Sauberer Auftakt: „Ein Kuss reinen Herzens“, Band 01
Shoujo-Mangaka Marina Umezawa feierte vor Kurzem ihr Deutschland-Comeback. Denn seit Anfang November ist mit Ein Kuss reinen Herzens ein neuer Titel der japanischen Künstlerin beim hiesigen TOKYOPOP-Verlag gestartet. Unsere Redaktion hat den Auftakt für euch gelesen und berichtet nachfolgend über diesen.
Der vor wenigen Wochen erschienene Band ist der erste Teil der benannten Dilogie. Bei dem vorliegenden Werk handelt es sich somit um eine kurze Reihe. Der Hamburger Herausgeber der deutschsprachigen Fassung bewirbt diese dabei mit einer ShoCo Card in der Erstauflage des Buches. Im TOKYOPOP-Webshop sowie bei teilnehmenden Händlern ist zudem eine Postkarte mit einem Motiv der Serie verfügbar.
Zu dem standardmäßigen Preis von 6,99 Euro (D) wird der Leserschaft ein Umfang von ungefähr 190 Seiten geboten – diese sind dabei zum größten Teil von der Geschichte des Mangas gefüllt. Farbseiten sind – wie bei Titeln von Frau Umezawa gewohnt – nicht enthalten. Ein prägnantes Nachwort der professionellen Autorin und Zeichnerin, in welchem sie über ihren Arbeitsablauf berichtet, hängt dem Geschehen an.
Handlung
In Zeiten einer weltweit anhaltenden Pandemie ist die Furcht vor jeglicher Art an Keimen sicherlich berechtigt. Doch obwohl Protagonistin Mirei in einem Japan ohne derartige Zustände lebt, hat auch sie große Angst vor allen möglichen Ansteckungsgefahren. Sie leidet unter Mysophobie, einer überhöhten Sensibilität gegenüber Schmutz. Entsprechend scheut sie soziale Kontakte, welche für sie eine potenzielle Quelle der Infektion sind.
Bereits in der Mittelschule wurde sie aufgrund dessen mit zahlreichen unangenehmen Situationen konfrontiert, die sich auch in der Oberstufe weiter fortzusetzen scheinen. Zu Beginn der Geschichte weist sie aufgrund einer unerwarteten Berührung eines Jungen dessen aufrichtiges Liebesgeständnis mit einem Schlag ihrer Schultasche ab. Ebenso harsch reagiert sie, wenn ihre Klassengemeinschaft mit ihr zu interagieren versucht. Selbst das Ausleihen eines Stiftes stellt für die junge Mirei eine unüberwindbare Hürde dar.
Ebenso unangenehm ist ihr der routinemäßige Sitzplatzwechsel. Als mit Jun ein dunkelhaariger Junge neben ihr Platz findet, ist Mirei davon zunächst wenig verzückt – zum Entsetzen ihrer Mitschülerinnen, welche den attraktiven Fußballer geradezu anhimmeln. Diese Begeisterung kann sie nicht nachvollziehen, denn ihr erscheint der Junge viel zu aufdringlich. Doch als er sich für ein Spezialtraining zur Beseitigung ihrer Krankheit anbietet, kann sie nicht ablehnen …
Der Auftakt wirft somit eine bestens bekannte Prämisse auf, welche der begeisterten Leserschaft von Shoujo-Manga sicherlich nicht unbekannt sein wird. Dennoch gefällt der Inhalt in seiner Aufarbeitung. Wenngleich die Phobie vor Unreinheiten zentraler Bestandteil der Geschichte ist, sollte allerdings kein Fokus auf diese erwartet werden. Die Annäherung beider Hauptfiguren stellt die Leitlinie des vorliegenden Werkes dar.
Zeichenstil
Nicht nur seitens der Handlung sind die Shoujo-Vibes von Ein Kuss reinen Herzens unmittelbar zu erfassen, sondern auch die Illustrationen Umezawas werfen ein vertrautes Bild auf – wortwörtlich. Sowohl die großen, runden Augen als auch die modisch gekleideten und attraktiven Hauptfiguren vermitteln eine sanfte Atmosphäre, die von Romance-Titeln dieser Art bekannt ist.
Die Hintergrundgestaltung ist zumeist simpel gehalten. Die gesamte Aufmerksamkeit der Leserschaft wird somit in den Vordergrund des Geschehens verlagert. Die Zeichnungen gefallen dabei vor allem aufgrund ihrer Größe und sauberen Linienführung. Kontrastabstufungen wie Glanzeffekte bereichern die Optik darüber hinaus effektiv. Reichlicher Gebrauch von Rasterfolie ist gegeben – das fällt beim Lesen auf.
Die dynamische Panelaufteilung trägt zu einem strukturierten wie schnelllebigen Lesefluss der Geschichte um Mirei und Jun bei. Besonderes Highlight sind zudem die mehr als ansehnlichen Titelseiten der einzelnen Kapitel, welche jeweils ein sich über die ganze Seite erstreckendes Motiv abbilden. Der liebliche Stil der Mangaka besitzt Wiedererkennungswert.
Die kostenlose Leseprobe, über welche wir in der Vergangenheit an dieser Stelle berichteten, umfasst 44 Seiten und verschafft somit einen großzügigen Einblick in den Manga. Allerdings ist unbedingt darauf hinzuweisen, dass auf der Preview eine Art Kopierschutz liegt, welcher zugleich die Bildqualität entschieden vermindert. Das Innere der gedruckten Fassung ist selbstverständlich hochauflösend.
Storytelling
Der zuvor erklärte Eindruck setzt sich auch innerhalb der Erzählweise weiter fort. Die Autorin präsentiert mit Mirei zwar eine vergleichsweise selbstbewusste Protagonistin, doch benötigte auch diese zur Bewältigung des aufgeworfenen Konflikts männliche Unterstützung. Die stereotypische Besetzung dieser Position durch den begehrenswertesten Jungen ist hierbei zwar nicht innovativ, aber lädt zum Eintauchen in eine Welt abseits der aktuellen Realität ein.
Das Konzept der Mysophobie findet weniger Beachtung. Innerhalb der bisher vorliegenden Handlung sind die Gefühle Juns jener Aspekt, auf welchem das Hauptaugenmerk der Geschichte liegt. Aufgrund seiner Sympathie zu Mirei ist er entschlossen, ihr zu helfen. Mit einem weiteren Schüler aus dem Fußball-Club, mit welchem die Protagonistin aus früheren Zeiten bekannt ist, könnte Potenzial für weitere Spannung geboten sein – wenngleich eine gewisse Entwicklung der Umstände natürlich zu vermuten ist …
Fazit
Bereits der Auftakt von Ein Kuss reinen Herzens vermittelt, dass es sich bei dem neuen Werk von Marina Umezawa um eine recht klassische Geschichte handelt, deren Vorgänge dabei erneut um ein weniger vertrautes Konzept herum errichtet sind. Während diese Vorgehensweise in ihrer Trilogie Spüre meinen Herzschlag durch den Bezug zur Gehörlosigkeit realisiert wurde, ist hierbei die Mysophobie als handlungstechnischer Faktor gegeben.
Wie zuvor erklärt, findet das Krankheitsbild jedoch nur oberflächliche Behandlung. Stattdessen ist der Schwerpunkt auf der Liebesgeschichte zwischen dem allseits beliebten Jungen, Jun aus dem Fußball-Club, und dem bislang ausgeschlossenen Mädchen, Mirei, gesetzt. Jenes wohlbekannte Setting findet zeichnerisch eine entsprechende Umsetzung, welche gefällt.
Der Manga ist dabei jener Leserschaft zu empfehlen, welche nach einer einfachen, romantischen Erzählung sucht, die beim Lesen entspannt. Mit dem angedeuteten Konflikt ist zudem ein gewisses Maß an Spannung geboten, welcher sicherlich in der Fortsetzung weiterführend aufgegriffen wird. Insgesamt ein kurzweiliges Vergnügen, in das Interessierte hineinschauen sollten. Die beigelegte ShoCo Card ist hierfür ein materieller Anreiz – der jedoch nur der begrenzt verfügbaren Erstauflage vorbehalten ist.
Abschließend bedanken wir uns bei TOKYOPOP für die unverbindliche Zusendung eines Belegexemplars, das diese Besprechung ermöglicht.