Interview mit Koume Fujichika – Mangaka von „The Girl I Like Forgot Her Glasses“
Passend zur Anime-Ausstrahlung und der Veröffentlichung vom The Girl I Like Forgot Her Glasses-Manga in Deutschland durften wir ein Interview mit Mangaka Koume Fujichika führen. Neben der Entstehung des Werkes waren unter anderem der Wechsel von Twitter zur Magazin-Veröffentlichung sowie der Zeitplan von Fujichika-sensei Thema.
Wir möchten uns sowohl bei Dokico für die Gelegenheit als auch bei dem japanischen Verlag Square Enix, der das Interview genehmigt hat, herzlich bedanken. Unser großer Dank für die Beantwortung der Fragen und die damit verbundene Zeit gilt zudem auch Mangaka Koume Fujichika selbst. Nachfolgend werden wir Koume Fujichika mit Fujichika-sensei und uns selbst mit MP abkürzen.
MP: Hallo Fujichika-sensei und vielen Dank, dass Sie sich die Zeit für ein Interview mit uns nehmen.
Fujichika-sensei: Vielen Dank auch! Es freut mich!
MP: Würden Sie uns zu Beginn erzählen, wie sich Ihre Anfänge in der Industrie gestaltet haben? War es schon immer Ihr Traum, Mangaka zu werden?
Fujichika-sensei: Ich hatte schon als Kind immer vage darüber nachgedacht, Mangaka zu werden, obwohl ich auch andere Träume hatte. Meine anderen Träume waren, ein Idol oder ein Model zu werden, aber das wurde auch von den Manga beeinflusst, die ich damals las. Letztendlich denke ich, dass ich Manga schon immer geliebt habe. Selbst an der Oberschule dachte ich noch, dass es schön wäre, wenn ich einen Job bekommen könnte, bei dem ich zeichnen kann. Dann wurde ich bei einem Event namens Manga Koshien*, an dem ich als Oberschülerin teilnahm, von einem Verlag gescoutet. Das war der Auslöser dafür, dass mir klar wurde: „Ich will Mangaka werden!“
*Manga Koshien ist ein nationaler Manga-Wettbewerb unter Oberschülern in ganz Japan, bei dem in Teams gegeneinander angetreten wird.
MP: Inzwischen findet Ihre Serie The Girl I Like Forgot Her Glasses bei Fans auf der ganzen Welt großen Anklang. Haben Sie, als Sie auf Twitter mit der Reihe anfingen, je mit einer solch großen und positiven Resonanz gerechnet? Hatten Sie sich zu Beginn der Twitter-Veröffentlichung ein persönliches Ziel gesetzt, wo Sie mit Ihrem Werk hinmöchten?
Fujichika-sensei: Als ich es zum ersten Mal auf Twitter gepostet habe, war ich zuversichtlich, dass es vielleicht süß sein könnte, aber ich hatte nicht erwartet, dass ich so viel Resonanz erhalten würde. Es war eine spontan gezeichnete Geschichte, die ich auf Twitter gepostet habe, und ich dachte, es würde eine einmalige Sache sein, also hatte ich keine Ziele. Ich bin sehr dankbar und tief bewegt, dass es so populär wurde.
MP: Wären Sie so freundlich, uns zu erklären, wie es damals zu der Magazin-Veröffentlichung gekommen ist? Inwiefern haben sich beim Wechsel von Twitter zu Gangan Joker Veränderungen bei Ihrer Arbeitsweise ergeben?
Fujichika-sensei: Zu der Zeit, als ich es auf Twitter postete, strebte ich gerade eine Fortsetzungsgeschichte bei Gangan Joker an, und dann wurde ich gefragt, ob ich nicht diesen Manga als Reihe machen möchte. Die Änderung, die mit dem Wechsel einherging, bestand darin, dass ich die Designs von Komura-kun und Mie-san etwas ausgefeilter gestaltet habe, auf Twitter waren sie wirklich nur Kritzeleien. Vor allem Komura-kuns emotionales Design wurde gefestigt, da ich das Gefühl hatte, ihn am Anfang ohne nachzudenken gezeichnet zu haben. Allerdings hat sich das Design im Laufe der Reihe ziemlich verändert … Am Anfang wanderte Komura-kuns Scheitel herum, aber jetzt ist er eindeutig auf der linken Seite.
MP: Wie kamen Sie damals auf die Idee rund um die Geschichte von Mie-san und Komura-kun? Haben Sie für beide Charaktere Vorbilder?
Fujichika-sensei: Bevor ich anfing, Sukimega zu zeichnen, habe ich keine Brille getragen. Ich lernte aus Werbespots und den Anime, die ich damals sah, dass Menschen mit schlechtem Sehvermögen manchmal einen grimmigen Gesichtsausdruck haben, wenn sie keine Sehhilfe tragen. Ich dachte: „Eine RomCom mit einem Mädchen, das diesen grimmigen Gesichtsausdruck macht und sein Gesicht nah heranhält, weil es die andere Person nicht gut genug sehen kann, wäre doch süß?“ Das führte zu einem vierseitigen Manga, den ich auf Twitter gepostet habe, und daraus wurde eine Reihe. Ich habe keine klaren Vorbilder für Mie-san und Komura-kun, aber wenn man so will, würde ich sagen, dass ich selbst das Vorbild bin. Zum Beispiel Komura-kuns geringes Selbstwertgefühl oder Mie-sans leicht verpeilter Charakter, das sind Elemente, die ich teilweise von mir selbst genommen habe.
*Sukimega ist die gängige Abkürzung von The Girl I Like Forgot Her Glasses. Sie setzt sich aus den ersten Silben des japanischen Originaltitels Sukinakoga Megane wo Wasureta zusammen.
MP: Mie-sans Brille und das Sehen sind zentrale Bestandteile von The Girl I Like Forgot Her Glasses. Wieso haben Sie sich gerade für diese beiden Motive entschieden? Woher nehmen Sie die Inspiration für neue Kapitel rund um Mie-san und Komura-kun?
Fujichika-sensei: Bezüglich der Motive habe ich bereits in der vorherigen Frage geantwortet, ich habe sie nicht direkt ausgewählt. Vielmehr habe ich mit den Motiven der Brille und der Sehkraft begonnen und dann die Geschichte und die Figuren entwickelt. Im Grunde überlege ich mir die Geschichten wie folgt: Ich möchte, dass Mie-san und Komura-kun so etwas tun. Welche Art von Geschichte kann ich also erzählen, um sie dazu zu bringen, das zu tun? Manchmal lasse ich mich von Filmen, Manga und anderen Medien inspirieren, manchmal kommt mir aber auch ein Geistesblitz aus dem Alltag. Zum Beispiel kam mir die Idee für die erste Geschichte in Band 10, als ich frühmorgens in einen Convenience Store ging, nachdem ich die ganze Nacht Squid Game geschaut hatte.
MP: Herzlichen Glückwunsch zur Anime-Adaption von The Girl I Like Forgot Her Glasses. Wir freuen uns schon sehr auf die Ausstrahlung. Gibt es eine spezielle Szene, bei der Sie sich persönlich bereits freuen, diese in animierter Form zu sehen?
Fujichika-sensei: Vielen Dank. Ich habe mich auf vieles gefreut, wie beispielsweise die Szene, in der sie nach der Schule lernen, die Reckszene, die Szene mit den Spielgeräten im Park und viele mehr. Ich habe mich darauf gefreut, Mie-san und Komura-kun in allen Szenen sprechen und sich bewegen zu sehen. Ich habe bereits alle Episoden gesehen, und es ist wirklich ein wundervoller Anime geworden. Ich kann sie allen deutschen Fans nur wärmstens empfehlen.
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MP: Wie sieht ein typischer Arbeitstag bei Ihnen aus? Gibt es ein spezielles Ritual, dem Sie nachgehen? Immerhin meistern Sie drei Serien parallel.
Fujichika-sensei: Ich habe Verschiedenes für meinen Alltag ausprobiert, aber ich habe mich noch nicht auf etwas festgelegt. Ich lege jeden Monat einen Zeitplan fest, aber dieser gerät in der Regel durcheinander. Deshalb habe ich die Einstellung, einfach zu zeichnen, wann immer ich zeichnen kann …! Ich versuche, auch wenn es spät wird, vor 4 Uhr ins Bett zu gehen. Denn wenn ich erst nach 4 Uhr morgens ins Bett gehe, bin ich am nächsten Tag nicht in der Lage, etwas zu tun … Außerdem schlafe ich mindestens sechs Stunden. Wenn ich weniger Schlaf bekomme, kann ich nicht mehr klar denken. Das ist aber nur in kritischen Phasen der Fall. Normalerweise versuche ich acht Stunden zu schlafen. Ich weiß nicht, ob man das als Ritual bezeichnen kann, aber ich trinke während der Arbeit fast immer einen Caffè Latte. Jetzt sind zwei meiner drei Reihen abgeschlossen und ich habe nur noch eine, sodass ich dazu neige, mich zu sehr gehen zu lassen und mich zu viel auszuruhen. Ich bin nicht so gut im Zeitmanagement.
MP: Ihre Zeichnungen fangen die verliebte und verträumte Stimmung von The Girl I Like Forgot Her Glasses hervorragend ein und verstärken diese sogar. Wie haben Sie Ihren Stil gefunden? Haben Sie für angehende Künstler einen Tipp?
Fujichika-sensei: Vielen Dank. Ich weiß nicht, warum ich zu diesem Stil gekommen bin, aber ich habe mich schon immer zu leicht deformierten Stilen hingezogen gefühlt. Ich denke, mein eigener Stil spiegelt diese Vorliebe wider. Zudem zeichne ich gerne Licht und Schatten, und ich würde mich freuen, wenn das zu der verträumten Stimmung führt. Ich würde mir wünschen, dass angehende Mangaka Bilder zeichnen, die ihrem eigenen Geschmack entsprechen. Ich denke, dass dies auf natürliche Weise zu ihrem eigenen Stil führen wird und sie auch motiviert.
MP: Tragen Sie selbst eigentlich auch eine Brille – und wenn ja, verlegen Sie diese genauso so häufig wie Mie-san? *lach*
Fujichika-sensei: Ich habe es bereits bei einer vorherigen Frage gesagt, ich trug damals, als ich mit dem Zeichnen von Sukimega anfing, noch keine Brille. Etwa zwei oder drei Jahre, nachdem ich mit dem Zeichnen von Sukimega begonnen hatte, bemerkte ich, wie sich meine Sehkraft verschlechterte und begann, eine Brille zu tragen. Mit dem bloßen Auge war es schwierig, in die Ferne zu sehen und so ertappte ich mich dabei, wie ich selbst ein grimmiges Gesicht machte, während ich versuchte, in die Ferne zu sehen. Ich wusste, dass das so ist, aber als ich es selbst aus erster Hand erlebt habe, war ich überrascht: „So ist das also …!“ Ich vergesse meine Brille verhältnismäßig oft. Ich ärgere mich, wenn ich zum Beispiel spazieren gehe und die Landschaft nicht richtig sehen kann.
MP: Haben Sie zum Abschluss noch ein paar Worte für Ihre deutschsprachigen Fans?
Fujichika-sensei: Ich bin sehr, sehr glücklich, dass Ihr bis ins weit entfernt über dem Meer gelegene Deutschland Spaß an The Girl I Like Forgot Her Glasses habt. Ich hoffe, Ihr werdet auch weiterhin die japanischen Mittelschüler Komura-kun und Mie-san unterstützen. Ich möchte eines Tages nach Deutschland reisen und leckere Würstchen essen. Außerdem möchte ich Schlösser besichtigen.
MP: Vielen Dank für das Interview, Fujichika-sensei. Wir freuen uns schon darauf, zu erfahren, wie die Geschichte von Mie-san und Komura-kun weitergeht.
Fujichika-sensei: Gern geschehen, vielen Dank! Bitte unterstützt Mie-san und Komura-kun auch weiterhin.