Kritik an Seven Seas Entertainment – US-Herausgeber gegen Gewerkschaftsgründung
Der US-amerikanische Herausgeber Seven Seas Entertainment steht aktuell in der Kritik. Wir fassen euch diesbezüglich die wichtigsten Details zusammen.
Bekanntermaßen boomt der Manga-Markt – nicht nur in Deutschland, sondern auch und vor allem in den Vereinigten Staaten. Laut Angaben von NPD BookScan haben sich in den USA 2021 24,4 Millionen Manga verkauft, das entspricht einem Anstieg von 160 % im Vergleich zum vorangegangenen Jahr 2020, das in Folge der Pandemie ebenfalls sehr erfolgreich verlief.
Seven Seas Entertainment hat von dieser Entwicklung stark profitiert. Während 2018 noch zehn Mitarbeiter:innen bei dem Verlag beschäftigt waren, habe der in Los Angeles ansässige Verlag inzwischen 40 festangestellte Kräfte. Obwohl der Umsatz in den letzten Jahren merklich gestiegen ist, seien die Arbeitsbedingungen noch immer katastrophal, berichten Betroffene.
Um eine Verbesserung der Umstände zu erreichen, möchten einige Mitarbeiter:innen nun eine Gewerkschaft gründen. Unter dem Namen „United Workers of Seven Seas“ hat sich bereits ein entsprechender Zusammenschluss geformt. Gefordert werden unter anderem eine Krankenversicherung, bezahlter Urlaub und Rentenleistungen. Außerdem sollen mit der Initiative höhere Löhne verhandelt werden. Eine Liste mit allen Forderungen ist am Ende dieses Artikels zu finden.
Der Herausgeber hat in einem Statement gegenüber dem AnimeNewsNetwork bekanntgegeben, die Gründung einer Gewerkschaft nicht freiwillig anzuerkennen. Die United Workers of Seven Seas strebt nun eine Wahl bei dem National Labor Relations Board an. Dabei handelt es sich um eine unabhängige Behörde der US-Bundesregierung, die für die Durchsetzung des Arbeitsrechts in Bezug auf Tarifverhandlungen und unzulässige Arbeitsbedingungen zuständig ist.
Um die eigenen Interessen zu vertreten, hat Seven Seas Publishing inzwischen Ogletree Deakins eingeschaltet – die Anwaltskanzlei mit Fokus auf Arbeitsrecht ist bekannt, hart gegen Gewerkschaftsgründungen vorzugehen. Die weiteren Entwicklungen bleiben abzuwarten. United Workers of Seven Seas ruft dazu auf, den US-Verlag sachlich auf die Lage anzusprechen. Einen Aufruf zu einem Boykott gibt es gegenwärtig nicht, man sei weiterhin an einer einvernehmlichen Lösung interessiert, heißt es.
Statement von Seven Seas Entertainment
Wir freuen uns, dass wir die Möglichkeit haben, unseren Standpunkt zu den Bemühungen um eine gewerkschaftliche Vertretung bei Seven Seas Entertainment darzulegen.
Wir respektieren das Recht unserer Belegschaft, sich für oder gegen eine gewerkschaftliche Vertretung zu entscheiden. Obwohl wir von einer Reihe von Beschäftigten aufgefordert wurden, die [Communications Workers of America] freiwillig als ihren gesetzlichen Vertreter anzuerkennen – ohne [eine vom National Labor Relations Board] durchgeführte Wahl – haben wir beschlossen, das Recht aller berechtigten Arbeitnehmer:innen respektierend, über diese Frage abzustimmen. Da eine gewerkschaftliche Organisierung mehr Mitarbeiter:innen betreffen würde als diejenigen, die sich bereits gemeldet haben, wird eine Wahl sicherstellen, dass alle die Möglichkeit haben, sich über ihre Rechte und die Einzelheiten dieses Prozesses zu informieren, bevor sie ihre Stimme in einem geregelten Verfahren abgeben.
Wir haben [dem National Labor Relations Board] mitgeteilt, dass wir bereit sind, eine Wahl unter einer angemessenen Gruppe von Mitarbeiter:innen durchzuführen, und wir werden uns selbstverständlich an das Ergebnis der Wahl halten.
Forderungen der United Workers of Seven Seas
- Krankenversicherung, bezahlter Urlaub und Rentenleistungen
Seven Seas bietet derzeit keine Sozialleistungen an. Neuangestellten wird seit einem Jahr gesagt, dass Sozialleistungen unmittelbar bevorstehen und wir fordern, dass diese so schnell wie möglich eingeführt werden.
Krankenversicherung, Rentenleistungen und bezahlter Urlaub aus familiären Gründen – einschließlich Elternurlaub, Familienkrisen und Trauerfall – müssen allen Mitarbeiter:innen von Seven Seas Entertainment zur Verfügung gestellt werden. Für Beschäftigte, die nicht in den USA arbeiten, muss ein Zuschuss gewährt werden, damit sie in eine persönliche Krankenversicherung investieren können.
- Bezahlte Auszeiten, Urlaub und Feiertage
Seven Seas hat derzeit keine Politik bezüglich bezahlter Auszeiten. Von den Beschäftigten wird erwartet, dass sie jederzeit im virtuellen Büro zur Verfügung stehen oder zusätzliche Stunden arbeiten, um Krankheits- und Urlaubszeiten auszugleichen.
Wir benötigen Urlaubs- und Krankheitszeiten, bezahlte Urlaubstage an gesetzlichen Feiertagen, bezahlte Weihnachtsferien und Urlaubstage während der regulären Schließzeiten von Druckereien.
- Höhere Löhne & Transparenz bei den Erhöhungen
Die Löhne müssen unverzüglich auf einen fairen Industriestandard angehoben werden, der der Rolle und der Erfahrung aller Beschäftigten entspricht. Die Lebenshaltungskosten müssen jährlich angehoben werden, als Anerkennung für gute Arbeit sind Leistungssteigerungen vorzusehen.
- Angemessene Arbeitsbelastung, kein Zeitdruck mehr
Viele Beschäftigte sind aufgrund hoher Arbeitsbelastung und mangelnder Unterstützung überlastet oder vor dem Burnout. Wir fordern ein Ende der knappen Zeitpläne und die Anrechnung von Überstunden sowie Wochenend- und Feiertagsarbeit als Freizeitausgleich.
- Sicherer Beschäftigungsstatus für alle
Wir fordern Weingarten-Rechte und ein Ende der „Beschäftigung nach Belieben“ und des unnötigen „Permalancing“.
- Schutz und Leistungen für Freelancer
Die Gehälter, Kill Fees* und Revisionshonorare für unsere Freelancer müssen umfassend angehoben werden. Es muss eine wettbewerbsfähige Lohnskala eingeführt und eingehalten werden, die es uns ermöglicht, erfahrene Letter:innen, Übersetzer:innen, Designer:innen usw. einzustellen. Tests müssen in einem angemessenen Zeitrahmen bezahlt und überprüft werden.
* Entgelt für nicht verwendetes Material, für dessen Erstellung Freelancer beauftragt wurden
- Klar definierte Aufgabenbereiche und Organigramm
Die Beschäftigten müssen über vereinbarte Arbeitsplatzdefinitionen mit einer transparenten Gehaltsskala sowie über ein klares Organigramm verfügen. Die Unternehmensleitung darf von den Beschäftigten nicht verlangen oder erwarten, dass sie Arbeiten außerhalb ihrer Aufgabenbereiche übernehmen. Wenn von Angestellten verlangt wird, Arbeiten außerhalb ihres üblichen Aufgabenbereichs zu übernehmen, müssen sie entsprechend befördert werden und eine Lohnerhöhung erhalten, um die zusätzlichen Verantwortlichkeiten zu kompensieren.
- Schulungsmaterialien & Einarbeitung
Neu eingestellte Arbeitskräfte sind durch ungenügende Abläufe, Redundanzen und schlechte Einarbeitung „zum Scheitern verurteilt“. Es sollte Schulungsmaterial erstellt werden, um neue Beschäftigte in ihre Rolle bei Seven Seas einzuführen und eine reibungslose Integration in den Betrieb zu gewährleisten. Die Arbeitsbelastung muss allgemein gesenkt werden, damit mehr Zeit und Raum für die Einarbeitung neuer Mitarbeiter:innen bleibt.
- Eine zuverlässige Abteilung für Terminplanung und Verwaltung
Um zu verhindern, dass die Fristen für Bücher nicht eingehalten werden, sollte eine eigene Abteilung für die Terminplanung eingerichtet werden, die die Fortschritte verfolgt und Terminprobleme anzeigt. Es sollten mehr Verwaltungskräfte eingestellt werden, um unsere schnell wachsende Datenbank zu pflegen.
- Schulungen für alle Führungskräfte
Alle Führungskräfte müssen eine Schulung absolvieren, um ihre Beschäftigten besser anzuleiten, zu unterweisen und zu unterstützen. Die Schulung muss von Seven Seas bezahlt werden, die dafür aufgewendete Zeit darf eine 40-Stunden-Arbeitswoche nicht überschreiten.
- Schluss mit Exklusivitäts- und Anti-Freelance-Verträgen
Dem Personal darf es nicht untersagt werden, in der Freizeit freiberuflich tätig zu sein.
- Richtlinien gegen Belästigung/Diskriminierung und Verfahren zur Einreichung von Beschwerden
Einführung einer Anti-Belästigungs- und Diskriminierungspolitik und eines klaren Verfahrens zur Einreichung von Beschwerden. Die Beschäftigten sollten niemals an Materialien arbeiten müssen, die ihnen Unbehagen bereiten.
Die Mitglieder der United Workers of Seven Seas haben bisher keine Probleme mit Belästigung oder Diskriminierung erlebt. Wir bemühen uns, dass dies auch so bleibt.
- Boni und Geschenke für Dienstleister
Zum Jahresende und zum Ende des Geschäftsjahres müssen den Angestellten Prämien gezahlt werden. Zur Aufrechterhaltung positiver Geschäftsbeziehungen und als Zeichen der Dankbarkeit müssen Geschenke an Dienstleister geschickt werden.
- Rückerstattung der Kosten
Weil es sich um eine Tätigkeit im Homeoffice handelt, müssen den Beschäftigten alle Kosten für Geräte, Software, Büromöbel und andere arbeitsbezogene Ausgaben erstattet werden.
- Kommunikation zwischen den Abteilungen
Mehr Transparenz zwischen den Abteilungen sowie vierteljährliche Zusammenfassungen der Leistungen des Unternehmens, die von den Abteilungsleiter:innen und/oder Managern erstellt werden. Abteilungsleiter:innen und Manager müssen nicht-leitende Arbeiten (Gestaltung, Beschriftung, Redaktion usw.) übertragen, um Zeit für Verwaltungs- und Managementaufgaben zu haben.
- Aufstockung des Personals für überlastete Abteilungen
Dies umfasst unter anderem Druck, Umschläge/Gestaltung und Verwaltung. Regelmäßige Kommunikation mit der Geschäftsleitung, um eine angemessene und ausgewogene Arbeitsbelastung zu gewährleisten.