Review zu Nagabes „Monotone Blue“
Mangaka Nagabe ist hierzulande bereits für Siúil, a Rún – Das fremde Mädchen und Nivawa und Saito bekannt. Mit Monotone Blue hat TOKYOPOP kürzlich ein weiteres Werk des 1993 geborenen Künstlers auf Deutsch herausgegeben. Wir haben uns den betreffenden Boys-Love-Titel genauer angeschaut und berichten im Folgenden von unseren Leseeindrücken.
Der rund 230 Seiten starke Einzelband ist offiziell seit Anfang Februar im Handel erhältlich. Zum Preis von 14,00 € wird eine Aufmachung als großformatige Klappenbroschur geboten. Alternativ ist bei allen gängigen Stores eine E-Book-Ausgabe erhältlich, diese kostet 9,99 €. Farbseiten oder andere etwaige Extras sind nicht zu erwarten.
Inhaltsbeschreibung
Im Laufe der Evolution haben Tiere ihren Gang aufgerichtet und an Intellekt gewonnen. Das hat den Grundstein für eine eigene Zivilisation gelegt, wie sie von der Menschheit – die in Monotone Blue unerwähnt bleibt – heute bekannt ist. Zu dieser geregelten Lebenswelt gehört unter anderem der Schulbesuch. Kater Hachi empfindet das tägliche Pauken als Qual, sein eintöniger Alltag langweilt ihn.
Das ändert sich jedoch, als ein ganz besonderer Klassenkamerad der Gemeinschaft hinzustößt. Aoi, ein Eidechsenjunge, hat aufgrund gewisser Umstände die Schule wechseln müssen. Als einziges Reptil in der Gegend steht der Jugendliche sofort im Zentrum der Aufmerksamkeit. Alle Säugetiere scharren sich um den Neuzugang. Lediglich Hachi zeigt sich unbeeindruckt – bis er nach Schulschluss zufällig seinen Eidechsenschwanz zu Gesicht bekommt.
Aois Körper ist überwiegend schlicht gefärbt, nur der Schweif strahlt in einem kräftigen Blau. Während Hachi von der Farbe ganz fasziniert ist, möchte der Eidechsenjunge weitere Reaktionen auf seinen Schwanz um jeden Preis verhindern. Daher lässt er sich auf ein Versprechen mit dem Kater ein: Solange Hachi nach Unterrichtsende das für ihn wunderschöne Blau sehen darf, bewahrt er Stillschweigen. So kommt es, dass sich die beiden einander annähern. Obwohl der schüchterne Aoi die Gesellschaft genießt, bereitet ihm eine Sache Sorgen …
Zeichenstil
Fans von Siúil, a Rún – Das fremde Mädchen dürften dennoch das Handwerk von Nagabe erkennen. Insbesondere die dünne Linienführung ist typisch für den Mangaka. Ein weiteres Erkennungszeichen ist die fein ausgearbeitete Mimik, die den unterschiedlichen Figuren ein Gefühl von Lebendigkeit verleiht.
Schwarze Flächen und mit Rasterfolien bearbeitete Flächen schaffen zudem die nötigen Kontraste – auch im Hintergrund. Die Seitenaufteilung wirkt beim groben Durchblättern recht unspektakulär, beim genaueren Hinsehen sind aber regelmäßige Ausbrüche aus der starren Panelanordnung, und damit gelungene Abwechslung, zu erkennen. Schade ist, dass Aois Schweif nicht wie bei The Gender of Mona Lisa mit Farbelementen hervorgehoben wurde. Immerhin wurde zumindest auf dem Coverdesign von dieser Möglichkeit Gebrauch gemacht.
Für alle Interessierten stellt Verlag TOKYOPOP eine kostenlose Online-Leseprobe zur Verfügung. Diese umfasst mit rund 25 Seiten das gesamte erste Kapitel. Darüber hinaus ist es in aller Regel möglich, im Handel vor Ort reinzublättern. Monotone Blue wird ab 15 Jahren empfohlen und ist dementsprechend nicht eingeschweißt.
Fazit
Wenngleich das Coverdesign zunächst einen Special-Interest-Titel vermuten lässt, gestaltet sich die eigentliche Geschichte als überraschend nahbar. Die Thematik um Vertrauen und das Anderssein in einer nahezu homogenen Gesellschaft ist in ähnlicher Form von anderen Werken bekannt, Homosexualität selbst wird schließlich mitunter schon als Abweichung von der Norm porträtiert.
Das Setting um die Tiermenschen fügt dem Ganzen vor allem optisch einen eigenen Akzent hinzu. Gleichwohl sind auch inhaltliche Querverweise auf die Natur der Protagonisten gezogen, die im Kern zwar primär den Konflikt unterfüttern, jedoch im Gesamtbild gut harmonieren. Im Verlauf wird so beispielsweise auf die Unterscheidung von Kalt- und Warmblütern eingegangen.
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Erzähltechnisch greifen die verschiedenen Elemente gut ineinander. Entsprechend schade ist, dass das Ganze nach elf Kapiteln bereits abgeschlossen ist. Das Ende des Einzelbandes ist dabei relativ offen gehalten. Inwiefern das vorhandene Anschlusspotenzial gegebenenfalls in der Zukunft ausgeschöpft wird, ist nicht abzusehen. Für den Moment ist zumindest keine Fortsetzung angekündigt – leider.
Mangaka Nagabe hat mit Monotone Blue ein weiteres Mal bewiesen, dass sich Mainstream und (vermutete) Nische mitunter gut zusammenbringen lassen. Unserer Einschätzung nach ist der Titel für ein breites Publikum empfehlenswert. Folglich sollte hier allerdings kein Produkt der Avantgarde erwartet werden. Trotz der erklärten Furry-Einflüsse wirkt die Handlung auf uns insgesamt wenig außergewöhnlich. Das ist, je nach eigener Erwartungshaltung und den individuellen Ansprüchen, Fluch und Segen zugleich.
TOKYOPOP Deutschland hat diesen Artikel freundlicherweise mit einem entsprechenden Belegexemplar unterstützt.