Interview mit Keiichi Arawi – Mangaka von „Nichijou – Das ganz normale Leben“
Zum Deutschland-Start von Nichijou – Das ganz normale Leben durften wir mit Mangaka Keiichi Arawi ein Interview über die Entstehung des Werkes, die Fortsetzung nach jahrelanger Pause und seine Arbeit als Mangaka führen.
Wir möchten uns sowohl bei Egmont Manga für die Gelegenheit als auch bei dem japanischen Verlag Kadokawa Corporation, der das Interview genehmigt hat, herzlich bedanken. Unser großer Dank für die Beantwortung der Fragen und die damit verbundene Zeit gilt zudem auch Mangaka Keiichi Arawi selbst. Nachfolgend werden wir Keiichi Arawi mit Arawi-sensei und uns selbst mit MP abkürzen.
MP: Hallo Arawi-sensei und vielen Dank, dass Sie sich die Zeit für uns nehmen.
MP: Wären Sie so freundlich uns zuerst von Ihren Anfängen als Mangaka zu erzählen und zu schildern, wie es damals zur Veröffentlichung von Nichijou – Das ganz normale Leben gekommen ist?
Arawi-sensei: Ich habe als Hobby meine Manga auf einer Doujinshi-Messe namens COMITIA ausgestellt, die die Brücke zu meiner professionellen Laufbahn geschlagen hat.
Nach meinem Schulabschluss wollte ich Drehbuchautor werden und strebte eine Karriere als Comedian an. Ich konnte allerdings nicht alle Gags selbst spielen und war frustriert darüber, dass meine schauspielerischen Fähigkeiten unzulänglich waren. Dann kam ich auf den Gedanken: Wenn ich nicht schauspielern kann, wie wäre es denn mit zeichnen? So habe ich angefangen, Nichijou – Das ganz normale Leben zu zeichnen.
MP: Ursprünglich erschien mit dem zehnten Band im Dezember 2015 der Abschlussband von Nichijou – Das ganz normale Leben. Wie kam es dazu, dass Sie kürzlich die Veröffentlichung wieder aufgenommen haben?
Arawi-sensei: Da ich von Manga erschöpft war, wollte ich Nichijou – Das ganz normale Leben beenden und zu Illustrationen oder Romanen übergehen. Ich bemerkte allerdings, dass etwas in mir noch für Manga brannte. Also dachte ich, wenn schon, dann sollte ich es ausbrennen lassen, weshalb ich begann, CITY in einem Wochenmagazin zu veröffentlichen. CITY zeigte mir jedoch, wie viel Spaß es macht, Manga zu zeichnen. Nachdem ich die Arbeit an CITY beendet hatte, dachte ich darüber nach, wie es wäre, zu Nichijou – Das ganz normale Leben zurückzukehren, was einer der Gründe war, die Veröffentlichung wieder aufzunehmen.
Außerdem habe ich durch Briefe der Fans gespürt, wie sehr Nichijou – Das ganz normale Leben nach wie vor von Leserinnen und Lesern aus der ganzen Welt geliebt wird, obwohl viele Jahre vergangen sind, was ebenfalls eine wichtige Rolle gespielt hat. Als ich die Arbeit an Nichijou – Das ganz normale Leben wieder aufnahm, war ich selbst ganz überrascht, wie sehr ich den Manga liebte.
MP: Nichijou – Das ganz normale Leben lebt vom Humor. Wir fragen uns daher: Wie gewinnen Sie Ideen und Inspiration für die einzelnen Kapitel?
Arawi-sensei: Ich setze mich in den Schneidersitz, schließe die Augen und verliere mich ins Grübeln, weil dieses oder jenes nicht passt. Manchmal stelle ich mir etwas im Kopf vor und gestikuliere mit dem Körper oder den Händen, manchmal plaudere ich mit meinem Redakteur und notiere Ideen, die mir dabei einfallen, mit dem Füller Kaweco Special (2 mm) auf ein Blatt Papier oder mit dem Apple Pencil auf mein iPad Pro 2018. Während ich diese grob zusammenstelle, bilde ich einen ungefähren Umriss, den ich wie mit einem Sandpapier verfeinere. Im Großen und Ganzen läuft es so ab.
MP: Inzwischen wird Nichijou – Das ganz normale Leben seit über 15 Jahren veröffentlicht. Wie hat sich Ihre Arbeit an dem Werk über diese Zeit hinweg verändert?
Arawi-sensei: Bei Nichijou – Das ganz normale Leben wurde von Anfang an mit jedem Band anders verfahren, deshalb konnte ich mich freuen, selbst wenn es bei der Arbeit eine zeitliche Lücke gab, und sagen, auch das gehört wohl zum Alltag. Das ist super, nicht wahr?
MP: In Nichijou - Das ganz normale Leben passieren ziemlich viele ungewöhnliche Dinge. Wie kamen Sie darauf, dass der Manga ausgerechnet Nichijou heißen sollte? (Anmerkung der Redaktion: Nichijou bedeutet so viel wie Alltag)
Arawi-sensei: Nichijou (Der Alltag) umfasst alles. Obwohl es ein sehr gewöhnlicher Titel ist, wollte niemand sein Werk so nennen. Also dachte ich: Warum will denn niemand diesen so interessanten Titel benutzen? So ein Glück! In jener Nacht stieß ich, ein Single, das Weinglas mit meiner imaginären Frau an.
MP: Die sympathischen Charaktere tragen viel dazu bei, dass der Manga bei vielen Fans einen starken Eindruck hinterlässt. Gibt es einen Charakter, mit dem Sie sich am meisten identifizieren können und den Sie am liebsten haben?
Arawi-sensei: Wenn es um Charaktere geht, die mir ähnlich sind, dann sind es wohl alle, fürchte ich. Vielleicht bin ich ein Mensch mit sehr vielen Persönlichkeiten. Dass ich mich in der realen Welt anderen Menschen anpasse oder je nach Medium meine Pronomen in der ersten Person wechsle, hängt eventuell auch damit zusammen.
Vor ungefähr zehn Jahren fragte mich jemand, welchen Charakter ich möge, meine Antwort war Sakurai-sensei. Seit ich die Reaktion „Das kann ich mir gut vorstellen“ bekommen habe, habe ich mir vorgenommen, mit „Ich mag alle Charaktere, die ich kreiert habe!“ zu antworten.
MP: Welche Pläne haben Sie in Bezug auf Nichijou – Das ganz normale Leben für die Zukunft?
Arawi-sensei: Ich möchte die Welt bereisen, mit Menschen, die Nichijou – Das ganz normale Leben mögen, in Berührung kommen, Köstlichkeiten sowie Sake verschiedener Regionen genießen, anderen mein Herz ausschütten, Menschen trösten und mich von ihnen trösten lassen, mich betrinken, am nächsten Tag verkatert die Hände über den Kopf zusammenschlagen und einem Spiel des lokalen Fußballteams zuschauen, mich von vertrauten Menschen des Ortes verabschieden, um an einem anderen Ort neue Begegnungen zu machen, dort Landschaftsbilder zeichnen, verkaufen und ein neues Leben beginnen, einen tollen Menschen kennenlernen, mich verlieben, eine Romanze beginnen, in der Schleife zwischen Streit und Versöhnung letztendlich Kinder bekommen, mich dazu zwingen, Manga über die Erziehung meiner Kinder zu zeichnen, um mich in Nichijou – Das ganz normale Leben zu verlieren und daran zu arbeiten. So weit habe ich geplant.
MP: Haben Sie zum Abschluss noch ein paar Worte an Ihre deutschen Fans?
Arawi-sensei: Dass der Manga, den ich in meinem acht Quadratmeter großen Zimmer in Tokyo gezeichnet habe, sogar in Deutschland gelesen wird, hätte ich nicht einmal im Traum gedacht. Selbst heute kann ich es nicht fassen, dass Nichijou – Das ganz normale Leben von Menschen aus verschiedenen Ländern gern gelesen wird. Auf der anderen Seite freue ich mich als großer Bundesliga-Fan sehr. Ich wünsche allen, die das Interview lesen und Nichijou – Das ganz normale Leben mögen, kleines Glück, das keinen Neid erregt.
MP: Vielen Dank für das Interview.