Manhua-Special #4: „Biaoren - Die Klingen der Wächter“
Nachdem wir dem dritten Manhua unserer Special-Reihe, Der freie Vogel fliegt, bereits höchste Güte attestierten, werfen wir mit dem heutigen Artikel einen Blick auf den wohl bekanntesten Titel dieser Auflistung von Werken aus China und Taiwan, die auch in Deutschland verfügbar sind beziehungsweise in einer deutschen Sprachfassung vorliegen: Biaoren - Die Klingen der Wächter von Xu Xianzhe.
Im Herkunftsland China sowie in Japan erlangte der Titel bereits eine hohe Popularität. Im deutschsprachigen Raum ist das Werk des zweisprachig aufgewachsenen Autoren noch als unentdeckte Perle zu klassifizieren. Dabei ist eine übersetzte Fassung durch den Chinabooks-Verlag bereits seit Anfang des Jahres erhältlich – unsere nachfolgende Besprechung stützt sich dabei auf die ersten drei Bände jener Ausgabe.
Dies entspricht der Anzahl der bisher auf Deutsch erhältlichen Bücher der Action-Reihe. Offiziellen Angaben zufolge befinden sich der vierte und fünfte Teil der Geschichte gegenwärtig in Vorbereitung – als Veröffentlichungstermin benennt die Webseite des Herausgebers aus der Schweiz den Februar des kommenden Jahres. Nun zu den äußerlich festzustellenden Details der Produktion.
Biaoren - Die Klingen der Wächter erscheint hierzulande als eine großformatige Klappenbroschur mit einen Gesamtumfang von rund 270 Seiten pro Band. Das verwendete Papier erscheint in seiner Dicke und Struktur überraschend hochwertig in seiner Qualität – der Preis von 14,90 Euro (D) ist dabei sicherlich nicht als unverhältnismäßig, sondern als einwandfrei zu betrachten. Statt Tadel ist hier definitiv ein Lob auszusprechen. Jedoch nicht so für die enthaltenen Rechtschreibfehler. Diese fallen auf, behindern das Weiterlesen allerdings nicht.
Inhaltsbeschreibung:
Der Titel zieht ein historisches Setting auf, so ist die Geschichte im dritten Jahr der Daye-Ära platziert – das entspricht dem China um 607 nach Christus. Den Westen des Landes durchreist aktuell der mysteriöse wie kampferprobte Protagonist Daoma. Mit Pferd und Kind bewegt sich der Mann fort, der sich als Kopfgeldjäger wie Geleitschützer versteht. Seine Tätigkeiten erfüllt er zielstrebig; verbunden mit dem Ziel, Geld zu verdienen, um seine Schulden bei einem Alten namens Mo zu begleichen. Gerade befindet er sich auf Suche nach einer bezahlten Betätigung.
Bei einem Stopp in einer nahegelegenen Gaststätte trifft er auf acht bewaffnete wie kampfgewillte Kontrahenten, deren Gruppierung steckbrieflich gesucht wird – auch eine Belohnung finanzieller Art ist auf den Anführer jener Einheit krimineller Natur ausgesetzt. Daoma unterbreitet mit gewandten Worten den Vorschlag, ihn für sein Schweigen auszuzahlen. Die Männer verweigern.
Entsprechend lässt er das zuvor erwähnte Kind die Augen schließen und beginnt mit der Ausführung der Exekution einzelner Anwesender. Die unmittelbare Gefahr erkennend, überdenkt der Anführer das ihm zuvor unterbreitete Angebot. Damit ist Daomas – für das Publikum erstes – Unterfangen abgeschlossen. Damit ist der erste, einführende Akt der Geschichte in drei kurzen Kapiteln abgeschlossen.
© 2020 by Xu Xianzhe (ULAB Co., Ltd.)
Daran schließt sich mit dem zweiten Akt der erste große Handlungsbogen von Biaoren - Die Klingen der Wächter. In diesem tritt der beschriebene Protagonist als Geleitschützer im Auftrage des weisen Familien-Oberhaupts Mo auf. Der zu eskortierende Schützling ist dabei eine zentrale Figur der sich anbahnenden Revolution. Denn die Zustände unter der despotischen Sui-Dynastie in der Nation spitzen sich immer weiter zu und steuern in eine radikale Richtung …
Daraus resultiert ein politisches History-Drama, welches durch die zu ergründende Biographie der geheimnisumwitterten Hauptfigur Daoma belebt ist. Gepaart wird dies mit den actiongeprägten wie stets zielgerichteten Auseinandersetzungen der verschiedenen Parteien. Im diesem Zuge begleitet die Leserschaft das von Xu Xianzhe erdachte Handlungs-Konstrukt.
Visualisierung:
Der zuvor benannte Künstler ist neben der Geschichte zudem für die Bebilderung derselben zuständig. Diese ist dabei recht realitätsnah angefertigt und besticht durch harte, kräftige Linien in ihrer Ausdruckskraft. Viele dunkle Kontrastabstufungen betonen die bedrohliche Gesamtatmosphäre des Manhuas, dessen Geschehnisse im Übrigen in japanischer Leserichtung zu verfolgen sind.
Insbesondere die großflächigen Panels und die Illustrationen, die nicht selten eine ganze (Doppel)Seite füllen, sind von stattlichem Ausmaße. Dabei setzt der verantwortliche Zeichner nicht nur die beteiligten Figuren gelungen in Szene, sondern erweitert das visuelle Zusammenspiel um die prächtige Darstellung von Tieren wie Pferden und Tigern sowie um das Abbilden ungebändigter Naturgewalten.
Das Charakterdesign gliedert sich hervorragend in das Setting der in schwarz-weißen dargestellten Szenerie ein. Jede wichtige Persönlichkeit des Titels hebt sich durch ihre gestalterischen Merkmale effektiv ab, sodass keine Verwechslungen einsetzen. Diese Erkennungszeichen sind dabei sehr detailreich eingebracht. Xu Xianzhe arbeitet sehr präzise und scheint dabei stets auf eine genaue Darstellung bedacht.
© 2020 by Xu Xianzhe (ULAB Co., Ltd.)
Optisch ist zudem zu bemerken, dass Zeitebenen der Vergangenheit hervorgehoben werden. So ist um entsprechende Passagen beispielsweise ein schwarzer Rahmen gezogen, der anzeigend wirkt. Auch Texttafeln, die über Setting-Details informieren, sind fester Bestandteil der Geschichte. Die zahlreichen bewaffneten Auseinandersetzungen sind in ihrer Präsentation als dynamisch zu beschreiben, der Lesefluss wird durch eine eindeutige Aneinanderreihung der Bilder intensiviert. Prägnante Soundwords statt lange Dialoge begleiten das Geschehen während dieser Szenen dabei. Diese sind gut in das Gesamtbild der jeweiligen Seiten integriert und keinesfalls als störend zu vernehmen.
Beeinträchtigend wirkt dagegen die gewählte, leicht geschwungene Schriftart. Diese mag zwar zur altertümlichen Stimmung passen, doch führt stellenweise zu einem abgebrochenen Lesefluss, da einzelne Buchstabenkombinationen nicht unmittelbar zu erschließen sind. Dies ist jedoch ein Problem der deutschsprachigen Fassung, dass die Qualität des Manhuas in seiner Visualisierung nur wenig beeinträchtigt.
Das Publikum, welches Seinen-Geschichten mit kräftigen wie dunklen Zeichnungen schätzt, wird durch Biaoren - Die Klingen der Wächter sicherlich nicht enttäuscht. Auf unser Wort ist dabei nicht allumfassend zu vertrauen, so reicht Chinabooks den potenziell Interessierten auch einige Leseproben an. Im Folgenden listen wir die verfügbaren Previews auf:
Storytelling:
Im Fokus der Erzählung steht der benannte Protagonist, Daoma. Mit schwarzem Hut und Mantel bekleidet, mit zahlreichen Waffen ausgerüstet und mit einem Kind auf seinem Pferd bildet er die zentrale Figur der Serie. Sein biographischer Hintergrund verbleibt dabei sehr vage, nur selten sind Offenbarungen diesbezüglich geboten. Dies intensiviert das Interesse an der Person, welche doch ein Mysterium verbleibt.
© 2020 by Xu Xianzhe (ULAB Co., Ltd.)
Im Verlauf des zweiten Aktes werden die Barbarenvölker und ihre Beziehung zueinander sowie zu den umliegenden Nationen behandelt. Hier finden insbesondere die geopolitischen Aspekte Bedeutung. Zugleich ist sich wirtschaftlichen Zusammenhängen gewidmet. Schlachten werden als Maßnahme der Gebietsgewinnung erklärt und entsprechend inszeniert. Innerhalb von diesen wird die Leserschaft an die unterschiedlichen Völker und Kulturen herangetragen, sodass sich langsam ein universales Verständnis für die Geschehnisse formt.
Die Kombination aus düsteren, blutigen Kämpfen und politisch-motivierten Intrigen ist Fans des History-Segments sicherlich nicht unbekannt, dennoch darf durch das chinesische Medium Innovation erwartet werden. Hinsichtlich dessen fällt insbesondere der zu eskortierende Klient, Zhishilang, positiv auf, welcher das Sinnbild für die sprachlich äußerst versierten Figuren dieses Werks ist.
Konklusion:
Umfassend weiß Biaoren - Die Klingen der Wächter mit einem historischen wie politischen Setting zu überzeugen, das nicht an actiongeladener Spannung und brutalen Kämpfen spart. Zugleich ist mit dem Revolutionisten Zhishilang eine besondere Figur geboten, die nicht nur durch Wortgewandtheit, sondern auch ihre mysteriöse Aura entzückt. Unser persönliches Highlight dieses Werks.
Ebenso sind auch die Zeichnungen des Schöpfers der Reihe, jene von Herrn Xu Xianzhe, nicht zu verachten. Wie erklärt, begeistern dessen Illustrationen durch die innenliegende, interessante Ambivalenz zwischen einerseits groben und andererseits zugleich sehr detailbesetzten Ausarbeitungen. Dieser Eindruck bezieht sich dabei sowohl auf die Figuren des Manhuas als auch auf die unbelebte Umwelt der Erzählung.
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Die Klingen der Wächter (Originaltitel: Biaoren / Blades of the Guardians) von Xu Xianzhe
Wer sich umfassender – und über die verlinkten Leseproben hinaus – informieren möchte, kann beispielsweise einen Blick in die dem Titel gewidmete Broschüre widmen. Diese kann hier über die Webseite des Chinabooks-Verlags angesehen wie heruntergeladen werden. Unter anderem berichtet diese über den Erfolg im Herkunftsland, reicht ein Kurzporträt des Autoren an und gibt weitere Medienstimmen wieder. Beispielsweise zitiert man Rumiko Takahasi, die Mangaka hinter Produktionen wie Inu Yasha, Ranma ½ und Maison Ikkoku, welche Biaoren - Die Klingen der Wächter in besonders hohen Tönen lobt. Aber auch Toru Fujisawa, der Schöpfer der Reihe Great Teacher Onizuka (GTO) gibt Report über seine Meinung zu dem Comic aus chinesischer Hand.
Damit schließen wir unsere vierteilige Special-Reihe zu den Manhuas, der chinesisch-sprachigen Comickunst, vorerst ab. Wir bedanken uns erneut in herzlicher Weise bei Chinabooks – für das Bereitstellen der hier besprochenen Bücher. Diese und weitere sind sowohl im regulären Buch- und Onlinehandel als auch über die verlagseigene Webseite erhältlich. Jene Webpräsenz lädt außerdem zum weiteren Stöbern im Katalog des Herausgebers aus der Schweiz ein – wir können das Besuchen dieser empfehlen, sofern Interesse an Publikationen dieser Art besteht.
Abschließend noch eine Video-Vorstellung, die wir zum Ansehen empfehlen:
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