Review zu Inio Asanos „Heroes“
Mit Heroes hat der Hamburger Verlag TOKYOPOP zuletzt ein weiteres Werk von Inio Asano auf Deutsch verlegt. Wir haben uns dieses genauer angeschaut und berichten hier von unseren Leseeindrücken. Der 1980 geborene Mangaka ist für Arbeiten wie Gute Nacht, Punpun, Dead Dead Demon's Dededede Destruction und Solanin bekannt.
Besagter Einzelband ist hierzulande offiziell seit Anfang August im Handel. Zum Preis von 16,00 € werden rund 180 Seiten als Softcover-Großformat in Vollfarbe geboten, gedruckt auf mattes Papier. Das Frontcover und der Buchrücken sind dezent mit Spotlack veredelt. Alternativ steht auch eine E-Book-Version für 5,99 € zur Auswahl.
Inhaltsbeschreibung
Im Mittelpunkt der Geschichte steht eine scheinbar bunt zusammengewürfelte Heldengruppe, die gerade eine Reihe mächtiger Feinde geschlagen hat. Auf dem Weg zurück in die Königliche Hauptstadt muss die Truppe einen Wald durchqueren. Genau das gestaltet sich allerdings als schwierig, denn das dortige Miasma bringt Dunkelheit hervor. Egal, wie tief verborgen, früher oder später tritt die unangenehme Seite einer jeden Person ans Tageslicht.
Bereits wenige Worte reichen manchmal aus, um Kameradschaft in Feindseligkeit zu verwandeln. Vom hart erkämpften Frieden ist schnell nur noch wenig zu spüren, Hinterlist und Selbstwahrnehmung bestimmen zunehmend das Handeln und Reden. Nach und nach werden die Gruppenmitglieder von der in ihrem Herzen liegenden Finsternis verschlungen – mit katastrophalen Folgen.
Die Heroes verlieren nicht nur ihren Zusammenhalt, sondern auch ihre Existenz. Auf dem Streben nach selbstproklamierter Gerechtigkeit wird ihnen allen vor Augen geführt, dass die Dunkelheit stets ein Teil von jedem Dasein ist. In jedem Individuum stecken also Licht und Schatten, Held und Monster zugleich …
Visualisierung
Mit Heroes legt Inio Asano einen vollfarbigen Titel vor, nur ein einziges Panel ist – bewusst – schwarz-weiß. Warum sich für eine kolorierte Veröffentlichung entschieden wurde, ist aus dem Werk heraus nicht unmittelbar abzuleiten. Ebenso unterliegt es lediglich Vermutungen, warum insbesondere Rottöne zur Farbgebung genutzt wurden. Typisches Erkennungsmerkmal von dem Mangaka ist das rundliche Gesicht mit den betonten Wangen der Figuren.
Während die Hintergründe naturgetreu und detailliert ausgestaltet sind, ist beim Seitenaufbau keinerlei Spannung zu erleben. Weder Größe noch Form der Panels stechen aus den bekannten Mustern heraus. Bedingt durch den vergleichsweise hohen Textanteil, der den geringen Umfang von rund zwanzig Seiten pro Kapitel nicht zu kompensieren weiß, hakt außerdem die Dynamik.
Der Manga ist standardmäßig nicht eingeschweißt. Wer mit dem Zeichenstil bislang nicht in Berührung gekommen ist oder einen Eindruck von der Umsetzung in Vollfarbe gewinnen möchte, kann im Handel vor Ort behutsam reinblättern. Zusätzlich stellt der Hamburger Herausgeber eine kostenlose Online-Leseprobe zur Verfügung. Diese umfasst das gesamte erste Kapitel.
Fazit
Obwohl Heroes im ersten Moment ein Fantasy-Setting zugrunde liegt, verzichtet Inio Asano nicht auf Realitätsbezug – ganz im Gegenteil: Vom ersten Kapitel an wird eine Kritik an der modernen Gesellschaft aufgebaut. Innerhalb der eigentlichen Geschichte ist nur wenig Interessantes zu erwarten, es geht vielmehr um das Meta-Verständnis des Ganzen. Der Mangaka rückt, ohne es explizit anzusprechen, soziale Medien und ihre Nutzerschaft in den Mittelpunkt.
Die verschiedenen Hauptfiguren mit ihren kuriosen Erscheinungsbildern sind dabei Avataren beziehungsweise Profilen der virtuellen Welt nachempfunden, der gemeinsame Weg symbolisiert beispielhaft eine Art Kommentarbereich. Bei den thematisierten Inhalten ist oberflächlich betrachtet zwar eine große Bandbreite abgedeckt, der Kern der verschiedenen Szenarien ist aber identisch. Entsprechend eintönig gestaltet sich der Verlauf. Erst Richtung Ende kommt es zu einem Bruch mit dieser Monotonie, dennoch fällt das Finale seltsam unbefriedigend aus.
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Unserem Empfinden nach fehlt der Erzählung an einer gewissen Raffinesse. Dem Publikum einfach nur einen Spiegel vorhalten, ist in diesem Fall, entsprechende Medienkompetenz vorausgesetzt, keine Bereicherung. Die behandelten Problematiken sind weitreichend bekannt. Wir vermissen Lösungsansätze, die den längst bekannten Diskurs rund um Egotrips und Inzivilität hinter dem Schleier der digitalen Anonymität voranzubringen vermögen. Zudem ist das Storytelling unnötig konfus.
Gestalterisch ist der Stil vom Gute Nacht, Punpun-Zeichner vor allem in den Charakterdesigns zu erkennen. Die (nahezu) vollfarbige Aufmachung ist eine nette Abwechslung, wenngleich keine Notwendigkeit dafür zu erkennen ist. In Anbetracht der höheren Produktionskosten und der Nischen-Wahrnehmung erscheint uns der Preis von 16,00 € für die Printfassung beziehungsweise 5,99 € für die E-Book-Variante gerechtfertigt. Wir empfehlen den Einzelband jedoch primär den Hardcore-Inio-Asano-Fans, die jede seiner Arbeiten in ihrer Sammlung möchten.
TOKYOPOP Deutschland hat diesen Artikel freundlicherweise mit einem Belegexemplar unterstützt.