Review zu Kentaro Miuras „Dur-an-ki“
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Weltweit haben Fans den Tod von Mangaka-Legende Kentaro Miura im Mai 2021 betrauert. Den meisten wird das von ihm geschaffene Berserk zumindest vom Hörensagen ein Begriff sein. Neben der Dark-Fantasy-Reihe hat der 1966-Geborene zuletzt ein weiteres Epos entwickelt. Obwohl im Original in Folge des Ablebens Miuras nie abgeschlossen, hat Panini Manga nun das bestehende Material in Form eines Einzelbands veröffentlicht. Wir haben uns diesen Release genauer angeschaut.
Die deutschsprachige Ausgabe ist offiziell zum 30. August im Handel erschienen. In dem rund 260 Seiten starken Gesamtumfang, davon fast 170 Seiten Manga und etwa 90 Seiten an Konzeptionsmaterial, ist zu Beginn eine ausklappbare Farbseite enthalten. Für die großformatige Klappenbroschur sind 19,00 € zu bezahlen, wahlweise war zuletzt auch ein auf 666 Exemplare limitiertes Variant Cover für 29,00 € erhältlich. Inhaltlich sind beide Ausgaben identisch. Das E-Book kostet 15,99 €.
Inhaltsbeschreibung
Das Setting der Geschichte ist an antike Sagen angelehnt. Als Kind zweier Götter der Weisheit wird Usumgallu auf den heiligen Berg Nizir entsendet. Dort wächst es behütet bei einem alten Ehepaar auf, ohne das Wissen um seine Herkunft und ohne andere Menschen. Schon bald zeigt sich, dass in Usumgallu besonderes Talent schlummert: Mit klugen Konstruktionen, etwa einem Wasserrad und einer Armbrust, erleichtert das Götter-Kind das mühselige Leben.
Eines Tages trifft Usumgallu im Wald auf eine Gruppe Kinder, die Söhne einiger Familien aus einem nahegelegenen Dorf sind, auf der Jagd. Heimlich möchten sie auf diese Weise Mut und Stärke beweisen. Allerdings ist das Wildschwein eine zu ambitionierte Herausforderung, sodass letztlich Usumgallu eingreifen muss. Die Jungs sind beeindruckt von der Durchschlagskraft der Armbrust und bitten um den Bau weiterer Einheiten für den eigenen Gebrauch. Dem stimmt Usumgallu zu, woraufhin sie einander besser kennenlernen.
Die Kinder aus dem Dorf, darunter der Sohn des Dorfanführers, interessieren sich zudem für das androgyne Erscheinungsbild Usumgallus. Ist der junge Erfindergeist ein Junge oder ein Mädchen? Niemand, nicht einmal Usumgallu selbst, weiß es. Für den Moment ist das Nebensache – die Jungen fokussieren sich zunächst auf die Waffen. Erst nachdem diese hergestellt sind und Usumgallu schon gut mit den anderen Kindern bekannt ist, kommt die Sprache auf Krieg und Vergeltung. Etwas, von dem der Götter-Spross noch nie etwas gehört hat …
Neben den sechs Kapiteln von Dur-an-ki sind in dem Manga ausführliche Informationen rund um das von Kentaro Miura entwickelte Setting enthalten. Das ursprüngliche Projekt wurde unter dem Titel Amazonen als eine Art Isekai-Erzählung rund um einen „Geschichts- und Kriegs-Nerd“ entwickelt. Seit 2015 lagen der japanischen Young Animal-Redaktion handschriftliche Entwürfe zu dem Manga vor. Diese sind hier abgedruckt. Auf etwa 90 Seiten Fließtext sind, unterstützt von verschiedenen Skizzen, zahlreiche Überlegungen gesammelt. Bis zu Beginn des vierten Arcs liegen Konzeptionen vor, darunter vor allem Dialog. Damit ist ein grober Abriss von den geplanten Geschehnissen gegeben.
Visualisierung
Das von Kentaro Miura selbst gegründete Studio Gaga, das hier als produzierende Instanz gelistet ist, adaptiert den Stil des Berserk-Mangakas. Auch in Dur-an-ki wird so eine überwiegend naturalistische Optik geboten. Diverse Tiere, von Hund über Wildschwein bis Bär, strotzen vor Details. Nahezu jedes Panel ist ein Kunstwerk für sich. Es ist deswegen problemlos möglich, minutenlang auf einer einzelnen (Doppel-)Seite zu verweilen und den eigenen Blick wandern zu lassen. Dafür sind genügend Feinheiten präsentiert. Dank des gewählten Großformats werden diese zusätzlich kuratiert.
Obwohl die einzelnen Seiten sehr deckend ausgefüllt sind und eine gewisse Aufmerksamkeit fordern, wird der Lesefluss nicht unterbrochen. Zwischen Bild und Text ist eine gute Balance gefunden. Entsprechend gerät die eigentliche Geschichte trotz der (vermeintlich) bildfokussierten Darstellung nicht in den Hintergrund. Die Verbindung beider Ebenen ist hier einwandfrei gelungen.
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Da der Release eingeschweißt ist, kann im Handel vor Ort nicht ohne Weiteres reingeblättert werden. Um sich trotzdem einen individuellen Eindruck von der Visualisierung zu verschaffen, empfehlen wir, stattdessen einen Blick in die japanische Online-Leseprobe zu werfen. Das obige Video umfasst zudem das gesamte erste Kapitel. Panini Manga stellt eine Handvoll Fotos – siehe unten – zur Ansicht bereit.
Fazit
Ausgehend von der Prämisse um das Götter-Kind Usumgallu wird schnell ein dichtes Netz aus zahlreichen Figuren, Schauplätzen und atmosphärischer Mystik gesponnen. Dabei sind von Anfang an mehrere Zeitebenen in die Handlung eingebracht, wodurch dem Werk zusätzlich zu den philosophischen Anklängen ein Gefühl von Tiefe verliehen ist. Trotz anbahnender Komplexität bleibt das Verständnis aber zu jeder Zeit gewahrt. Ein Paradebeispiel der Erzählkunst, die wahrlich Lust auf mehr macht.
Obwohl die Reihe im Gegensatz zu Berserk nicht fortgeführt wird, kann die Geschichte dank der ausführlichen Notizen zumindest im eigenen Kopf noch ein großes Stück weiter verfolgt werden. Wir hegen nach dem Lesen der ersten sechs Kapitel keinen Zweifel, dass Dur-an-ki ebenfalls ein Bestseller geworden wäre. Auch zeichnerisch bewegt sich der Titel auf hohem Niveau. Das vorliegende Gesamtkonzept belegt eindrucksvoll das unsagbare Genie von Kentaro Miura, das Fans auf der ganzen Welt schmerzlich vermissen.
5 Bilder
Der Einzelband ist sicherlich nicht unbedingt günstig. Das Preis-Leistungs-Verhältnis ist unserer Meinung nach jedoch durchaus fair. Für 19,00 € wird hier eine Aufmachung in Richtung der Deluxe Editions, wie etwa die Neuausgabe von Spriggan, geboten: großformatige Klappenbroschur, wertigeres Papier im Vergleich zu regulären Taschenbuchausgaben und eine Ausklappfarbseite. Hinzu kommen die textintensiven Entwürfe zum Szenario, die für den Herausgeber auf jeden Fall mit höheren Übersetzungskosten einhergegangen sind.
Abschließend bedanken wir uns herzlich bei Panini Manga *WERBUNG für das unverbindliche Bereitstellen eines Belegexemplars.