Unvollständige Nostalgie: „Kamikaze Kaito Jeanne“ – Luxury Edition 02
Am 02. Januar veröffentlichten wir unsere Besprechung zum ersten Band der zweiten Neuauflage von Arina Tanemuras Kamikaze Kaito Jeanne, der sogenannten Luxury Edition. Insbesondere die gebotene Ausstattung sowie der Nostalgie-Charakter der Magical-Girl-Geschichte wurden positiv hervorgehoben. Ob auch der Abschlussband entzückt sowie eine abschließende Gesamtbeurteilung des Titels reichen wir im Nachfolgenden an.
Die mittlerweile komplett erhältliche Luxury Edition von Kamikaze Kaito Jeanne umfasst insgesamt zwei großformatige Hardcover-Bücher mit jeweils über 600 Seiten Inhalt. Sechs Seiten sind dabei auf dünnes Hochglanz-Papier gedruckt, die Hälfte von diesen zeigt die übrigen Cover-Illustrationen der ersten Einzelband-Variante in Farbe. Die drei verbleibenden Titelseiten dieser Bände sind darüber hinaus in schwarz-weiß enthalten. Farbige-Magazinseiten enthält diese Fassung leider nicht.
Der Einband ist sowohl mit Metallic-Folie als auch mit Spotlack veredelt. In der Erstauflage liegt zudem ein weiterer hochwertiger Print mit der Größe von rund 20 cm x 14 cm bei. Dieser ist beidseitig bedruckt – auf der Vorderseite ein farbiges Motiv mit weißem Rahmen, das Protagonistin Marron zeigt und zuvor noch nie in Deutschland abgedruckt wurde; auf der Rückseite eine gedruckte Signatur der eingangs benannten Autorin und Zeichnerin der Reihe. Preislich sind je 30 Euro (D) für beide Bände angesetzt. Dies entspricht der bekannten Preisgestaltung von Ausgaben dieser Art.
Negativ fällt dagegen der Sticker auf, der auf jenen enthaltenen Print hinweist. Dieser ist direkt auf dem Buch angebracht, obwohl dieses zusätzlich eingeschweißt wurde. Vermutlich ist dieser jedoch mit ein wenig Geduld abzulösen – ob der Lack dabei unbeschadet bleibt, ist an dieser Stelle nicht zu garantieren. Hier wäre sich gegebenenfalls bei dem benannten Herausgeber aus Berlin, beispielsweise via Facebook-, Twitter- oder Instagram-Nachricht, zu erkundigen.
Inhaltsbeschreibung:
Die sechzehnjährige Marron führt ein anstrengendes Doppelleben. Während sie am Tag ihrem Dasein als japanische Oberschülerin nachgeht, verwandelt sie sich nachts in die stadtbekannte Kunstdiebin Kaito Jeanne. Als Reinkarnation der Heiligen Jeanne d'Arc benutzt sie dir ihr innewohnenden Kräfte von Gott, um gefährliche Dämonen niederzustrecken, die sich in Gemälden verbergen und von den Besitzern der Kunstwerke Besitz annehmen.
An ihrer Seite steht der Grundengel Fynn, ein vom Himmel stammendes Geschöpf, das die junge Marron bei ihrer Arbeit durch das stetige Aufspüren neuer Dämonen unterstützt. Dabei steht dieses Gespann in direkter Konkurrenz zu dem Teufel, dem diabolischen Widersacher Gottes. Auch dieser hat einen jungen Kämpfer rekrutiert, der in seinem Sinne agiert: Sindbad. Beide in Rivalität zueinander stehenden Vertreter sind daran interessiert, möglichst viele Dämonen zu versiegeln, um den Zielen des eigenen Lagers so schrittweise näherzukommen.
Mit zunehmendem Voranschreiten der Geschichte liegt der Fokus nicht länger auf dem Versiegeln namensloser Dämonen. Stattdessen verlagert sich das Geschehen im Wesentlichen auf das bekannte Figurenensemble. Neben der Vergangenheit der verschiedenen Charaktere, werden die einzelnen Beziehungsverhältnisse durch aufgedeckte Intrigen neu definiert …
In diesem Zuge ist unbedingt anzumerken, dass es sich bei der vorliegenden Luxury Edition nicht – wie vielleicht fälschlicherweise vermutet – um eine Ausgabe handelt, die alle verfügbaren Kapitel zu Kamikaze Kaito Jeanne beinhaltet. Wenngleich die dreißigteilige Hauptgeschichte sowie drei Bonus-Kapitel enthalten sind, fehlt es bedauerlicherweise an drei weiteren Special-Kapiteln. Inhaltlich orientiert sich diese Fassung an der Einzelband-Variante, welche hierzulande zwischen Juli 2001 und Februar 2003 erschien.
Zeichenstil:
Ein besonderes Gefühl von Nostalgie wird durch die Visualisierung auf die mit der Geschichte vertrauten Leserschaft übertragen. Die genretypischen großen Augen und ausgefallenen Frisuren markierten zweifelslos die Neunzigerjahre als Entstehungszeitraum. Die analoge Linienführung bestärkt dieses Empfinden zusätzlich. Das oben eingebunde Video zeugt von der beachtenswerten Güte der Illustrationen – in Farbe wie in schwarz-weißer Manier. Insbesondere die großformatigen Panels beeindrucken durch ihre gebotene Detailvielfalt.
Hinsichtlich jener Präsentation zeigen sich die Vorzüge eines großformatigen Mangas. Neben der Möglichkeit, die zahlreichen Kommentare der Autorin in vergrößerter Schrift lesen zu können sind vor allem jene kleinteiligen Bilder gut zu erkennen, die zur Zeit der Einzelbände noch besondere gute Augen verlangten. Das Großformat kommt den damaligen Fans der Reihe sicherlich dahingehend entgegen. Einzelne Details der Zeichnungen – aber auch der merkliche Gebrauch von Rasterfolie bei der Hintergrundgestaltung – werden zudem hervorgehoben. Die japanischen Soundwords – samt deutscher Übersetzung in kleiner Schrift daneben – sind auch im zweiten Band der Luxury Edition zu bemerken.
Üblicherweise erscheinen die älteren Werke Tanemuras, und dazu zählt das vorliegende Kamikaze Kaito Jeanne ohne Zweifel, in ihrer Gestaltung gestaut – es sind schlichtweg zu viele Komponenten auf einem zu knapp bemessenen Raum eines gewöhnlichen Taschenbuchs. Das japanische Magazin-Release wird dahingehend keine Schwächen gezeigt haben. Durch das gewählte Format wird dem beengten Eindruck allerdings effektiv weiterhin entgegengewirkt.
Erzählweise:
Zuletzt erklärten wir, dass die Handlung aufgrund der Ausrichtung an ein kindliches beziehungsweise jugendliches Publikum oftmals vorauszuahnen ist. Diesen Eindruck konnte der zweite Teil der Geschichte im Hardcover negieren. Trotz einiger voraussehbarer Abläufe sind nun vereinzelt auch Überraschungen im weiteren Verlauf gegeben. Um sich diese während dem erstmaligen Lesen nicht vorwegzunehmen, sollten der Kommentar der Autorin zum Kapitelanfang erst im Abschluss gelesen werden, da innerhalb von diesem jeweils Spoiler für die nächsten Seiten enthalten sind – ohne separate Warnung.
Die nostalgischen Gefühle bleiben auch innerhalb dieser Fortsetzung erhalten, auch wenn die Logik einiger Ereignisse zum Erhalt des allgemeinen Lesevergnügens nicht hinterfragt werden sollte. Perspektivisch werden die Geschehnisse überwiegend aus der Perspektive von Protagonistin Marron wiedergegeben. Ein bereits in der ersten Veröffentlichung abgedrucktes Bonus-Kapitel zeigt die Vergangenheit von Fynn und Acess. Darüber hinaus behandelt ein weiteres Zusatzkapitel die komplizierte Beziehung von Noyn und dessen Magiewesen Silk.
Der Manga offeriert durch die Genre-Kombination von Comedy, Drama, Fantasy und Romance ein breites Spektrum verschiedener Eindrücke, von welchen im Allgemeinen keiner dominiert. Insgesamt ist somit eine reichhaltige Zusammenstellung verschiedener Elemente geboten, die ein vielseitiges – aber tendenziell weibliches – Publikum anzusprechen vermögen. Gleichwohl habe die Geschichte in Japan allerdings auch die männliche Leserschaft angesprochen, berichtet Autorin Tanemura erfreut in eine ihrer enthaltenen Anekdoten.
Fazit:
Die vorliegende Luxury Edition richtet sich, wie zuvor dargelegt, vor allem an die – Nostalgie empfindenden – Fans der Autorin und Zeichnerin sowie ihres Franchises um die junge Kamikaze-Diebin Jeanne. Dass der klassische Magical-Girl-Titel aus dem letzten Jahrhundert stammt, ist visuell selbstverständlich ersichtlich. An diesen Ersteindruck knüpft auch der Abschlussband nahtlos an.
In der gebotenen Aufmachung überzeugt die Ausgabe in Bezug auf die Verarbeitung im Wesentlichen. Der Umfang von über 600 Seiten, die im großformatigen Hardcover mit zwei Arten der Veredelung auf der Außenseite präsentiert werden, ist beachtlich. Das verwendete Papier ist weiß und – pro Seite betrachtet – leicht, aber insgesamt nicht zu dünn, sodass dieses beim sorgfältigen Umblättern nicht reißt. Noch dickeres Papier wäre aufgrund der hohen Seitenzahl unvernünftig – das bestehende Gewicht von mehr als einem Kilogramm ist für kleine Hände bereits herausfordernd genug. Ein Highlight ist der beiliegende Print, dessen Illustration im deutschsprachigen Raum bis dato als unveröffentlicht galt.
Enttäuschend ist sich allerdings hinsichtlich des Gesamtinhalts zu äußern. Denn die Bezeichnung „Luxury Edition“ weckt durchaus die Assoziation einer vollumfänglichen Ausgabe. Dass nicht alle existierenden Farbseiten abgedruckt wurden, ist sicherlich verständlich. Jedoch fehlen drei Bonuskapitel, die aus der japanischen Bunko-Fassung stammen. Das Zusatz-Kapitel um die beiden Engel Fynn und Access sei, einer Aussage des Labels auf Facebook zufolge, „ein exklusiver Bonus für die Perfect Edition und darf leider nicht Teil einer anderen Edition sein“. Somit ist der übergeordnete Wert dieser Neuauflage leider begrenzt.
Foto: © Egmont Verlagsgesellschaften mbH
Wir bedanken uns herzlich bei Egmont Manga für die Möglichkeit, den Titel durch die unverbindliche Zusendung eines weiteren Rezensions-Exemplars bis zum Abschluss mit unseren beiden Besprechungen begleiten zu können. Es ist schön, dass Arina Tanemura und ihre zahlreichen Werke auch rund zwanzig Jahre nach erstmaliger Veröffentlichung noch verlegt werden. Die mittlerweile 42-jährige, ab dem diesjährigen 12. März: 43-jährige, Japanerin ist eine Ikone, die nicht in Vergessenheit geraten sollte – zu bewegend ist ihre Biografie, zu bedeutend ihre zahlreichen Arbeiten.