Review zu „Lone Wolf & Cub“ – Master Edition, Band 03
Panini Manga veröffentlicht seit vergangenem Sommer eine hochwertige Neuausgabe von Kazuo Koikes und Gôseki Kojimas Samurai-Klassiker Lone Wolf & Cub. Nachdem wir uns im Rahmen eines Ersteindrucks zuletzt schon die ersten beiden Bände genauer angeschaut haben, steht im Folgenden Band 03 im Mittelpunkt.
Bei der sogenannten Master Edition werden die ursprünglich 28 Taschenbücher in zwölf Hardcover-Sammelbänden zusammengefasst. Mit dem Format von 18,5 × 25,5 cm und einem Gesamtumfang von rund 710 Seiten kommt der dritte Band auf ein Gewicht von um die 1,8 Kilogramm – der Release ist damit sogar minimal schwerer als Yoshihiro Tatsumis Gegen den Strom – Eine Autobiografie in Bildern.
Für den vorliegenden Release sind Coverdesigns der japanischen Aizouban-Ausgabe verwendet worden. Bei der deutschsprachigen Erstfassung wurden zuvor die Motive der US-amerikanischen Version übernommen, welche Comic-Autor Frank Miller und weitere Illustratoren speziell für den westlichen Markt anfertigt haben. Das Coverdesign ist dabei nur auf den Schutzumschlag gedruckt, das Hardcover-Buch darunter ist schlicht gehalten: schwarzer Einband mit Metallic-Schriftzügen. Die Papierqualität ist spürbar hochwertig – reinweiß und von guter Dicke. Ein Lesezeichenband rundet die mit 32,00 € eingepreiste Produktion stilvoll ab.
Inhaltsbeschreibung
Ogami Itto war einst der persönliche Sekundant des Shoguns. Als solcher hat er Entleibungen beigewohnt und das Leid der Sterbenden im richtigen Moment mit einem gezielten Schwerthieb beendet. Seine Position genoss hohes Ansehen in Edo – entsprechend groß war die Missgunst und der Neid gewisser Parteien. Durch eine Intrige des rivalisierenden Yagyu-Clans wurde schließlich Ittos Frau getötet und seine Familienehre ruiniert. Er selbst und sein neu geborener Sohn Daigoro entkamen nur knapp der folgenschweren Verhaftung.
Der Samurai hat daraufhin ein Rachegelübdnis abgelegt. Fest entschlossen, die Verantwortlichen zur Rechenschaft zu ziehen, schlug Itto den „Weg der Verdammnis“ ein. Fortan betrachtet er sich als eine Art auf Erden wandelnder Dämon, dessen Schicksal allein vom Himmel vorbestimmt ist und einmal in den Tiefen der Hölle enden wird.
Um die finanziellen Mittel zur Vernichtung der Yagyu zusammenzutragen, betätigt sich der kampferfahrene Itto nun als Auftragsmörder. Schnell hat das Duo, bestehend aus dem umherstreifenden Ronin und seinem dreijährigen Sohn, einen einzigartigen Ruf aufgebaut. Seine Zuverlässigkeit und Stärke sind längst über die Grenzen einzelner Lehen hinweg bekannt. Auch seine Feinde nehmen die ihnen drohende Gefahr deutlich wahr …
Visualisierung
Während Kazuo Koike die Geschichte geschrieben hat, war Gôseki Kojima mit der Bebilderung betraut. Das gesamte Werk ist offenkundig analog entstanden. Die Zeichnungen wirken durch ihren stark strichbasierten Aufbau zwar recht minimalistisch, dennoch sind vereinzelte Details eingebracht – insbesondere bei den unterschiedlichen Figuren. Hintergründe sind vor allem zweckmäßig befüllt.
Im Kontext des Veröffentlichungszeitraums, von September 1970 bis April 1976, galt Lone Wolf & Cub stilistisch wohl als bahnbrechend. Heute, mit Blick auf vergleichbare Werke wie Berserk und Vagabond, wirken die Illustrationen insgesamt weniger ausgearbeitet. Dafür ist der inneliegende Zeitgeist umso ausgeprägter. Retro-Fans werden das mit Sicherheit zu schätzen wissen.
Die einzelnen Kämpfe sind actionreich dargestellt, verbleiben zum größten Teil aber übersichtlich. Text wird primär für Erklärungen zum Setting genutzt. Mit Dialogen ist sparsam gearbeitet, die Erzählung verläuft entsprechend bildfokussiert. Der Lesefluss baut maßgeblich auf den vielen großflächigen Darstellungen auf, das besondere Großformat der Master Edition kuratiert diese vorzüglich.
Zum Schutz vor Beschädigungen ist die Neuausgabe standardmäßig eingeschweißt. Im Handel vor Ort kann deswegen nicht ohne Weiteres reingeblättert werden. Um sich dennoch einen eigenen Eindruck von den Zeichnungen zu verschaffen, empfehlen wir, einen Blick in die von Panini Manga bereitgestellte Online-Leseprobe zu werfen.
Fazit
Nachdem die Handlung zu Beginn noch überwiegend episodisch aufgebaut war, rückt nun der Haupthandlungsstrang – Ittos Rache am Yagyu-Clan – in den Vordergrund. Damit verbunden werden regelmäßig Intrigen innerhalb des politischen Apparats behandelt. Die Konflikte zwischen Edo, der japanischen Hauptstadt von 1603 bis 1868 und dem Sitz des regierenden Tokugawa-Shoguns, sowie den untergeordneten Lehen sind ein wiederkehrendes Motiv innerhalb der Reihe.
Der dritte Sammelband legt zudem einen Teilfokus auf Daigoro. Um seinen Mordaufträgen nachzugehen, lässt Itto den Dreijährigen immer wieder allein. Oft ist der kleine Junge mehrere Tage von seinem Vater getrennt, für Essen und Trinken ist er dann mitunter selbst verantwortlich. Einzelne Episoden aus der Perspektive von Daigoro beleuchten hier, mehr oder weniger subtil, sein Wesen und seine Gefühle.
Darüber hinaus ist das als XXIX nummerierte Kapitel sehr interessant. Jener Abschnitt handelt von einem erfinderischen Büchsenmacher aus Sakai. Durch ihn kommt Itto in den Besitz eines Zwanzigläufers. In darauffolgenden Kämpfen kommt die Schusswaffe gelegentlich zum Einsatz. Auf diese Weise erhöht sich zum einen die Durchschlagskraft des Samurais, zum anderen gewinnen die Auseinandersetzungen an zusätzlicher Dynamik. Der Action-Anteil intensiviert sich schrittweise.
3 Bilder
Wem Werke wie Vagabond, Blade of the Immortal und Biaoren – Die Klingen der Wächter zusagen, dürfte mit Lone Wolf & Cub ebenfalls hervorragend beraten sein. Gerade letzteres ist offenkundig an die vorliegende Arbeit angelehnt. Daran zeigt sich exzellent der bis heute beständige Einfluss von Kazuo Koike und Gôseki Kojima.
Auch mit Blick auf den Preis von 32,00 € richtet sich die Master Edition tendenziell an eine erwachsene Leserschaft. Diese bekommt mit dem von Panini Manga realisierten Release ein Schmuckstück, das der gewählten Bezeichnung unserer Meinung nach allumfassend gerecht wird. Die Papierqualität und Bindung sowie das massive Hardcover entzücken, jedoch sind aufgrund des Gewichts zwangsläufig Einschränkungen beim Lesekomfort hinzunehmen. Der Schutzumschlag mit dem Covermotiv ist dünn, aber nicht ungewöhnlich empfindlich. Insgesamt eine hochwertige Produktion, die Sammler nicht enttäuschen dürfte.