Update zum offenen Brief der Manga- und Light-Novel-Übersetzenden
Vor rund zwei Monaten haben wir über den offenen Brief deutschsprachiger Manga- und Light-Novel-Übersetzender berichtet, in dem unter anderem eine Anpassung der Honorarsätze gefordert wird. Nun gibt es ein erstes Update dazu.
Der Verband deutschsprachiger Übersetzer/innen literarischer und wissenschaftlicher Werke e.V. hat am 09. Oktobers 2024 einen „offenen Brief zur Honorarsituation der Manga- und Light-Novel-Übersetzenden im deutschsprachigen Raum“ samt einer daran angeschlossenen Petition veröffentlicht. Darin fordern diverse Freelancer sechs zentrale Punkte zur Verbesserung ihrer Arbeitsbedingungen, die durch einen Dialog mit den Verlagen schrittweise erreicht werden sollen:
- Eine Erhöhung der Grundhonorare und die Abrechnung nach Normseiten gemäß dem Vertrag zwischen VdÜ und Börsenverein.
- Einen regelmäßigen Inflationsausgleich.
- Eine Staffelung der Honorare bei langjähriger Zusammenarbeit.
- Die Möglichkeit zur Nachverhandlung bei unverhältnismäßigem Mehraufwand (z. B.
Recherche für Manga mit historischem Setting) bzw. Aussicht auf Recherchepauschalen und Eilzuschläge. - Faire Tantiemenregelungen ohne Verrechnung mit dem Basishonorar: Wir verlangen
eine Beteiligung ab dem ersten verkauften Exemplar (in Anlehnung an die Gemeinsame Vergütungsregel des VdÜ; vgl. BGH-Urteile von 2009 und 2011). - Keine unbezahlte Arbeit: Auch die Beschaffung und die Vorbearbeitung des Arbeitsmaterials (Einscannen u. Nummerieren der Seiten), die
- Glossarführung sowie das Prüfen von Korrekturfahnen müssen angemessen vergütet werden.
Bislang – Stand: 11. November 2024 – hätten sich lediglich zwei Herausgeber bei dem erklärten Verband gemeldet und Gesprächsbereitschaft signalisiert, darunter der Kleinverlag Yomeru. Aktuell wird eine vor allem aus Ehrenamtlichen zusammengesetzte Verhandlungskommission gegründet, um die für die Zukunft angestrebten Kollektivverhandlungen zu führen. Alle weiteren Publisher werden unterdessen aufgerufen, sich auf eigene Initiative mit dem Verband deutschsprachiger Übersetzer/innen literarischer und wissenschaftlicher Werke e.V. in Verbindung zu setzen.
Die oben verlinkte Petition wurde mittlerweile von rund 1900 Menschen unterzeichnet – als Nächstes soll die Marke von 2500 Unterschriften erreicht werden. Neben Manga Passion haben verschiedene andere Medien über die prekäre Lage der Freiberuflichen berichtet – darunter der MDR und Deutschlandfunk Kultur. Außerdem erreichten den VdÜ Solidaritätsbekundungen aus dem europäischen Ausland.
Woher rühren die Forderungen der Manga- und Light-Novel-Übersetzenden?
Aufgrund der Teuerungen innerhalb der letzten Jahre werde die Übersetzungsarbeit von Jahr zu Jahr unwirtschaftlicher, die Honorare seien „in den letzten zwanzig Jahren kaum oder nur so geringfügig erhöht [worden], dass nicht einmal ein Inflationsausgleich erzielt wird“. Der „übliche kalkulatorische Stundensatz für freiberuflich Übersetzende“, der auch Steuern, Versicherungen, Betriebskosten und Vorsorge umfasst, wird in dem Schreiben auf 70 bis 120 Euro beziffert. Eine interne Umfrage habe durchschnittliche Stundenlöhne von 28,32 Euro für Manga und 29,09 Euro für Light Novels ergeben. Damit sei weder eine verlässliche Familienplanung noch eine adäquate Altersvorsorge möglich.
Laut den Freischaffenden wären im Mittel etwa fünf Manga-Bände pro Monat zu bearbeiten, um ein „existenzsicherndes Einkommen“ zu erreichen, bei vielen Herausgebern sogar sieben oder mehr. Die Folge: Um zu überleben, müssen immer mehr Manga und Light Novels in immer kürzerer Zeit ins Deutsche übertragen oder Nebentätigkeiten aufgenommen werden. Wochenendarbeit sei keine Ausnahme, mehrere freie Tage am Stück oder Urlaub kaum möglich – dadurch drohen Probleme der körperlichen und mentalen Gesundheit, etwa Burn-out.
Die niedrigen Honorare stehen aus Sicht der Freelancer im direkten Kontrast zur Marktentwicklung der vergangenen Jahre: Zuletzt hieß es etwa in einem Artikel des Tagesspiegels, dass der Umsatz mit Manga zwischen 2018 und 2022 von 38 Millionen Euro auf 106 Millionen Euro angestiegen sei – wobei das exakte Gewinnwachstum auf Seiten der Publisher, das etwa durch gestiegene Produktionskosten ebenfalls beeinträchtigt wurde, an dieser Stelle unbeachtet bleibt. Ein in der Online-Ausgabe der Tagesschau namentlich genannter Verlagsleiter erklärte allerdings anlässlich des MANGA DAY 2023, dass seiner Einschätzung nach „ein dauerhaftes Wachstum von 15 bis 20 Prozent im Jahr möglich ist“.
„Die jetzige Situation ist weder tragbar noch nachhaltig. Wir laden die Verlage ein, mit uns in den Dialog zu treten, damit wir die deutschsprachige Leserschaft auch in Zukunft mit vielen fantastischen Manga und Light Novels versorgen können“, erklären die Freischaffenden zum Abschluss ihrer Darstellungen. Es ginge hierbei nicht um „Bashing“, wie eine der Unterzeichnerinnen auf X (ehemals Twitter) noch einmal ergänzend betonte.