Besprechung zu Natsu Miyashitas „Der Spielplatz der Götter – Eine Familie zieht aufs Land“
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Bis zum Jahresende werden die letzten noch lieferbaren Titel aus dem jüngst geschlossenen cass verlag abverkauft. Nachdem wir in den vergangenen Wochen schon fünf ausgewählte Werke des Herausgebers für südostasiatische Belletristik und Kriminalliteratur vorgestellt haben, rücken wir nun Natsu Miyashitas Der Spielplatz der Götter – Eine Familie zieht aufs Land in den Mittelpunkt.
Besagter Roman ist bereits im August 2019 auf den deutschsprachigen Markt gekommen. Die erste und zugleich einzige Auflage wartet mit einem Lesezeichen auf. Für das rund 270 Seiten starke Naturkarton-Softcover mit Naturpapier-Schutzumschlag im Format 19 × 13,1 cm sind 20,00 € zu bezahlen. Interessierte können Der Spielplatz der Götter – Eine Familie zieht aufs Land beispielsweise über Amazon *WERBUNG oder Thalia *WERBUNG beziehen, bei Bestellungen über den stationären Handel empfiehlt es sich gegebenenfalls, die ISBN 978-3944751214 bereitzuhalten. Eine E-Book-Fassung ist nicht erhältlich.
Inhaltsbeschreibung
Ihr Mann habe schon immer davon geträumt, auf Hokkaido – Japans nördlichster Hauptinsel – zu leben, schreibt Autorin Natsu Miyashita zu Beginn ihrer autobiografischen Aufzeichnungen. Es ziehe ihn in die unberührte Natur, an einen weit von der Zivilisation abgelegenen Ort. Die Wahl fällt auf Tomoraushi, ein auf 350 Höhenmeter gelegenes Bergdorf im Daisetsuzan-Nationalpark.
Gemeinsam mit den drei Kindern, zwei Söhnen und einer Tochter, wird beschlossen, für ein Jahr auf den sogenannten „Kamui Mintara“, den titelgebenden „Spielplatz der Götter“, umzuziehen. Während Natsu Miyashita als Autorin und Kolumnistin ohnehin von praktisch überall aus arbeiten kann, sollen die Sprösslinge die nur wenige Gehminuten entfernte Zwergschule besuchen.
Kurz nach Neujahr beginnen Anfang 2013 die Umzugsvorbereitungen, ab dem darauf folgenden April bewohnen die Miyashitas eine Unterkunft für Gastfamilien. Fortan gehören eisige Temperaturen, wilde Waldbewohner und jede Menge unbekannter Pflanzen zum Alltag der fünf. Und noch etwas unterscheidet das Leben in Tomuraushi ganz gewaltig vom Alltag in der Großstadt: die Menschen.
Aufbau & Ausdruck
Die fast 260 Seiten an regulärem Inhalt gliedern sich in eine Art Prolog, der den Umzug und die damit verbundenen Vorbereitungen thematisiert, sowie einen Hauptteil. Letzter ist in zwölf Parts von je um die 16 bis 20 Seiten unterteilt – gleichbedeutend mit dem Zeitraum von April 2013 bis April 2014. Innerhalb dessen sind weitere Untergliederungen nach Tagen vorgenommen. Einige Abschnitte erstrecken sich über drei Zeilen, nur selten füllt ein Tagesbericht mehr als eine Doppelseite. Der Durchschnitt liegt schätzungsweise bei einer halben Seite pro Eintrag.
Inhaltlich hangeln sich die Aufzeichnungen am kalendarischen Ablauf beziehungsweise den Veranstaltungen und Festlichkeiten in Tomuraushi entlang. Natsu Miyashita berichtet dabei rege über die Aktivitäten ihrer drei Kinder – genau diese Erzählungen bilden die Basis für den inneliegenden Humor. Sowohl die beiden Söhne als auch die jüngere Tochter haben reichlich ulkige Eigenarten auf Lager, die zum Schmunzeln anregen. Mittels der kostenlosen Download-Leseprobe können sich Interessierte einen eigenen Eindruck von dem Schreibstil verschaffen.
Für die Übertragung aus dem Japanischen war Katja Busson verantwortlich. Wortspiele und andere Herausforderungen scheinen gut gemeistert. Einzelne Aspekte wurden für die deutschsprachige Leserschaft lokalisiert, überwiegend ist aber mit Annotationen gearbeitet. Das Glossar umfasst dreizehn Seiten. Bedingt durch die Menge der Einträge sind die Erläuterungen teilweise etwas kurz gefasst – das Verständnis wird dadurch jedoch nicht beeinträchtigt. Ein kleines Highlight ist die zu Beginn abgedruckte Karte, auf der die wichtigsten Schauplätze innerhalb Hokkaidos vermerkt sind.
Fazit
Der Verlagsbeschreibung nach ist Der Spielplatz der Götter – Eine Familie zieht aufs Land ein „erzählendes Sachbuch“. Für unser Empfinden trifft das allerdings nur bedingt zu – vielmehr gestaltet sich das Ganze als ein ausgedehnter Reisebericht im Tagebuchformat. Autorin Natsu Miyashita fokussiert sich in ihren autobiografischen Aufzeichnungen zu einem Großteil auf das eigene Familienleben in der Dorfgemeinschaft. Informationen zur Flora und Fauna in Hokkaido beziehungsweise Tomoraushi fließen dabei eher sporadisch rein. Im Vordergrund stehen die Menschen und ihre Verbindungen, die Natur nimmt bei gemeinsamen Unternehmungen eine sekundäre Rolle ein.
Erzählerisch zeichnet sich das Werk vor allem durch die kurzen, humoristischen Beschreibungen aus, welche in der Übersetzung von Katja Busson überwiegend sehr gut widerklingen. Nur dass einzelne Begrifflichkeiten – etwa der Messenger-Dienst Line zu WhatsApp – lokalisiert wurden, könnte die Japan-affine Leserschaft irritieren. Selbiges gilt für die inkonsistente Nutzung von Langvokalen: Der cass verlag hat sich in diesem Fall entschieden, einen Großteil der Wörter, aber eben nicht alle, ohne entsprechende Darstellung abzudrucken.
Manga- und Anime-Fans finden reichlich Verweise auf Populärkultur – unter anderem werden diverse Ghibli-Titel, Doraemon und JoJo's Bizarre Adventure erwähnt. Das Glossar hilft, alle Referenzen nachzuvollziehen und sonstige Begrifflichkeiten einzuordnen. Wir empfehlen Der Spielplatz der Götter – Eine Familie zieht aufs Land für alle, die nach unterhaltsamer Lektüre im Stil von Barakamon suchen.
Der cass verlag hat diesen Artikel freundlicherweise mit einem Belegexemplar unterstützt.