Interview mit Hirara Natsume – über „Bibi & Miyu“, ihr Leben in Deutschland und die Arbeit als Mangaka
In Kürze erscheint der Abschlussband der TOKYOPOP-Eigenproduktion Bibi & Miyu. Passend dazu durften wir ein Interview mit der japanischen Künstlerin hinter dem Werk führen: Mangaka Hirara Natsume. Natsume-sensei hat mit uns unter anderem über ihren Arbeitsalltag und die Umsetzung von Bibi & Miyu gesprochen.
Wir möchten uns herzlich bei TOKYOPOP für die Organisation des Interviews sowie bei Hirara Natsume selbst für ihre Zeit bedanken. Wir kürzen Hirara Natsume mit Natsume und uns selbst mit MP ab. Wer sich mehr für die Arbeit der Mangaka interessiert, kann ihr zum Beispiel auf Twitter oder Instagram folgen.
Wer vor Ort auf der AnimagiC 2022 ist, hat außerdem die Möglichkeit, Natsume-sensei bei einer ihrer Signierstunden am TOKYOPOP-Stand zu treffen. Diese finden jeweils Samstag und Sonntag zwischen 12 und 13 Uhr, sowie zwischen 16 und 17 Uhr statt. Am Samstag besteht zwischen 14 und 14:30 Uhr außerdem die Gelegenheit, an einem Q&A mit der Künstlerin im Kino 4 teilzunehmen.
MP: Hallo Natsume-sensei und vielen Dank, dass Sie sich Zeit nehmen, um unsere Fragen zu beantworten.
Natsume: Hallo zusammen. Gerne doch, vielen Dank auch.
MP: Wären Sie so nett und würden uns erzählen, wie Sie dazu kamen, als Mangaka zu arbeiten? War dies schon immer Ihr Traum?
Natsume: Seitdem ich denken kann, wollte ich immer Mangaka werden. Ich habe zwar ein abgeschlossenes Soziologiestudium, habe dieses aber nur gemacht, um mehr Zeit zu haben, mich auf meine Mangaka-Karriere zu konzentrieren und eine Absicherung zu haben, falls es nicht klappen sollte.
MP: Sie leben seit einigen Jahren in Deutschland. Gibt es etwas, was Ihnen bei der kulturellen Umstellung besonders einfach beziehungsweise schwergefallen ist?
Natsume: In beiden Fälle würde ich Essen nennen. Essen an sich hat einen besonders hohen Stellenwert in Japan, wohingegen es in Deutschland eher einen weit geringeren einnimmt. In Japan ist es ein ungeschriebenes Gesetz, dass für eine Mahlzeit viele verschiedene Gerichte oder Nebengerichte vorbereitet werden müssen.
Besonders einfach war für mich die Umstellung deswegen, weil in Deutschland oft das Credo gilt: „Es wird gegessen, was auf den Tisch kommt.“ Das heißt für mich, dass ich oft nicht so sehr auf die Wünsche der anderen Familienmitglieder achten und viel weniger verschiedene Gerichte zubereiten muss.
Mir ist die Umstellung besonders schwergefallen, weil mir das deutsche Essen oft zu fettig und zu salzig ist. Es ist nicht so, dass es mir überhaupt nicht schmeckt, aber ich bevorzuge japanisches Essen. Deswegen habe ich manchmal Probleme, japanische Produkte überhaupt oder zu einem angemessenen Preis zu bekommen. Manchmal muss ich auch mit Ersatzprodukten experimentieren, was aber auch irgendwo den Reiz ausmacht.
MP: Wie sieht ein klassischer Arbeitstag bei Ihnen aus? Haben Sie beim Arbeiten ein gewisses Ritual, der Sie nachgehen?
Natsume: Gegen 5 oder 6 Uhr morgens stehe ich in der Regel auf. Abgesehen von kleinen Pausen oder Spieleinheiten mit meinem Kind, arbeite ich so ziemlich den ganzen Tag bis ungefähr 11 oder 12 Uhr abends. Die Zeit mit meinem Kind sehe ich als Ritual, um ein wenig Kraft zu tanken.
MP: Was für Materialien benutzen Sie für Ihre unterschiedlichen Arbeitsschritte? Arbeiten Sie ausschließlich digital?
Natsume: Seit Jahren arbeite ich ausschließlich digital. Das erleichtert die Arbeit um einiges. Fehler sind einfacher zu korrigieren und das Rastern ist schneller. Und vor allen Dingen macht es die Arbeit viel sauberer – ich kann mich an Zeiten erinnern, da lagen überall in meiner Wohnung Rasterfolienschnipsel und Radiergummikrümel. Das ist jetzt zum Glück nicht mehr der Fall.
Auch erleichtert es das Arbeiten mit meinen Assistentinnen in Japan. Früher musste man sich treffen, um zusammenzuarbeiten. Seitdem ich digital arbeite, kann man seine Daten schnell zur nächsten Person schicken; egal wo diese momentan sitzt.
MP: Wie kam es dazu, dass Sie gemeinsam mit Olivia Vieweg die Manga-Umsetzung von Bibi & Miyu realisiert haben?
Natsume: Wie so oft im Leben: Es war Zufall. Da ich gerne mit einem deutschen Verlag arbeiten wollte, habe ich mich bei einigen vorgestellt. Unter anderem auch TOKYOPOP, von denen ich innerhalb von 24 Stunden eine Antwort erhalten habe, dass sie noch eine japanische Zeichnerin für eine Manga-Umsetzung einer deutschen Lizenz suchen. Recht zügig war ich dann mit Stu Levy, dem Gründer und Chef von TOKYOPOP, in Kontakt. Er wäre zwei Wochen später auf der DoKomi in Düsseldorf. Da diese Convention bei mir in der Nähe ist, haben wir uns dort getroffen und vieles Weitere besprochen. Auch wenn ich zu diesem Zeitpunkt noch nicht wusste, um welche Serie es sich handelte, da die letzten Details mit Kiddinx noch nicht finalisiert waren, entschied ich mich, bei dem Projekt mitzumachen.
MP: In dem Interview aus dem Yomimono (Ausgabe 12) erzählen Sie, dass sie Bibi Blocksberg zuvor gar nicht kannten. Inwiefern hat das Ihre Arbeit an der Reihe beeinflusst?
Natsume: Ich denke, dass ich an das Thema ohne große Vorurteile herangegangen bin, was natürlich Vor- und Nachteile mit sich brachte.
Ich kann mich noch an die Anfangszeit erinnern, in der ich auf Bitten von Kiddinx einen Hintergrund mit Pferden ändern sollte. Pferde würden eher auf das Bibi & Tina-Universum hinweisen, weswegen man diese bei Bibi & Miyu lieber vermeiden wollte. Die Änderung hat zwar einiges an Arbeit gekostet, da sie auf einer fast fertigen Version durchgeführt werden musste, aber es führte dazu, dass ich mich mehr mit den Bibi Blocksberg-Universen beschäftigte, um solche Sachen im Vorhinein zu vermeiden.
Generell war ich aber bei der Gestaltung der Szenen und Charaktere recht frei. Das hat aber auch damit zu tun, dass Olivia Vieweg als Geschichtsschreiberin und Projektleiterin vorab schon viele potenziell problematische Punkte ausgeräumt hat.
MP: Während es Bibi bereits gegeben hat, wurde Miyu für diese Serie neu erschaffen. Wenn Sie sich beide Charaktere anschauen: Würden Sie sagen, dass eine der beiden Ihnen ähnelt – und wieso?
Natsume: Ich denke, Miyu ähnelt mir eher. Sie erinnert mich an meine Schulzeit, als wir uns in meinem Freundeskreis sehr für Mode und süße Dinge interessiert haben.
MP: Demnächst findet wieder die AnimagiC in Mannheim statt und Sie sind dieses Jahr auch dabei. Freuen Sie sich auf die Convention und Ihre Signierstunden?
Natsume: Ich freue mich riesig, wieder auf einer Convention zu sein! Nachdem seit gut zwei Jahren viele Conventions, besonders aber auch soziale Treffen generell, ausgefallen sind, ist es sehr schön, wieder Menschen zu sehen. Besonders bin ich super gespannt, meine Fans bei den Signierstunden wiederzusehen!
MP: Haben Sie zum Abschluss vielleicht noch ein paar Worte an Ihre Fans und die Leser von Bibi & Miyu?
Natsume: Ich bedanke mich bei allen, die mich während der drei Bände von Bibi & Miyu unterstützt haben! Ohne diese wäre das Projekt in der Form sicherlich nicht möglich gewesen!
MP: Vielen Dank für Ihre Zeit.
Natsume: Das Interview hat mir viel Spaß gemacht, danke dafür!