylines hängen damit in der Luft.
Nach dem Zeitsprung von Band 01 auf Band 02 wäre es unserer Meinung nach zu erwarten, dass die gesamte Handlung rund abgeschlossen wird – so bleiben nun zahlreiche Fragen ungeklärt. Es ist sicherlich möglich, vereinzelt eigene Interpretationen anzusetzen, aber eindeutige Hinweise auf die Verhaltensweisen der Monster sowie den weiteren Verlauf sind bedauerlicherweise nicht zu erkennen. Es bedarf wirklich zwingend einer Fortsetzung.
Autor Sang-Ho Yeon strebt an, die Erzählung gemeinsam mit Illustrator Gyu-Seok Choi weiterzuführen. Laut einem Interview stünde erst danach eine zweite Staffel zur Debatte. Gleichwohl ist in dem Drama schon ein Hinweis auf das zu erwartende Sequel: Im Gegensatz zur Serie beinhaltet der Manhwa nämlich nicht die Schlussszene um Jungja Park, mit der der nächste Handlungsbogen angeteasert wird.
In gewisser Weise erinnert uns der Titel an Naoki Urasawas Monster und Kengo Hanazawas I am a Hero. Nicht nur atmosphärisch sind sich die Werke ähnlich, auch das leicht leere Gefühl nach dem Lesen gleicht sich durchaus. Die Stärke der genannten Reihen liegt vor allem in der guten Storyführung, das trifft hier ebenfalls zu.
Entsprechend können wir Fans von Supernatural-Action The Hellbound trotz der erklärten Schwäche empfehlen – vor allem, weil ein Sequel wohl tatsächlich entsteht. Wem die Netflix-Serie, an der stellenweise Änderungen vorgenommen wurden, zusagt, wird beim Webtoon bestimmt nicht enttäuscht sein. Sonderlich viel Neues ist mit Ausnahme der zuvor angesprochenen Szene allerdings nicht zu erwartet, beides unterscheidet sich überwiegend nur um Nuancen. Das Preis-Leistungs-Verhältnis der deutschsprachigen Ausgabe erachten wir als fair.
Abschließend bedanken wir uns bei altraverse für die unverbindliche Bereitstellung eines Belegexemplars.