Deutlich besser: „Drowning Into the Night“, Band 02
Seit Anfang September erscheint mit Anna Takamuras Drowning Into the Night ein Omegaverse-Titel im Hamburger TOKYOPOP-Verlag. Zuletzt kritisierten wir den Auftakt der Reihe in unserem Ersteindruck. Nun möchten wir überprüfen, inwiefern sich die Geschichte im weiteren Verlauf entwickelt. Hierfür haben wir mit dem zweiten Band die Fortsetzung jenes Boys-Love-Werkes für euch gelesen. Nachfolgend unsere Eindrücke.
Vorangestellt ist jedoch erneut auf die deutschsprachige Fassung in ihren Eigenschaften zu verweisen. Der Umfang des zweiten Bandes wird mit 192 Seiten angegeben – per se mag dies zutreffend sein, doch ist unbedingt zu erwähnen, dass 24 Seiten lediglich Werbung für andere TOKYOPOP-Manga darstellen. Hinzu kommt das Impressum sowie andere Seiten, die nicht zu dem tatsächlichen Inhalt zuzuordnen sind.
Der Band enthält darüber hinaus keine Farbseiten oder sonstige Beigaben; auch eine haptische Cover-Veredelung ist leider nicht gegeben. Monetär sind für den Erwerb 7,99 Euro (D) zu entrichten. Ob dies unverhältnismäßig erscheint, ist von der Leserschaft individuell zu entscheiden. Wir meinen, dass Drowning Into the Night im Vergleich zu anderen Titeln zu hochpreisig ist.
Vorsicht: Da es sich um die Besprechung zu einem zweiten Band handelt, könnten spoilernde Elemente der Geschichte wiedergegeben werden.
Inhaltsbeschreibung
Die Gesellschaft in Drowning Into the Night unterscheidet nicht nur zwischen dem weiblichen und männlichen Geschlecht, sondern teilt die Menschen zugleich in drei Kategorien ein. An der Spitze stehen dabei die Alphas. Diese sind die führenden Mitglieder der Bevölkerung, gelten als unnahbar und sind auch im beruflichen Sinne überaus erfolgreich. Innerhalb dieser Oberschicht dominiert ein Konkurrenzdenken, das in einem Leistungsdruck resultiert.
Darunter platzieren sich die sogenannten Betas. Das ist jene Klasse von Menschen, die zahlenmäßig am weitesten auf der Welt verbreitet ist. Es ist die breite Masse, die trotz häufiger Benachteiligungen froh ist, keine ganzheitliche Diskriminierung erdulden zu müssen. Die Individuen dieser blicken mit Neid auf die Alphas. Den Abschluss der Hierarchie bilden die sogenannten Omegas, abwertend auch als die Fortpflanzungsmaschinen bezeichnet.
Unabhängig vom Geschlecht sind diese als einzige Mitglieder der Gesellschaft befähigt, Nachkommen zu gebären. Trotz dieser wichtigen Aufgabe sind die Omegas täglich mit Ausgrenzungen und Entwürdigungen aufgrund ihrer Schicht konfrontiert. Um diesen Konsequenzen zu entgehen, präsentierte sich Protagonist Yukishiro zuletzt als aufstrebende Führungskraft eines angesehenen Unternehmens. Dort vermutete bislang niemand, dass er nur vorgibt, ein Alpha-Spross zu sein.
Bislang wusste nur Yukishiros Kindheitsfreund Fuji von der aufgesetzten Scharade. Er ist ein Beta, dessen Empfindungen für den jungen Abteilungsleiter über Freundschaft hinausgehen. Als mit Vizepräsident Hiiragi jedoch ein echter Stammhalter dieser angesehenen Klasse aus Amerika anreist, durchschaut dieser die ihm gebotene Inszenierung augenblicklich.
Dabei drückt Hiiragi zugleich deutlich aus, dass er eine Paarbindung mit dem verdeckten Omega-Mann wünscht. Dies ist eine Art Ritual, dass beide Partner aneinander bindet. Weitere Hintergründe zu dieser Praktik reicht dieser Teil der Geschichte ebenfalls an. Zugleich rücken die Gefühle des Betas Fuji in den Handlungsmittelpunkt. Denn nachdem dieser seine Zuneigung gegenüber Yukishiro ausgedrückt hat, steht dieser nun in der sprichwörtlichen Zwickmühle. Wem der beiden attraktiven Männer wird er nachgeben?
Zeichenstil
Erneut besticht die visuelle Aufbereitung der geschilderten Erlebnisse durch ihre vorzeigbare Güte. Wenngleich keine realitätsnahen Illustrationen zu erwarten sind, ist zu bestätigen, dass Anna Takamura auch in der erklärten Fortsetzung saubere Darstellungen vorlegt. Sowohl die Vorder- als auch Hintergründe sind gut abgebildet. Letztere in ihrer Präsentation allerdings ohne nennenswerte Highlights.
Dagegen brillieren die Zeichnungen durch den Gebrauch fein abgestimmter und zugleich kräftiger Kontrastabstufungen – insbesondere die Szenen mit Beta Fuji verstärken diesen Eindruck unsererseits. Mittels der kostenlosen Leseprobe zu dem Titel kann ein eigener Eindruck generiert werden. In Bezug auf deren Optik ist anzumerken, dass vermutlich eine Art Kopierschutz diese in ihrer Bildqualität vermindert. Selbstverständlich sind die Seiten des käuflich zu erwerbenden Mangas hochauflösend.
Die femininen Charakterdesigns werden im Zuge der extensiven Kohabitationen, dem turbulenten Beischlaf, in besonderer Art und Weise hervorgehoben. Lüsterne wie peinlich berührte Mimik der Figuren ist dahingehend als gegeben zu verstehen. Wie bereits zum Beginn der Geschichte, sind auch diesmal die primären Geschlechtsmerkmale nicht als entblößt dargestellt. Entsprechende Stellen verbleiben auf den jeweiligen Seiten ohne zeichnerische Andeutung oder Ausführung. Eine hautbetonendere Visualisierung würde die erwärmte Stimmung möglicherweise zusätzlich intensivieren.
Storytelling
Erzähltechnisch ist die größte Verbesserung gegenüber dem wenig spektakulären Auftaktband zu bemerken. Inhaltlich finden die drei Hauptfiguren der Geschichte jeweils ausreichende Zuwendung, sodass kein Gefühl der Vernachlässigung eines Charakters entsteht. Zugleich liegt der Fokus auf dem Vizepräsidenten Hiiragi, jenem Alpha, der Yukishiro begehrt, und dessen Vergangenheit.
Dabei wird der Leserschaft gegenüber strukturiert der familiäre Hintergrund erläutert. Die zeitliche Ebene ist hierbei insbesondere auf die Kindheit Hiiragis beschränkt. In Folge wird auf dessen Beziehung zu seiner Mutter verwiesen, deren Person darüber hinaus ein signifikantes Element des dargelegten Verlaufes dieser Fortsetzung ist. Anhand ihr wird so die – benachteiligte – Stellung der Omega-Schicht innerhalb der vorherrschenden Gesellschaft weiterführend aufgezeigt.
Der zweite Band gefällt somit aufgrund der vertiefenden Faktoren – das Setting und die Protagonisten betreffend. Ebenso zahlreich wie die inhaltlich wertvollen Bestandteile der Handlung sind auch die Szenen körperlicher Natur. Hierbei ist jedoch in der Tat zu bestätigen, dass jene Passagen der Atmosphäre des Titels nicht schaden; sie erscheinen beinahe essentiell.
Fazit
Wenngleich der Einstieg in die Geschichte, wie in unserem Ersteindruck dargelegt, nur bedingt zu gefallen wusste, ist nicht davon auszugehen, dass dieser die Qualität der gesamten Reihe korrekt wiedergibt. Unter Kenntnis des vorliegendes Bandes ist dem Boys-Love-Titel dahingehend eine inhaltliche Verbesserung zu bestätigen. Das Niveau der Illustrationen konnte ebenfalls gehalten werden.
Insbesondere das kombinierte Storytelling überzeugte uns, da es Mangaka Anna Takamura gelang, sowohl das Worldbuilding als auch die Figur des Hiiragi gleichzeitig zu vertiefen. Zugleich finden die Emotionen Fujis Raum. Inwiefern dieser zu belobende Kurs der Erzählung fortgesetzt wird, könnte der dritte Band, der in Deutschland bereits am 2. Januar erscheint, offenbaren.
Hinsichtlich der deutschsprachigen Fassung ist erneut kritisch anzumerken, dass innerhalb des Klappentextes die Schichten der Menschen noch als Alpha, Beta beziehungsweise Omega ausschrieben sind. Im Manga-Inneren sind diese Begriffe allerdings durch die griechischen Buchstaben α, β beziehungsweise Ω ersetzt – dies beeinträchtigt unter Umständen den Lesefluss und erscheint insbesondere im Plural ungewohnt.
Um die eine dahingehende Konsistenz innerhalb der Reihe zu wahren, erscheint es dagegen nachvollziehbar, dass man diese Praktik auch in den folgenden Bänden von Drowning Into the Night fortführt. Dennoch sei dieser Umstand ein weiteres Mal aufgezeigt. Für zukünftige Veröffentlichungen sollte dies wie auch die eingangs angesprochene Preisgestaltung ein weiteres Mal überdacht werden.
Wir bedanken uns abschließend beim TOKYOPOP-Verlag für die Unterstützung durch Bereitstellung eines unverbindlichen Belegexemplars.